Bestandsaufnahme

Die geografische und ökologische Erfassung des gewässernahen Umlands wurde von Lazowski & Schwarz (2005–10) erstellt. Die jetzige Aktualisierung bietet einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation von über 850 Auen. Erhoben wurden Lage, Ausdehnung und Charakteristik aller Flächen, die größer als 3 ha sind, sowie auch Biotoptyp, Vegetation, Schutzstatus und Gefährdung.

Auen kommen in Österreich vom Tiefland bis in die Alpen vor, ihre Größe reicht von 2,81 ha („Piberschlag“ im Mühlviertel) bis 5.738,94 ha im Tullnerfeld. Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt wenig überraschend in den großen Beckenlagen, dem Alpenvorland und den großen inneralpinen Tallagen, aber auch alpine und hochalpine Formationen wurden erfasst. Meist sind es Flussauen, es gibt aber auch Seeauen, Deltas, Umlagerungsstrecken mit Pioniergesellschaften, Gletschervorfelder oder alpine Schwemmebenen.

Aufgrund der verschiedenen Ausprägungen des Wasserhaushalts, ihrer Natürlichkeit, Dynamik, Vegetation, Höhenlage und Region wurden die Augebiete 45 „Naturräumen“ zugeordnet: Dabei stellen Weichholzauen-Biotope mit 42 % den Hauptteil dar, gefolgt von Hartholzauen (12 %), Pionierstandorten (11 %) und Feuchtgrünland (8 %). In den alpinen und hochalpinen Lagen kommen interessante Biotope der Koniferen-Auen und alpinen Schwemmebenen dazu.

Betrachtet man die Weichholzauen gesondert, fällt – neben den dominierenden Weiden- und Grauerlenauwäldern – der bereits relativ geringe Anteil von Weiden-Pioniergebüschen (3 %) und Weiden-Tamarisken-Gebüschen (1 %) auf. Diese hochdynamischen Flusslebensräume wurden durch den hohen Verbauungsgrad der Gewässer stark dezimiert.

Mehr als 60 % der Fläche der Auenobjekte (60.000 ha) ist heute bereits geschützt, zumeist als Natura2000 Gebiete, ein kleiner weiterer Teil ist als Naturschutzgebiet und vor allem als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Der überwiegende Teil (79 %) wird zumindest als „naturschutzfachlich bedeutend“ eingeschätzt (Stufe drei auf einer sechsteiligen Skala).

Verbreitung der Auen laut Aueninventar

Schematische Darstellung der Auenobjekte in Österreich. Die Kreisgröße repräsentiert deren Flächenausmaß. Die Schwerpunkte der Auenverbreitung in Österreich werden hier deutlich: Die Donau- und Marchauen in den östlichen Beckenlandschaften verfügen über die größten Flächenvorkommen, ebenso die Donauauen an der oberösterreichisch-niederösterreichischen Grenze. Karte: Schwarz & Lazowski 2020

Bedrohte Vielfalt erhalten

© Werner Lazowski

Schätzungen gehen davon aus, dass in den letzten Jahrzehnten rund drei Viertel des heimischen Auenbestandes durch Rodungen, Flussregulierungen und Wasserkraftausbau verschwunden sind. Von den verbliebenen Auenflächen ist nur noch etwa die Hälfte intakt, der Rest bedarf eindeutig einer Revitalisierung, um sein ökologisches Potential wiedererlangen zu können.

Unserer Fließgewässer gehören zu den saubersten in Europa. Doch die Qualität von Flüssen und Bächen definiert sich auch wesentlich über Naturnähe, Strukturreichtum und Vielfalt. Natürliche Fließgewässer und ihre Auen sind dynamische Systeme, die ihr Bett und das Umland durch Erosion, Materialtransport und Sedimentation ausformen und dabei ihre eigenen Strukturen entwickeln.

Die Auen bilden ein untrennbares System wertvoller Lebensräume. Diese sind jedoch durch zahlreiche Nutzungen und Eingriffe gefährdet. Natürliche, d.h. regelmäßig überflutete Auwälder finden wir in Mitteleuropa nur noch sehr selten – die meisten Fließstrecken sind eingedämmt, die Ufer hart verbaut und die Flüsse oftmals zur Energiegewinnung aufgestaut

Der gegenwärtige Zustand der Aulandschaften in Österreich zeichnet sich nicht durch seine natürliche Dynamik aus, sondern wird von Dammanlagen und Kraftwerken dominiert. Diese oft lange zurückliegenden Eingriffe verschieben die Oberflächen- und Grundwasserkörper. Für die Biotope und die Vegetation bedeutet das, dass sie von der für sie so essentiellen Wasserversorgung beinahe abgeschnitten werden. Kraftwerke schützen unsere Umgebung vor gefährlichen Hochwässern, doch für Auen bedeutet das Ausbleiben dieser Wassermassen einen gravierenden Einschnitt in ihr Ökosystem.

Zu den Verbauungen der Flusslandschaft kommen auf lokaler Ebene noch Land- und Forstwirtschaft sowie die Rohstoffgewinnung, die oft durch Agrochemikalien, Monokulturen und Abbau von Schotter und Kies die Problematik in Augebieten noch zusätzlich verschärfen.

Auch die Folgen moderner Zivilisation machen den Auen zu schaffen. Infrastruktur im Sinne von Verkehr und Industrie und die Abwanderung aus den Städten in das Umland führen vor allem in Tallagen und landwirtschaftlich genutzten Flachländern zu einer Verinselung dieser naturnahen Flächen. Straßen oder Hochleitungen „zerschneiden“ oftmals Aulandschaften. Diese Umgestaltung der Landschaft zieht negative ökologische Veränderungen nach sich. Traditionelle Kulturlandschaft und naturnahe Landschaften müssen immer mehr technischen Infrastrukturen weichen.

Um die noch bestehenden und weitgehend intakten Auen zu schützen, eine nachhaltige Nutzung zu fördern und um beeinträchtige Auen wiederherzustellen, wurde 2015 von Bund und Ländern eine "Nationale  Auenstrategie" beschlossen. Expertinnen und Experten für Auen haben darin Ziele, Prinzipien, Maßnahmen und Wege für eine langfristige Sicherung der heimischen Auen und Flusslandschaften definiert.  Im Fokus steht dabei die Erhaltung der naturnahen Gewässerdynamik, die leider nur mehr in wenigen Fällen zur Gänze gegeben ist.

Basis der Strategie bildet das aktualisierte Aueninventar von 2020.  Daten zum Hochwasserschutz und zu potenziellen Renaturierungsgebieten bieten Chancen für neue Entwicklungen in Bereichen bestehender Auenobjekte. Die Vernetzung der Gewässerkorridore lassen sich in ihrer Gesamtheit bundesübergreifend planen.

 Folder Auen in Österreich (0,5MB)



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