Um den Fischotter kursieren viele Gerüchte und Irrtümer, die aber als „Tatsachen“ angesehen werden. In Zeiten von Fake News räumen wir nun mit einigen dieser weit verbreiteten Mythen auf und legen die Fakten auf den Tisch.
Ein Rückgang der Fischbestände ist nicht der Existenz des Fischotters geschuldet, sondern vor allem dem katastrophalen ökologischen Zustand unserer Fließgewässer. Nur noch etwa ein Drittel der heimischen Flüsse und Bäche sind natürlich oder naturnah. In den vergangenen Jahrzehnten wurden unsere Fließgewässer durch Verbauungen, Wasserkraftwerke, Trockenlegungen etc. massiv geschädigt. Diese negativen Veränderungen bedingen, dass Fließgewässer als Lebensraum für Fische und andere dort heimische Arten immer weniger geeignet sind. Den Fischen fehlen wesentliche Strukturen im Gewässer, damit sie alle ihre Lebenszyklen und Entwicklungsphasen abwickeln können. Statt monotoner Gleichförmigkeit brauchen Fische Vertiefungen (Kolke), Kehrwasser – also rückwärtsgerichtete Strömung – oder Steine und Wurzeln, die Zuflucht oder Deckung vor ihren Fressfeinden bieten. Auch chemische und physikalische Faktoren wie z.B. Sauerstoffmangel oder Krankheiten beeinträchtigen die Fischfauna. Ursachen für den Fischrückgang wurden in einer großangelegten Schweizer Studie über 5 Jahre genau untersucht. Die Studie zeigt, dass keiner der untersuchten Faktoren alleine für den Fischrückgang verantwortlich ist, sondern vielmehr die Kombination von Faktoren zu dem beobachteten Trend führt. Da Fischotter in der Schweiz nach wie vor im Gewässerökosystem fehlen, ist damit bewiesen, dass Fischbestände in Abwesenheit vom Fischotter abnehmen.
Amphibien, Krebse und Muscheln sind Teil des Beutespektrums des Fischotters. Verantwortlich für deren Ausrottung ist er mit Sicherheit nicht. Der Zusammenbruch von Amphibienbeständen in den letzten Jahrzehnten ist eine Folge von flächendeckend vorgenommenen Trockenlegungen von Feuchtgebieten sowie Verbauungsmaßnahmen an Gewässern. Heimische Krebsbestände hingegen leiden vor allem an der Krebspest. Diese Erkrankung wurde durch den Besatz mit amerikanischen Krebsen in heimische Gewässer eingeschleppt und hat die heimischen Krebsarten seuchenartig vernichtet. Flussperlmuscheln wiederum leiden unter der schlechten Gewässerqualität. Wenn der Schotterlückenraum durch Feinsedimente verklebt, wird dieser nicht mehr von sauerstoffreichen Wasser durchströmt und die im Sediment vergrabenen Jungmuscheln ersticken. Auch das regelmäßige Ausbaggern von Bächen stellt eine Gefahr für die Muscheln dar, weil es hohe Sedimentfracht verursacht und vorhandene Muscheln auf mechanischem Weg zerstört. Der Fischotter nutzt lediglich einen sehr geringen Teil der jeweiligen Bestände. Diese Räuber-Beute-Beziehung ist ein ganz natürlicher Vorgang in der Natur und Bestandteil des Ökosystems „Gewässer“.
