Mit der Ernennung zum Tier des Jahres möchte der Naturschutzbund auf den Wert strukturreicher Waldsäume und Hecken hinweisen sowie auf den fortschreitenden Lebensraumverlust und dessen Auswirkung auf das Überleben von Haselmaus und Co. aufmerksam machen.
Allgemeines
Die Haselmaus ist ein nachtaktives Nagetier aus der Familie der Bilche. Sie ist der kleinste heimische Bilch, ein ortstreuer Einzelgänger und geschickter Kletterer. Bei einer Größe von etwa 14 cm macht gut die Hälfte davon der dicht behaarte Schwanz aus. Dieser dient als Balancierhilfe beim Springen im Geäst und ist gleichzeitig Unterscheidungsmerkmal zu echten Mäusen. Das Fell ist sandfarben bis rötlich-hellbraun, die Bauchseite heller, Brust und Kehle sind weißlich gefärbt. Mit den abgerundeten Ohren und den großen, schwarzen Knopfaugen ist die Haselmaus eine putzige Erscheinung.
Da sie sehr scheu und klein ist, bekommt man sie nur schwer zu sehen. Sie hinterlässt jedoch Spuren, die auf ihre Anwesenheit hinweisen: Haselnüsse mit kreisförmigen Löchern und glatt ausgenagten Kanten verraten sie ebenso wie die charakteristischen Kugelnester aus Laub und Gräsern in dichter Strauchschicht. Drei bis sechs freistehende Nester werden pro Individuum gebaut. Und zwar dort, wo die Vegetation am dichtesten ist. Der Durchmesser eines Sommernests beträgt 6-12 cm, Wurfnester können zwischen 10-15 cm erreichen.
Lebensweise und Fortpflanzung
Haselmäuse sind von April bis November aktiv. Tagsüber schlafen sie in gut versteckten Kugelnestern in einer Höhe von 30-90 cm über dem Boden im dichten Gestrüpp, in denen sie im Sommer 3-5 Jungen aufziehen. Die geringe Geburtenrate durch nur einen Wurf pro Jahr gleicht die Haselmaus durch eine vergleichsweise lange Lebensspanne von etwa 2-4 Jahren aus.
Je nach Saison und Verfügbarkeit ernährt sich die Haselmaus von Knospen, Blüten und Insekten sowie Beeren, Nüssen und Samen. Da der Boden wenig Schutz vor Feinden bietet, wird er gemieden. Offene Flächen, lückige Hecken und nicht durchgehende Sträucher trennen Habitate und somit Populationen.
Zwischen Oktober und April hält die Haselmaus in einem gut isolierten Nest in der Streuschicht Winterschlaf. Um Energie zu sparen, rollt sie sich zu einer kleinen Kugel zusammen, senkt die Körpertemperatur und verlangsamt die Herzschlagrate auf ein Zehntel. Nur alle paar Minuten macht der kleine Schläfer einen Atemzug. Während dieser Zeit verliert er etwa die Hälfte seines Körpergewichtes.
Lebensraum und Verbreitung
Die Haselmaus bewohnt Laub- und Mischwälder mit artenreichem Unterwuchs, strukturreiche Waldsäume und breite artenreiche Hecken. Die Krautschicht bietet Schutz und Nahrung zugleich. Sie ist vorwiegend in Mittel- und Südeuropa, im Osten bis zur Wolga und nördlich bis Kleinasien sowie bis in eine Höhe von knapp 2000 m verbreitet. Da sich die Haselmaus von Knospen und Blüten, Beeren und Nüssen ernährt, braucht sie eine abwechslungsreiche Landschaft mit vielfältigen Nahrungsquellen.
Gefährdung und Schutz
Die Haselmaus ist in den Naturschutzgesetzen der Bundesländer, in der Berner Konvention (Anhang III) und nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Anhang IV) der Europäischen Union als streng geschützte Art anerkannt und aufgelistet. Da für Haselmäuse ein Tötungs- und Störungsverbot gilt, muss vor unvermeidbaren Eingriffen in ihrem Lebensraum sichergestellt werden, dass keine Individuen wissentlich zu Schaden kommen. Dies gilt auch außerhalb ausgewiesener Schutzgebiete.
Viele ihrer Lebensräume wie artenreiche Hecken und strukturreiche Waldränder sind in den letzten Jahrzehnten durch Verbauung, Lebensraumzerschneidung und intensivierte Bewirtschaftung verschwunden, die verbliebenen Flächen sind oft zu klein und liegen isoliert.
In Österreich gäbe es noch genug Lebensraum für die Haselmaus. Zu ihrer Bestandsentwicklung gibt es aber – vermutlich aufgrund ihrer versteckten Lebensweise – kaum Daten. Um mehr über die Verbreitung der Haselmaus in Österreich zu erfahren, braucht es also fleißige Citizen Scientists: Wer seine Sichtung auf naturbeobachtung.at teilt, liefert der Wissenschaft wertvolle Daten und leistet so einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz.
Wissenswertes
Wissenschaftlich gesehen handelt es sich bei der Haselmaus nicht um eine Maus, sondern um einen Bilch oder Schläfer. Dieser Name rührt vom bis zu bis zu sieben Monate dauernden Winterschlaf. Die nötigen Fettreserven liefern zum Beispiel Haselnüsse, Hainbuchennüsse, Bucheckern, Eicheln. Zu einer Kugel zusammengerollt verbringt die Haselmaus dann die Wintermonate. Ihre Körpertemperatur senkt sie dabei von ca. 37° C auf etwa 4° C ab.
Wenn im Sommer Temperatur und Nahrungsverfügbarkeit nicht optimal sind, kann die Haselmaus in eine Art Ruhezustand verfallen: „Torpor“ nennt sich dieses Phänomen, bei dem unter ungünstigen Umweltfaktoren die Stoffwechselrate und Körpertemperatur reduziert und somit der Tagesenergieverbrauch deutlich gesenkt wird.
Wir danken „apodemus – Privates Institut für Wildtierbiologie“ (apodemus.at) für die Unterstützung. Weitere Informationen zur Haselmaus gibt es unter www.kleinsaeuger.at.
Sämtliche Inhalte (Fotos ausschließlich mit Copyright) dürfen für Berichte über die Arten des Jahres verwendet werden. Wir freuen uns über ein Belegexemplar!