Charakteristisch für Heuschrecken sind die kräftigen Hinterbeine, die als starke Sprungbeine ausgebildet sind, sowie ihre Fähigkeit, Lautäußerungen zu produzieren, das sogenannte „Stridulieren“. Unter den heimischen Insekten können sonst nur Zikaden zur Partnerfindung „singen“. Weltweit sind mehr als 20.000 Heuschrecken-Arten bekannt, von denen 140 Arten in Österreich vorkommen. Diese Heuschreckenvielfalt findet man in Österreich in vielen unterschiedlichen Lebensräumen. Die Tiere kommen von den Tallagen bis in die alpinen Gebirgslebensräume und von den Moorlandschaften bis in die Steppengebiete vor, wobei im Osten und Süden die Artenvielfalt besonders groß ist. Bei den Heuschrecken unterscheidet man Langfühler- und Kurzfühlerschrecken, die anhand der Länge ihrer Fühler zugeordnet werden können.
Körperbau
Der Körper der Heuschrecken ist wie bei allen Insekten in drei Abschnitte eingeteilt: Am Kopf sitzen die beiden großen Facettenaugen sowie drei unauffällige punktförmige Einzelaugen. Die Fühler und die kräftigen, nach unten gerichteten Mundwerkzeuge finden sich ebenfalls am Kopf. Die Mundwerkzeuge sind kräftige Beißwerkzeuge, mit denen Heuschrecken ihre Nahrung zerkleinern.
Auf den Kopf folgt der Thorax, auch Brust genannt, der durch den sehr auffälligen Halsschild geschützt wird. Hier sitzen die drei Beinpaare, von denen die Hinterbeine als charakteristische Sprungbeine ausgebildet sind. Oberseits befinden sich die beiden Flügelpaare, wobei das vordere Paar als Deckflügel die Hinterflügel schützt. Manche Arten haben nur sehr kurze Flügelstummel, während andere langgeflügelt und deshalb sehr gut flugfähig sind. In Ruhestellung werden die Flügel flach an den Hinterleib angelegt.
Der Hinterleib (das Abdomen) besteht aus vielen Segmenten, die mit teils sehr artcharakteristischen Fortsätzen abschließen. Diese Fortsätze gehören zu den äußeren Geschlechtsorgangen der Heuschrecken und ermöglichen es, Weibchen und Männchen leicht zu unterscheiden. Bei den Langfühlerschrecken haben die Weibchen einen meist recht auffälligen Legebohrer zur Eiablage, der je nach Artgruppe sehr unterschiedlich geformt sein kann. Bei den Kurzfühlerschrecken sieht dieser Legeapparat hingegen bei allen Arten recht ähnlich wie ein kleiner Vogelschnabel aus.
Heuschrecken passen sich mit ihrer Färbung oft gut an ihren Lebensraum an und sind deshalb als grüne Hüpfer in der Wiese oder in brauner Tarnfärbung am nackten Boden oft schwierig zu entdecken. Manche haben aber auch auffällige Schreck- bzw. Lockfarben, wie etwa knallrote Hinterflügel. Die Färbung allein ist aber meist kein zuverlässiges Bestimmungsmerkmal, da viele Arten sehr variabel gefärbt sein können.
Lautäußerungen
Heuschrecken können auf verschiedene Weise Laute erzeugen. Die Tiere können mit ihren Mundwerkzeugen knirschen, mit ihren Beinen trommeln oder die Deckflügel aneinander oder gegen die Hinterbeine reiben. Letzteres ist am bekanntesten und verbreitetsten und wird „Stridulieren“ genannt. Bei den Langfühlerschrecken wird eine Leiste im Deckflügel über den verstärkten Rand des anderen Deckflügels gerieben, während bei den Kurzfühlerschrecken eine gezähnte Leiste am Hinterschenkel über eine verstärkte Ader im Deckflügel gezogen wird. Mit diesem „Gesang“ werden Paarungspartner angelockt und umworben. Diese Töne sind von Art zu Art verschieden und können zur sicheren Bestimmung der Heuschrecken herangezogen werden.
