2011: Zierliche Tellerschnecke

(Anisus vorticulus)

Seit 2004 gehört diese kleine und unauffällige Süßwasserschnecke zu den europaweit geschützten Arten. In Österreich ist sie stark gefährdet, in Bayern sogar vom Aussterben bedroht.   Im Rahmen der EU-Erweiterung wurde sie in die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aufgenommen. Weil sie daher intensiv erforscht und ihre Lebensräume europaweit geschützt werden müssen, die Art in der Öffentlichkeit aber weitgehend unbekannt ist, wurde sie als Weichtier des Jahres ausgewählt.

Zierliche Tellerschnecke © Ira Richling
Zierliche Tellerschnecke © Ira Richling
Anisus vorticulus gehört zur Familie der Tellerschnecken (Planorbidae). Fünf dieser Arten gehören zur Gattung Anisus. Die seltene Zierliche Tellerschnecke ist dabei allerdings nur mit der häufigen und weit verbreiteten Scharfrandigen Tellerschnecke Anisus vortex zu verwechseln. Diese unterscheidet sich durch eine scharfkantige, meist randliche Schulter des Umganges, während Anisus vorticulus eine mittig auf dem Umgang ausgebildete stumpfe Schulterkante aufweist. Diese Schulter ist oft durch einen schwachen Hautsaum verstärkt, der aus der organischen Schalenhaut (dem so genannten Periostrakum) gebildet wird. Dieses besteht aus dem hornähnlichen Conchiolin, der Rest des Gehäuses aus Kalk. Das Gehäuse der Zierlichen Tellerschnecke ist meist 4-5 mm breit (sehr selten bis 8 mm) und 0,5-0,8 mm hoch. Weil die 5-6 Umgänge flach in einer Ebene aufgewunden sind, ist die
 
 
Drehrichtung auf den ersten Blick nicht erkennbar. Erst die Anatomie der Tellerschnecken zeigt, dass ihre Gehäuse linksgewunden sind. Die Umgänge sind durch eine tiefe Naht getrennt, sie wachsen sehr regelmäßig und werden ganz allmählich größer. Anisus vorticulus ist vermutlich ein Nahrungsspezialist. Die Art frisst offenbar mikroskopisch kleine Algen, die als Aufwuchs auf lebenden oder toten Pflanzen oder anderen organischen Materialien leben.
 
Zierliche Tellerschnecken sind Zwitter. Meist findet eine gegenseitige Befruchtung statt, es ist aber auch Selbstbefruchtung möglich. Paarungen wurden bei Tieren mit mindestens 2,5 mm Gehäusedurchmesser beobachtet, was bedeutet, dass die Tiere deutlich vor Erreichen ihrer Maximalgröße geschlechtsreif werden. Die Lebensdauer der Tiere beträgt etwa eineinhalb Jahre.
 
Die Zierliche Tellerschnecke lebt in pflanzenreichen, stehenden und dauerhaften Gewässern. Die unter Artenschutz stehendeSchnecke kommt von England bis Westsibirien vor. In Mittel- und Osteuropa findet man sie zerstreut, sie ist jedoch selten (FALKNER 1990a). KLEMM (1960) konnte ihr Vorkommen für Vorarlberg, Nordtirol, Niederösterreich und das nördliche Burgenland nachweisen. Ein neuerer Lebendnachweis in Österreich wurde im Bereich von Ostkärnten (Turnersee, Kleinsee, Sonnegger See) bekannt (MILDNER 2005). 2007 konnte sie auch in Salzburg nachgewiesen werden. In Bayern liegt der Verbreitungsschwerpunkt dieser Art im Donautal, mit zerstreuten Vorkommen im Alpenvorland (FALKNER 1990b).
 
Quellen:
K. SCHAMBERGER, V. KIESENHOFER & R.A. PATZNER, 2007, Erstfund von Anisus vorticulus (TROSCHEL 1834)
im Bundesland Salzburg (Gastropoda, Planorbidae). In: Linzer Biologische Beiträge.
 
  Pressefoto: © Ira Richling

 

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