2026: Kiebitz

Vanellus vanellus

In den vergangenen 25 Jahren halbierte sich die Anzahl der Kiebitze, Vanellus vanellus, in Österreich. Daher ernennt die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich diesen charakteristischen Feldvogel zum Vogel des Jahres 2026. Doch der Kiebitz ist nicht verloren: Maßgeschneiderte Schutzmaßnahmen können das Überleben dieses stark gefährdeten Bodenbrüters sichern. Als sogenannte Schirmart kann der Kiebitz wesentlich dazu beitragen, den dramatischen Verlust an Biodiversität im Ackerland zu bremsen.

© Flora Bittermann

Ausgangspunkt: Dramatischer Rückgang
Von allen Vogelartengruppen Österreichs geht es den Feld- und Wiesenvögeln am schlechtesten. Sie leiden vor allem unter der Intensivierung der Landwirtschaft und dem Lebensraumverlust im ländlichen Raum. Der Kiebitz ist eine allseits bekannte, sehr beliebte und auffällige Vogelart, die durch Ruf, Aussehen und Flugkünste viele Menschen beeindruckt. Seine Bestände sind in den vergangenen Jahrzehnten jedoch um mehr als die Hälfte eingebrochen. Aktuell werden nur rund 3.800 bis 6.900 Brutpaare österreichweit gezählt, ein Minus von 57 Prozent seit 1998. Der Kiebitz gilt in Österreich laut Roter Liste als potenziell gefährdet und ist auf der BirdLife-Ampelliste in der Kategorie mit der höchsten Handlungspriorität geführt. Hauptursache ist der massive Verlust geeigneter Brut- und Nahrungsflächen durch die intensive Landwirtschaft.

Der Kiebitz braucht Hilfe
Der Kiebitz war ursprünglich ein Bewohner feuchter und mager bewachsener Wiesen mit guter Rundum-Sicht. Da sumpfige Wiesen aber weitgehend entwässert und kultiviert wurden, hat der Kiebitz sein ursprüngliches Habitat verloren. Der Vogel schaffte jedoch teilweise den Umstieg auf einen Ersatzlebensraum mit Rundum-Sicht, die Ackerlandschaft.

Besonders während der empfindlichen Brutzeit von März bis in den Juni ist er dort jedoch zahlreichen Gefahren ausgesetzt: Viele Gelege werden in dieser Zeit unbeabsichtigt durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung zerstört. Auf Äckern ist es die Bodenbearbeitung, das Vorbereiten des Bodens, das Einsäen und zum Teil auch die Düngung der Flächen, was die Nester zerstört, noch bevor die Küken schlüpfen können. Im Grünland ist es vor allem die frühe Mahd. Weil der Kiebitz ab März seine Eier bevorzugt auf unbebaute Äcker ablegt und dort brütet, gerät er seit Jahrzehnten in die Mühlen der modernen Technik der Feldbewirtschaftung. Viele Erstgelege des Bodenbrüters werden zumeist vollständig durch die maschinelle Bewirtschaftung im April vernichtet.

Wenn es Küken schaffen zu schlüpfen, stehen sie vor einem ernsthaften Problem: In den Getreideanbaugebieten steht ab Mai die Vegetation so dicht und hoch, dass diese Flächen für die Kiebitze nicht mehr nutzbar sind. In den Maisanbaugebieten treffen die Jungvögel auf eine trockene und nahezu insektenfreie Umgebung, in der eine effiziente Nahrungsaufnahme unmöglich ist. Doch dieser negative Ablauf kann mittels einfacher Maßnahmen gestoppt werden.

Lösungsansätze
Einerseits schützt eine verzögerte Aussaat von Mais und Soja die Erstgelege der Kiebitze. Andererseits können die Gelege-Standorte markiert werden, sodass die Gelege bei der Feldbewirtschaftung ausgespart werden können. Die österreichweite Initiative „Gemeinsam für den Kiebitz“ unter der Federführung der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich und dem Verein thema:natur, setzt sich gezielt für den Schutz des Kiebitzes und weiterer gefährdeter Bodenbrüter in der heimischen Agrarlandschaft ein. Aktuell arbeitet BirdLife in rund 14 Projektregionen österreichweit ganz gezielt – in enger Zusammenarbeit mit Landwirt*innen – für den Schutz des Kiebitzes in der heimischen Agrarlandschaft. Erfolgreiche Vorgängerprojekte gab es bereits in Oberösterreich.

Hintergrundinformationen zum Kiebitz

  • Status: regelmäßiger Brutvogel
  • Bestandstrend: Abnehmend
  • Rote Liste (AT): Gefährdung droht
  • Bestandszahl: 3.800–6.900 Brutpaare
  • Ampelliste: Rot


Wie erkenne ich einen Kiebitz?

