Eine Kette von Biotopen entlang der Grenzen zum ehemaligen Ostblock bildet das GRÜNE BAND. Es zieht sich durch 24 Staaten und auf einer Länge von über 12.500 km quer durch ganz Europa, vom Nordkap an der Barentsee bis zum Schwarzen Meer bzw. der Adria.
Schon bald nach der Öffnung der Grenzen 1989 nahmen sich der Bund Naturschutz Bayern, das Bundesamt für Naturschutz BfN und Euronatur als erste des innerdeutschen Grenzstreifens an, sodass das GRÜNE BAND Deutschland mit seinen 1.393 km und 177 km2 heute Vorbildcharakter hat.
Auf diesem 50-200 m breiten Streifen hatten sich Biotope und Rückzugsräume von außergewöhnlicher Vielfalt entwickeln können. Das war bereits lange vor der Wende Naturschützern nahe des oberfränkischen Coburg aufgefallen: Als Mitte der 1970er der Schüler Kai Frobel bei seinen Naturbeobachtungen entdeckte, dass über 90 % aller Braunkehlchen unmittelbar in den Grenzanlagen lebten, war das der Beginn eines visionären Projektes. Das Bild vom balzenden Braunkehlchen auf einem Grenzpfosten wurde zum Symbol des GRÜNEN BANDES und der verbindenden Natur. Heute ist der Geoökologe Frobel Leiter des GRÜNEN-Band-Projektes beim BUND Naturschutz Deutschland. Ihm und seinen Mitstreitern ist es zu verdanken, dass 85 % des deutschen Bandes nicht durch Straßen, landwirtschaftliche Flächen und Grundstücksverkäufe zerschnitten sind.
Ausgehend von der 10-Jahres-Konferenz des Bundesamts für Naturschutz in Bonn 2003 und dem ersten Arbeitstreffen von Naturschutzexperten aus 17 Staaten 2004 im ungarischen Fertö-Hanság Nationalpark wurde die Initiative European Green Belt ins Leben gerufen.
Dass sich ein Schutzgebiet an das nächste reiht darf man sich allerdings nicht vorstellen - das ist nicht realisierbar und wird wohl eine Wunschvorstellung bleiben. Vielmehr sind es einzelne Schwerpunktgebiete - Perlen - mit unterschiedlichem Schutzstatus, die durch ungeschützte Naturbereiche als Verbindungskorridore miteinander vernetzt sind - ähnlich einer Perlenschnur. Es ist also besonders wichtig, gerade diese verbindenden Teile zu erhalten.
Im nördlichen fennoskandischen Abschnitt geht es um die Erhaltung großer alter Waldbestände. Dort besteht schon eine langjährige finnisch-norwegisch-russische Kooperation mit dem Ziel, Kernbereiche als Weltnaturerbe für die Nachwelt zu sichern. Auch die Küstenbereiche sind wertvoller Lebensraum besonders für Zugvögel.
Das fennoskandische Band spannt sich über 1.000 km entlang der Finnisch-Russisch-Norwegischen Grenze. Dieser 20-30 km breite Streifen beherbergt einige der letzten alten borealen Wälder - dichte Nadelwälder der Taiga und Waldtundra, wie sie nur auf der nördlichen Halbkugel zu finden sind. Durch den Kalten Krieg und die geringen wirtschaftlichen Aktivitäten blieben die Wälder in einem sehr ursprünglichen Zustand erhalten. Seit dem Ende der "Schonzeit" werden Teile der Wälder wirtschaftlich genutzt. Auch wenn einige Schutzgebiete eingerichtet werden konnten, ist mehr als die Hälfte dieser einzigartigen Landschaft bedroht.
