Der Eurasische Luchs mit seinen unverkennbaren Pinselohren und dem kurzen Schwanz gehört mit Braunbär, Wolf und Vielfraß zu den großen Beutegreifern Europas. Lange Zeit war er in Österreich und ganz Mitteleuropa aufgrund von direkter Verfolgung und Lebensraumverlust ausgestorben. Dank verschiedener erfolgreicher Wiederansiedlungsprojekte seit den 1970er Jahren ist er in manchen Regionen Österreichs wieder heimisch. Die Luchse hierzulande leben im Mühl- und Waldviertel, in der Region Nationalpark Kalkalpen sowie in Vorarlberg und vereinzelt in Tirol. Für ein langfristiges Überleben des Luchses in Österreich braucht es weitere aktive Unterstützungsmaßnahmen. Dafür setzt sich auch das gemeinsame Projekt von Naturschutzbund Österreich und den Österreichischen Bundesforsten ein.
Beschreibung
Der Luchs ist ein typischer Waldbewohner, schneller Kurzstreckenläufer und geschickter Kletterer mit ausgezeichnetem Seh- und Gehörsinn. Eine Maus hört er auch, wenn sie 50 Meter entfernt ist!
Die Kopf-Rumpf-Länge der hochbeinigen Katze beträgt 80 bis 120 cm. Mit einer Schulterhöhe zwischen 50 und 70 cm wird er etwa so groß wie ein Schäferhund, wiegt aber nur etwa 20 kg. Kuder, also Männchen, sind schwerer als Weibchen, Katzen genannt. Charakteristische Merkmale sind der verhältnismäßig kurze Schwanz (15 bis 25 cm) mit schwarzer Spitze und die Ohren mit den etwa vier Zentimeter langen dunklen Haarbüscheln (Pinsel). Dazu kommen die im Verhältnis zu den Vorderbeinen längeren Hinterläufe, die dem Luchs eine einzigartige Silhouette und extreme Beschleunigungs- und Sprungkraft verleihen. Das Fellmuster eines Luchses ist so einzigartig wie ein menschlicher Fingerabdruck. Die breiten und dicht behaarten Pfoten ermöglichen es dem Luchs, wie mit Schneeschuhen auch bei Tiefschnee gut voranzukommen und verschaffen ihm einen Vorteil gegenüber seiner Beute, die mit ihren Hufen tief einsinkt.
Lebensweise und Fortpflanzung
Luchse sind Einzelgänger. In unseren Breiten beanspruchen sie zwischen 50 bis 400 km2 für sich, wobei sich die Reviere von Weibchen und Männchen – markiert durch Harnmarken –überlappen. Als Ruhelager sind Felsen oder reich strukturierte Waldbereiche mit Versteckmöglichkeiten beliebt. Wie alle Katzen verfügen auch Luchse über einen ausgeprägten Spieltrieb. Der Eurasische Luchs ist der größte Vertreter unter den Luchsen und führt ein heimliches Leben. Dabei verlässt er sich in der Regel auf seine gute Tarnung.
Im Februar/März beginnt die Paarungszeit, auch Ranz genannt. Nach einer Tragzeit von etwa 70 Tagen kommen meist zwei – in Ausnahmefällen bis zu vier –Jungen zur Welt. Die Luchsin sorgt allein für die Aufzucht der Jungen. Sie leben von Milch, bis sie im Alter von etwa 2 Monaten der Mutter an den Riss (gerissenes Beutetier) folgen können. Die Jungen, von denen nur rund 25 % die ersten beiden Lebensjahre überstehen, bleiben bis zur nächsten Ranzzeit bei der Mutter. Nach etwa zehn Monaten also machen sich die halbwüchsigen Luchse auf die Suche nach einem eigenen Revier und einem Paarungspartner. Dabei legen Kuder – die männlichen Luchse – mitunter beachtliche Strecken zurück. Nicht so allerdings die Katzen. Sie suchen sich lieber in der Nähe ihrer Mutter ein Revier und meiden größere Barrieren wie Autobahnen. Das ist – zusammen mit der geringen Reproduktionsrate – auch der Grund für die geringe Ausbreitungstendenz des Luchses.
Ausgewachsen gelten Luchse am Ende des zweiten Lebensjahres. Junge Weibchen nehmen meist im zweiten Lebensjahr, junge Männchen im dritten Lebensjahr an der Reproduktion teil. In freier Natur werden sie maximal 10-15 Jahre alt. In freier Natur werden sie maximal 10-15 Jahre alt.
Fress- und Jagdverhalten
Der Luchs ist ein Pirsch- und Lauerjäger, der sich an seine Beute anschleicht und sie nur auf einer kurzen Strecke und mit wenigen großen Sätzen verfolgt. Beim Beutefang springt er bis zu sieben Meter weit! Die bevorzugte Beute des reinen Fleischfressers sind kleine und mittelgroße Huftiere, wie Reh und Gams. Aber auch Mäuse stehen am Speiseplan. Gelegentlich werden zudem Füchse, Feldhasen, junge Wildschweine und Vögel erbeutet. Dass der Luchs seine Beute von Bäumen aus anspringt, ist ein Mythos aus alten Zeiten.