Der Kiebitz ist ein kräftiger, etwa taubengroßer Regenpfeifer mit markantem Aussehen: Er ist schwarzweiß gefärbt mit metallisch grünem Glanz am Rücken und besitzt eine lange, dünne Federholle, so nennt sich der spitz zulaufende Federschopf auf seinem Hinterkopf. Im Flug fallen vor allem seine breit gerundeten Flügel auf. Der Kiebitz ist eine sehr markante und gut bekannte Vogelart.

Vorsicht: Verwechslungsgefahr
Eigentlich ist er unverwechselbar, doch werden manchmal Kiebitze mit Wiedehöpfen verwechselt, die ebenfalls eine Haube am Kopf tragen und recht breite Flügel haben, jedoch beigeorange gefärbt sind und schwarzweiß gestreifte Flügel und Rücken haben. Zudem ist ihre Federhaube beigeorange mit schwarzen Spitzenflecken und kann wie eine „Irokesenfrisur“ aufgestellt werden. Weit entfernt fliegende Kiebitz-Trupps könnten mit anderen Limikolen – das sind Wat- und Stelzvögel – verwechselt werden, im Flug sollte man daher auf die kontrastreiche schwarzweiße Zeichnung und die gerundeten Flügel achten.

Stimme
In seinem Revier ist der Kiebitz sehr stimmfreudig: Er produziert verschiedene langgezogene heisere Rufe, etwa chii-wääh und "jodelnden" Gesang (kiju-wid-ju-wid). Im Balzflug beginnt der bemerkenswerte Vogel sogar zu wummern. Dieses Geräusch wird durch seine Flügelfedern erzeugt

Lebensraum
Der Kiebitz nutzt in Mitteleuropa landwirtschaftlich geprägte Gebiete. In Oberösterreich, das mit 2.000 bis 3.000 Brutpaaren etwa die Hälfte des österreichischen Bestandes aufweist, brüten etwa 90 Prozent der Kiebitze auf Ackerflächen. Dort leidet der Kiebitz jedoch unter der Intensivierung der Landwirtschaft und dem Verlust von feuchten Stellen in und um die Ackerflächen. Zur Nahrungssuche benötigt der Kiebitz feuchte Böden, in denen er nach Insekten, Würmern und kleinen Wirbellosen stochern kann. In natürlichen oder wiederhergestellten Landschaften bevorzugt der Kiebitz offene, feuchte Lebensräume wie Wiesen, Moore und Flussniederungen. Dort sind extensiv genutzte oder brachliegende Flächen mit kurzem Bewuchs, wo er seine Bodenmulden als Nistplätze anlegen kann, essenziell.

Nahrung
Der Kiebitz frisst hauptsächlich kleine Bodentiere. Den größten Anteil davon machen Insekten und deren Larven – vor allem im Frühjahr – aber auch Regenwürmer aus. Im Winter ernährt sich der Vogel auch vegetarisch.

Verhalten
Vor allem am Frühjahrszug können große „Kiebitz-Trupps“ beobachtet werden, die oft mit Staren, zuweilen auch mit Goldregenpfeifern vergesellschaftet sind. Der Vogel brütet häufig in lockeren Kolonien in Bodennestern mit typischerweise vier tarnfärbigen Eiern. Als Bodenbrüter ist der Kiebitz gegenüber Nesträubern, wie z. B. Füchsen, sehr gefährdet. In der Regel können jene Nesträuber in größeren Kolonien effektiver abgewehrt werden. Der Erhalt größerer, zusammenhängender Brutgebiete ist auch deshalb von zentraler Bedeutung.

Was man für den Kiebitz tun kann
Ein gezielter Lebensraumschutz für den Kiebitz umfasst die Anlage und den Erhalt von feuchten Mulden – sogenannten „Sutten“ – Brachen sowie Feuchtwiesenresten in der Ackerlandschaft. Bis Mitte Juni sollten unbewirtschaftete „Kiebitz-Inseln“ in Feldern angelegt werden, was sich bereits in vielen Länder bewährt hat. Die Verzögerung der Ansaat von Mais oder Soja bis etwa zum 10. Mai verhilft Kiebitz-Kolonien zu gutem Schlupferfolg der Erstgelege. Zudem hilfreich ist es, aktuelle Neststandorte abzustecken, um sie bei der Bearbeitung der Felder auszusparen.

Text: Susanne Schreiner

Ernenner: BirdLife: https://www.birdlife.at/

Bilder: Alle Bilder auf dieser Seite dürfen für Pressezwecke in Zusammenhang mit Berichten über die Natur-des-Jahres-Themen unter Angabe der Bildquelle verwendet werden. Wir bitten Sie um ein Belegexemplar.

 

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