2018+2019: Tigerschnegel

Der Tigerschnegel ist in Mitteleuropa verbreitet, trotzdem kennen ihn nur relativ wenige Menschen. Der Hauptgrund ist, dass diese Art fast nur nachts unterwegs ist. Diese Schnecke beeindruckt nicht nur durch ihre Größe und ihr Aussehen, sondern auch durch ihr spezielles Fortpflanzungsverhalten. Bezüglich ihres Aussehens scheiden sich die Geister. Die einen finden sie ausgesprochen hübsch und attraktiv, für andere ist sie eher abstoßend und ekelig. Dass große Nacktschnecken hier nicht so beliebt – eher verhasst – sind, liegt wohl an dem massenhaften Auftreten der Spanischen Wegschnecke. Diese eingeschleppte Art hat leider nur wenige Feinde. Einer davon ist jedenfalls der Tigerschnegel. Er erbeutet zwar selten die ausgewachsenen Tiere, frisst aber gerne Eier und auch Jungtiere der ungeliebten Wegschnecke.

© Stefan Kwitt

Der Tigerschnegel erreicht eine Länge von etwa 20 cm und gehört deshalb zu den größten Schnecken Europas. Bis vor einigen Jahren wurde er als eine Spezies, Limax maximus, geführt. Anatomische und genetische Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass es sich dabei nicht um eine Art sondern um einen ganzen Artenkomplex handelt. Die Färbung kann stark variieren, die Grundfarbe ist zwischen hellgrau und hellbraun, selten findet man fast weiße Tiere. An der Rückenseite haben sie dunkle Flecken, die manchmal zu Streifen verlängert sind. Der Körper ist langgestreckt und im hinteren Drittel mit einem Kiel versehen. Hier ist der Körperquerschnitt nicht rund, sondern läuft spitz nach oben. Im vorderen Bereich findet man im Inneren einen kleinen Rest einer Kalkschale mit etwa 5 mm Länge.

Im Herbst verkriechen sich die Tiere und können so auch kalte Winter überstehen; ihre Lebenserwartung beträgt meist drei Jahre.

Ernährung
Diese Schnecke ernährt sich hauptsächlich als Räuber und greift auch andere Nacktschnecken und deren Gelege an. Sehr gerne werden zudem verschiedene Pilze aber auch Aas angenommen. Sie ist kein Gartenschädling!

Fortpflanzung
Alle heimischen Nacktschnecken sind Zwitter, die Befruchtung findet gegenseitig statt. Bei dem Tigerschnegel sind die Paarung und das dazugehörige Vorspiel eine wundersame Vorstellung, die leider nur selten beobachtet wird. Vor der Paarung verfolgt ein Tier das andere an dessen Schleimspur und stimuliert es an der Schwanzspitze. Beide kriechen dann auf einen erhöhten senkrechten oder überhängenden Standort (Baum, Mauer). Danach bilden sie einen Kreis um den sie sich oft stundenlang drehen; wobei sie eine große Schleimmenge in die Mitte des Kreises abgeben. Nach diesem Vorspiel umschlingen sie einander und sondern jede am Hinterende einen kräftigen Schleimfaden ab, an dem sie sich gemeinsam von ihrem Hochsitz 30 cm oder mehr nach unten „abseilen“. 

Im Schweben befruchten sie einander mit jeweils einem Penis, der etwa ein Drittel der Körperlänge misst. Am Ende der Paarung lässt sich ein Tier nach unten fallen, das andere kriecht am Schleimfaden wieder nach oben. Die Eiablage erfolgt meist Monate später. Ein Gelege besteht aus 150 bis 200 etwa 4 mm großen, glasklaren Eiern. Nach einigen Wochen schlüpfen die Jungtiere, die im darauffolgenden Jahr geschlechtsreif werden.

Vorkommen und Gefährdung
Der Tigerschnegel lebt in fast allen Lebensräumen in Österreich, lediglich im Hochgebirge kommt er nicht vor. Auch in siedlungsnahen Kulturlandschaften wie Feldgehölzen, Hecken, Gebüschen, Gärten, Parks oder alten Industriebrachen findet man die große Schnecke regelmäßig. Sie ist damit eine starke Kulturfolgerin und hat auf diese Weise ganz Mitteleuropa besiedelt.
In Österreich wird der Tigerschnegel auf der Roten Liste bedrohter Tierarten (2007) als „nicht gefährdet“ angeführt. Gefahr droht jedoch durch die Verwendung von Schneckenkorn und anderen „Vernichtungsaktionen“, die eigentlich für andere Schnecken bestimmt sind.

Das Österreichische Weichtier des Jahres wird vom Naturschutzbund und den Malakologen der Universität Salzburg ernannt.

Rückfragen:
Univ. Prof. Dr. Robert A. Patzner, Malakologische Arbeitsgemeinschaft am Haus der Natur in Salzburg
und FB Ökologie und Evolution, Universität Salzburg


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