Die Wiederausbreitung des Fischotters in Österreich ebenso wie in anderen Teilen Europas in den letzten Jahren, ist ein natürlicher Prozess. Das Verbot der Jagd und die strenge Unterschutzstellung haben dazu wohl ebenso beigetragen wie die Erhaltung von noch vorhandenen natürlichen und naturnahen Flüssen und Bächen oder die Renaturierung von degradierten Gewässern. Solange für Österreich gesamtheitlich der Status des Fischotters nicht als günstig eingestuft wird, muss dafür gesorgt werden, dass Maßnahmen zum Schutz des Fischotters beibehalten werden. Erwachsene Fischotter leben einzeln, sie beanspruchen jeweils eigene Streifgebiete und gehen sich aus dem Weg. Auch ohne Vorhandensein von natürlichen Feinden stabilisiert sich die Population an einem bestimmten Punkt und wächst nicht mehr weiter, eine Bestandsregulation durch den Menschen ist nicht notwendig. Wichtig ist, falsche Besatzpraktiken, wie etwa den Besatz mit nicht heimischen Fischen gesetzlich zu verbieten, um das zusätzliche Nahrungsangebot auszuschließen.
Für den Teichwirt sind Fischteiche Flächen zur Produktion von Fisch, vergleichbar mit Ackerflächen für Landwirte. Für den Fischotter hingegen stellen Fischteiche einen ungewöhnlich „reich gedeckten Tisch“ dar. Als Beutegreifer nimmt der Fischotter dieses Angebot in Anspruch. Um diesen systemimmanenten Widerspruch auszugleichen, stehen Teichwirten Beratungsleistungen, Schutzeinrichtungen und Förderungen zur Verfügung. Einzäunungen – v.a. mit Elektrozäunen – haben sich bei richtiger Wartung bei Teichen gewisser Größe sehr gut bewährt. Wo gängige Präventionsmaßnahmen nicht greifen, müssen Alternativen erarbeitet und von entsprechenden Entschädigungszahlungen begleitet werden.
Erwachsene Fischotter markieren ihr Streifgebiet mit Kot (Losung) an dafür geeigneten erhöhten Stellen im Uferbereich, wie zum Beispiel an Steinen, Sandbänken oder auch an Böschungen unter Brücken. Die gängigste Nachweismethode ist das Kartieren von Brücken (und Ufern der freien Fließstrecke), wo Anzahl und Alter der Losungen erhoben werden. Fraßreste oder „Rutschen“ ins Wasser gelten nicht als sichere Nachweise, da sie auch von anderen Tieren stammen können. Ein Fischotter kann zudem in einer Nacht etliche Kilometer zurücklegen und so zum Beispiel an mehreren benachbarten Teichen „gleichzeitig“ wahrgenommen werden. Derartige Angaben führen automatisch zu überhöhten Zahlen, weil ein Individuum mehrfach „gezählt“ wird. Die oben beschriebene Methode erlaubt das Feststellen der Anwesenheit, lässt aber keine Aussage über die Anzahl der Fischotter zu, die diese Losungen abgesetzt haben. Es ist also nicht möglich, Fischotter in einem bestimmten Gebiet zu zählen oder anhand der Anzahl der gefundenen Losungen auf die Individuenzahl rückzurechnen. Es ist lediglich möglich, das aktuelle Verbreitungsareal anzugeben, bestenfalls ergänzt um grobe Bestandsschätzungen. Genetische Methoden oder großräumige Abfährtungen bei Schneelage ermöglichen die Angabe einer Mindest-Individuenzahl, sind kostenintensiv und werden derzeit nicht flächendeckend eingesetzt.
Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Wiederansiedlung oder einen Besatz des Fischotters in Österreich gegeben. Die Wiederausbreitung des Fischotters in Teilen Österreichs erfolgt ausschließlich auf natürlichem Weg, ausgehend von einigen wenigen überlebenden Individuen in den 1980er Jahren in Österreich und in angrenzenden Gebieten unserer Nachbarstaaten.
Das Gegenteil ist der Fall. Die Reproduktionsrate des Fischotters ist gering: Junge Fischotter werden von der Mutter lange, nämlich mindestens ein Jahr, betreut, sodass ein Weibchen nur etwa alle 2 Jahre Junge bekommt. Von diesen erreichen nur etwa 50 % das Erwachsenenalter. In ihrem Leben bekommt ein Otterweibchen durchschnittlich zweimal Junge. Daraus ergibt sich ein sehr langsames Populationswachstum für den Fischotter.
Quelle: www.wwf.at