Der tägliche Nahrungsbedarf von Luchsen liegt bei ca. 2 kg Fleisch. Haben Luchse ein größeres Beutetier gerissen, ernähren sie sich oft mehrere Tage davon. Danach kann der Luchs auch ein paar Tage hungern. Im Schnitt erbeutet der Luchs etwa 50-60 Rehe im Jahr. Da Luchse natürlicherweise nur in geringen Dichten vorkommen (ca. 1 Luchs/10.000 ha) entspricht das im Verbreitungsgebiet 0,5 Rehen pro 100 ha und Jahr.
Lebensraum und Verbreitung
Der Luchs bewohnt gerne größere, zusammenhängende Wälder mit ausreichend Rehwild, Strukturreichtum durch dichtes Unterholz, Totholz, eingestreute Lichtungen oder felsige Partien, kommt aber auch in reich strukturierter Kulturlandschaft vor.
Natürliche Luchsvorkommen gibt es in Europa heute noch in weiten Teilen Skandinaviens, im östlichen Polen, entlang des Karpatenbogens und in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Die von uns aus gesehen nächstgelegene ursprüngliche Luchspopulation lebt in den slowakischen Karpaten. Dank Wiederansiedlungsprojekten ab den 1970ern (in der Schweiz, Tschechien, Slowenien, Deutschland, Österreich) gibt es auch in Mitteleuropa wieder mehrere, allerdings vielfach voneinander isolierte, Populationen. Diese sind jedoch noch zu klein, um langfristig überlebensfähig zu sein. Dazu kommt, dass sie aufgrund der geringen Anzahl an Gründertieren eine geringe genetische Vielfalt aufweist, die für Populationen aus Wiederansiedlungen typisch ist. Daher ist die Vernetzung zwischen den Populationen zum Genaustausch ein wesentlicher Faktor für ihr langfristiges Überleben.
Um dem Luchs in Österreich nach seiner Ausrottung eine dauerhafte Zukunft zu geben, darf nicht allein auf die Zuwanderung von Tieren aus den Nachbarländern gesetzt werden. Anders als beim Wolf erobert der Luchs neue Territorien nur äußerst langsam und stets am Rand bestehender Kernvorkommen. Die Luchse im Mühl- und Waldviertel gehören zur Böhmisch-Bayerisch-Österreichischen Population, die Luchse in der Region Nationalpark Kalkalpen sowie in Vorarlberg und Tirol zur alpinen Population. Die alpine Population ist nicht zusammenhängend und besteht aus vier überwiegend voneinander getrennten Sub-Populationen. Genetische Analysen haben ergeben, dass die alpine Population die geringste genetische Vielfalt von allen europäischen Luchspopulationen aufweist.
Ähnliche Arten
Durch die Größe und Fellmusterung ist die Verwechslungsgefahr mit Haus- und Wildkatzen gering. Von den Hundeartigen ist er aufgrund seines markanten Aussehens gut zu unterscheiden.
Gefährdung und Schutz
Die größte Gefahr für Luchse in Mitteleuropa geht vom Menschen aus. Auch in Österreich gelten illegale Verfolgung, Tod durch Straßenverkehr und Lebensraumzerschneidung – insbesondere durch Infrastrukturvorhaben – als die stärksten negativen Einflüsse. Zudem stellen für die Luchspopulationen, an denen Österreich Anteile hat, Inzucht und eine daraus womöglich resultierende geringere biologische Fitness potentiell eine Gefahr dar. Das gilt insbesondere für das kleine Vorkommen in der Region Nationalpark Kalkalpen.
FFH-Richtlinie
Der Luchs ist eine EU-weit geschützte Art. Das Erreichen und die Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands sind das erklärte Ziel der unionsrechtlichen Vorgaben.
Der rechtliche Schutz von wildlebenden Tierarten wird in Österreich von den Bundesländern geregelt. Der Luchs ist in allen Jagdgesetzen der Bundesländer aufgeführt und ist dort ganzjährig geschont, beziehungsweise nicht jagdbar. Entsprechend den Vorgaben der FFH-Richtlinie sind das absichtliche Stören, Fangen oder Töten, aber auch weitere Beeinträchtigungen wie die Störung der Ruhe- und Fortpflanzungsstätten von Luchsen in allen Bundesländern verboten.
Wissenswertes
Unter dem Motto „Für unsere wilden Katzen“ arbeiten Naturschutzbund und Bundesforste schon seit mehreren Jahren erfolgreich zusammen. Dabei steht auch der Luchs im Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit. Wir informieren über die Lebensweise, Besonderheiten und Bedürfnisse des heimlichen Jägers. Und wir analysieren die Situation des Luchses in Österreich, um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die helfen eine überlebensfähige Luchspopulation zu erreichen. Die Österreichischen Bundesforste engagieren sich darüber hinaus im Bereich Monitoring sowie Bewusstseinsbildung und informieren im Rahmen von Schulungen über die Rückkehr des Luchses.
Weitere Informationen zum Luchs:
www.naturschutzbund.at/luchs.html
Österreichische Bundesforste
http://luchs.boehmerwaldnatur.at
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