Um Schall und dessen Richtung wahrnehmen zu können, haben Heuschrecken paarig angelegte Gehörorgane (Tympanalorgane). Diese befinden sich bei den Kurzfühlerschrecken seitlich am ersten Hinterleibssegment, bei den Langfühlerschrecken befindet sich dieses „Ohr“ an den Vorderbeinen.
Entwicklung
Nach einem manchmal recht aufwändigen Balzritual wird bei der Kopulation ein Spermienpaket übertragen, je nach Art auf sehr unterschiedliche Weise. Nach der Paarung legen die Weibchen bis zu 600 Eier (meist jedoch deutlich weniger) in den Boden ab oder deponieren sie an oder in verschiedenen Pflanzenteilen wie Stängeln, Blättern oder Rinde.
Heuschrecken machen eine unvollständige Metamorphose, eine sogenannte hemimetabole Entwicklung durch. Das bedeutet, dass die Jungtiere – die Nymphen –dem adulten Tier bereits recht ähnlich sehen und sich bei den Wachstumshäutungen hauptsächlich in der Größe sowie in der Ausformung der Flügel und Anhänge verändern. Bei Heuschrecken gibt es meist 5 bis 6 Larvenstadien, dazwischen liegt jeweils eine Häutung. Geschlechtsreif sowie flug- und gesangsfähig sind erst die ausgewachsenen Tiere. Fast alle Heuschrecken leben nur eine Saison und überwintern als Ei. Nur wenige Arten können als Nymphe oder gar als erwachsenes Tier unseren Winter überstehen.
Langfühlerschrecken
Langfühlerschrecken erkennt man leicht daran, dass die Fühler länger als der Körper sind. Auch sind die Hinterbeine oft auffallend lang. Sie singen, indem sie eine gezähnte Ader des einen Vorderflügels an eine verstärkte Kante des anderen Flügels reiben. Bei vielen Arten sind diese Gesänge hochfrequent und für unsere Ohren kaum zu hören. Sie ernähren sich je nach Art rein vegetarisch oder nehmen auch tierische Kost zu sich. Viele Arten sind nachts und in der Dämmerung aktiv – die nächtliche Gesangskulisse wird fast nur von Langfühlerschrecken gebildet. In Österreich findet man 64 verschiedene Arten, zu denen z. B. neben den Heupferden und Beißschrecken auch die Grillen zählen.
Kurzfühlerschrecken
Die Fühler der Kurzfühlerschrecken sind immer deutlich kürzer als die Körperlänge des Tieres. Auch haben die Fühler weniger und dickere Fühlerglieder und den Weibchen fehlen die auffälligen Legebohrer der Langfühlerschrecken. Manchmal sind die Enden der Fühler zusätzlich verdickt, so wie bei den Keulenschrecken. Das Stridulieren wird durch das Reiben einer gezähnten Leiste in der Innenseite der Hinterschenkel an die Schrillader der Vorderflügel erzeugt, wie beim Ziehen eines Kammes über eine Tischkante. Kurzfühlerschrecken sind hauptsächlich tagsüber aktiv und ernähren sich fast ausschließlich von Pflanzen. In Österreich findet man 76 Arten von Kurzfühlerschrecken, von denen die meisten zu den Feldheuschrecken gehören, wie der Gemeine Grashüpfer oder die Rote Keulenschrecke. Hierher gehören aber auch so ungewöhnliche „Hüpfer“ wie die Knarrschrecken oder die kleinen Dornschrecken.
Dieser Text entstand dankenswerterweise mit Hilfe von Thomas Zuna-Kratky und Maria Zacherl. Mehr Informationen über Heuschrecken sind im Verbreitungsatlas „Die Heuschrecken Österreichs“ von Thomas Zuna-Kratky zu finden.