Besondere Schätze beherbergt der westliche Rand der Eurasischen Taiga durch seinen Artenreichtum: Braunbär, Wolf, Ringelrobbe, Lachs und Taiga-Rentier, allesamt gefährdete Arten, zeugen vom außergewöhnlichen Lebensraum. Auch Zugvögel nutzen ihn zu tausenden. Zum Glück sind Russland, Finnland und Norwegen eine trilaterale Kooperation eingegangen, die die nördlichen Teile schützt. Weiter südlich soll bis 2015 ein Nationalpark entstehen. Diesen Abschnitt des Grünen Bands darf man als Vorzeigeprojekt bezeichnen.
Im batlischen Abschnitt entlang der Ostseeküste machen unterschiedliche marine Unterwasserhabitate und eine reiche und vielfältige Küstenlandschaft mit großen Dünenfeldern, langen Stränden, beeindruckenden Klippen und versteckten Lagunen das European Green Belt einzigartig. Extensive Militärareale waren Rückzugsgebiete für Millionen von Zugvögeln und viele marine Arten. Seit Anfang der 90er Jahren steht die Küste unter massivem Entwicklungsdruck. Das wertvolle Natur- und Kulturensemble dieser interessanten Landschaft zu erhalten ist eine der großen Herausforderungen für das Grüne Band.
Im zentraleuropäischen Abschnitt durchquert das GRÜNE BAND vorwiegend Kulturlandschaften und verbindet vielerorts als einzige verbliebene naturnahe Struktur größere Kerngebiete: das Elbegebiet, den Harz, den Bayerischen und Böhmer Wald, die grenzüberschreitenden Nationalparke Thayatal-Podyji und Neusiedler See / Fertö-Hanság
Im südosteuropäischen Abschnitt liegt etwa die Hälfte der prioritären Gebiete für einen grenzübergreifenden Naturschutz am GRÜNEN BAND. Einige Projekte werden bereits umgesetzt, darunter besonders jene im Bereich bedeutender Gewässersysteme, wie das Drau-Mur-Flusssystem, der Skutarisee mit dem Bojana-Delta und die Prespa-Ohrid-Seen. Seit November 2005 ist es nun amtlich: Albanien stellte das Gebiet vom Skutarisee mit Bojana-Delta (albanisch Shkodrasee) bis zur Adriaküste unter Naturschutz. Damit bleibt eines der schönsten Naturgebiete des Balkans mit knapp 500 km2, etwa der Größe des Bodensees entsprechend, als Arche Noah erhalten. Auf montenegrinischer Seite - das Gebiet liegt im Grenzbereich Albaniens und Montenegros - sind bereits weitere 400 km2 im Nationalpark Skutarisee geschützt. Die Weltbank wird für Schutzmaßnahmen 5 Mio. US$ investieren und es gibt bereits einen Tourismusmasterplan, in dem auch die Vermarktung bäuerlicher Produkte enthalten ist. Dieser Erfolg ist Euronatur zu verdanken: Die Organisation setzt sich seit vielen Jahren für Projekte und nachhaltige Entwicklung auf dem Balkan ein.
Als ein Symbol für Naturschutz und nachhaltige Entwicklung soll sich das längste und größte ökologische Verbundsystem der Welt durch Europa ziehen. Viele Gebiete des GRÜNEN BANDES dienen Zugvögeln als Rast- und Brutplätze oder sind Rückzugsraum für die wandernden Arten Luchs, Wolf, Bär und Fischotter. Eine der Visionen ist, dass es eines Tages zum Ausbreitungskorridor der großen Beutegreifer wird. Das GRÜNE BAND ist zudem ein ideales Projekt, mit dem internationale Schutzabkommen umgesetzt werden können, etwa das Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000, die Vogelschutz- und Habitatrichtlinie oder die Bonner Konvention.
Vorrangiges Ziel ist es, in jedem Land Daten zu sammeln, um eine gemeinsame Geodatenbank als fachliche Grundlage aufzubauen. Wenn geklärt ist, wie viel vom GRÜNEN BAND erhalten geblieben ist, können gezielt Schutzprojekte bei der EU beantragt werden.