Die Suche nach dem idealen Streumittel

Schneebedeckte Berge, Wiesen und Bäume sind für die Meisten ein wunderbarer Anblick und ziehen uns im Winter in der Freizeit hinaus. Bei der Bewältigung des Alltags bringt die weiße Pracht aber mitunter Probleme mit sich. Jeden Winter kommt es zu tausenden Verletzungen aufgrund von vereisten und schneebedeckten Geh- und Radwegen oder Straßen. Dann muss der Streudienst her! Aber was soll er streuen? Salz? Das schädigt Pflanzen und Tiere. Splitt oder Sand? Dadurch kommt es zu einer hohen Staubbelastung.

Ist Salz die Lösung?

Als Auftaumittel zur Beseitigung von Straßenglätte werden seit Ende der 1950er Jahre Streusalze verwendet, hauptsächlich Kochsalze (NaCl) und Kochsalz-Kalziumchlorid-Gemische. Der hohe Streusalzeinsatz verursacht alljährlich beträchtliche Schäden, gelangt das Salz doch über den Boden in die Pflanzen und verändert dort ihren Nährstoffhaushalt. Die Folgen zeigen sich oft erst im Sommer, wenn beispielsweise salzgeschädigte Straßenbäume trotz ausreichender Niederschläge allmählich vertrocknen.

© Norbert Hirneisen

Aber nicht nur Pflanzen leiden unter dem Salz: Besonders bei Hunden kann Streusalz in kleinen Hornhautrissen unangenehm brennen und zu Verätzungen führen. Außerdem kann Streusalz zur Versalzung des Grundwassers beitragen und korrodiert Brücken und Fahrzeuge. Eine Reduzierung des Streusalz-Einsatzes wurde und wird daher angestrebt: Während in den 1960er Jahren noch mehr als 40 g Auftausalz pro m² eingesetzt wurden, sind es heute je nach Witterung nur noch 10 bis 20 g/m². Zurückzuführen ist dieser Umstand auf verbesserte Witterungsvorhersagen und neuer Dosiertechniken mit Sensoren, die Temperatur, Luftfeuchte und auch noch vorhandenes Restsalz auf der Fahrbahn erfassen. In den letzten Jahren kamen vermehrt Feuchtsalze zum Einsatz. Das sind Kalziumchlorid oder Magnesiumchlorid-Lösungen, die auf der Straße besser haften und dadurch weniger stark verweht werden. Mit der Anwendung dieser Materialien erhofft man sich eine geringere Pflanzenschädigung durch weniger hohe Ausbringungsmengen.

Splitt als Alternative?

Aber auch der Gebrauch von abstumpfenden Mitteln, wie z.B. Splitt, Granulat, Sand, Kies oder Asche, ist nicht unproblematisch. Berücksichtigt man die Transportwege und die Entsorgung, erfordern sie einen deutlich höheren Energieaufwand und sind damit aus heutiger Umweltsicht kaum besser zu beurteilen als Tausalze. Vor allem auch, weil der von den Kehrwägen eingesammelte Streusplitt als Sondermüll entsorgt werden muss. Eine Wiederaufbereitung ist sehr unwirtschaftlich, da das wieder aufgenommene Streumittel mit Reifenabrieb, Staub und anderem Straßenschmutz stark verunreinigt ist und kostspielig gereinigt werden muss. Die Verwendung abstumpfender Streustoffe beeinträchtigt speziell auch die Luftqualität in Städten: Das verkehrsbedingte Zermahlen des Streugutes lässt Unmengen an Staub entstehen, der insbesondere für Passanten und Anwohner stark befahrener Straßen ein großes Gesundheitsrisiko darstellt.

Weißer Winterdienst

Die negativen Auswirkungen der Streumittel veranlassten viele Gemeinden, den "weißen Winterdienst" mehr zu forcieren: Dabei reduziert das verstärkte "mechanische Schneeräumen" deutlich die nachfolgende Streuung mit auftauenden Salzen. Auch in Städten ist man sich der Streumittelfolgen - hier vor allem Staubentwicklung und Bodenschädigung - bewusst. In Wien etwa trat 2005 eine neue Winterdienstverordnung in Kraft, die ausdrücklich die Verwendung von Schlacke, Asche, Quarzsplitt, Quarzsand und Betonrecyclingsplitt verbietet. Des weiteren dürfen künftig 10 Meter um unversiegelte Bodenflächen herum keine natrium- oder halogenidhaltigen Auftaumittel mehr verwendet werden, um einer Schädigung des Erdreichs vorzubeugen. Stickstoffhaltige Auftaumittel wie Harnstoff wurden in Wien bereits untersagt.

Das ideale Streumittel gibt es also derzeit nicht.

© Sabine Weger

Sinnvoll scheint daher die Idee eines differenzierten, dreistufigen Winterdienstes zu sein. Demnach entscheiden Privatpersonen wie Gemeinden je nach Straßen- und Wettersituation, ob sie Salz oder Splitt ausbringen oder möglicherweise ganz auf Streumittel verzichten.

Der Plan:

  • Stufe 1 - für Nebenstraßen: lediglich räumen und nicht streuen.
  • Stufe 2 - für Bürgersteige und Radwege: Räumen und möglichst nur salzfreie und staubarme Mittel streuen.
  • Stufe 3 - für Gefahrenstellen und auf Kreuzungen: Einsatz von Feuchtsalz.


Generell gilt auch bei den Streumitteln: So viel wie nötig, so wenig wie möglich!

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