Streuobstbestände sind vielfältige und unersetzliche Lebensräume in unserer Kulturlandschaft. Im Streuobstanbau wird die traditionelle Obstsortenvielfalt erhalten und er liefert wertvolles Tafel- und Verarbeitungsobst. Mit der „Streuobstsorte des Jahres“ wird eine Sorte stellvertretend für alle gefährdeten Obstarten vom Verein ARGE Streuobst Österreich ins Rampenlicht gerückt.
Als Streuobstsorte des Jahres 2025 wurde die Apfelsorte Falchs Gulderling aufgrund ihrer wertvollen Eigenschaften und der einzigartigen Sortengeschichte gekürt.
Herkunft & Entstehung
Die Herkunft und Entstehung liegen weitgehend im Dunkeln. Überliefert ist, dass der Wirt des Gräflich-Enzenberg‘schen Schlosses Tratzberg bei Jenbach in Tirol um 1920 Anton Falch, Fachlehrer an der Landwirtschaftlichen Landeslehranstalt in Rotholz, auf diese robuste und anspruchslose Sorte aufmerksam gemacht hatte. Dem geschätzten Alter nach dürfte der Mutterbaum bereits um 1870 dort gestanden sein. Anton Falch nahm nach eingehender Prüfung die pomologisch nicht bestimmbare Sorte im Jahre 1926 als „Tratzberger Apfel“ in das Tiroler Normalsortiment auf und sorgte für ihre Verbreitung. Anlässlich des 20-jährigen Bestandsjubiläums des Verbandes der Tiroler Obstbauvereine im Jahre 1929 wurde die Sorte in Anerkennung der pionierhaften Leistungen der Obstbau- und Pomologenfamilie Falch in „Falchs Gulderling“ umbenannt. Denn schon der Vater von Anton Falch war begeisterter Obstbauer gewesen und legte 1875 die erste Baumschule Tirols an, wo er Apfel- und Birnensorten vermehrte und Neuzüchtungen prüfte. Antons Brüder waren ebenfalls im Obstbau tätig und ständig, so wie er selbst, darauf bedacht, den Obstbau in Tirol voranzutreiben. Auch sein Sohn Ernst blieb dem Obstbau treu, während dessen Bruder sich auch dem Gartenbau widmete und Chef der österreichischen Bundesgärten wurde.
Ernte – Genuss – Aussehen – Verwendbarkeit
Falchs Gulderling ist Mitte bis Ende Oktober erntereif und von Dezember bis April bei guter Lagerung genussreif. Die Früchte sind groß, meist kugelig, teils schwach stumpfkegelförmig mit gelblichgrüner Schale, die fast vollständig braunrot bis dunkelrot bedeckt sein kann. Die zahlreichen Schalenpunkte sind nur mäßig auffallend und auch die Berostung, die durch Verletzungen der Fruchthaut entsteht, ist nur teilweise vorhanden. Das saftige, weißliche Fruchtfleisch ist säuerlich-süß.
Die Sorte ist besonders empfehlenswert für Auspflanzungen auf Hoch- und Halbstamm. Die Bäume sind sehr widerstandsfähig gegenüber Krankheiten, Schädlingen und Frost. Die bis zum Frühjahr lagerfähigen Früchte sind universell verwendbar, insbesondere als Tafelobst und in der Küche.
Pomologische Beschreibung
Synonyme, Herkunft, Verbreitung
"Tratzberger Apfel"; Herkunft unbekannt; Mutterbaum stand ab ca. 1870 am Gut Tratzberg bei Jenbach (Tirol); in Tirol stärker, im übrigen Österreich gering verbreitet
Frucht
Fruchtmuster: ca. 25-jähriger Halbstamm, Gemeinde Thaur (Tirol)
Größe: groß; 59-73 mm hoch, 71-81 mm breit, 136-190 g schwer
Form: meist kugelig, teils schwach stumpfkegelförmig, mittel- bis gering stielbauchig; teils etwas ungleichhälftig; Querschnitt rundlich; Relief glatt, seltener gering kelchrippig
Schale: glatt, glänzend, mitteldick, mittelzäh; Grundfarbe gelblichgrün bis grünlichgelb; Deckfarbe braunrot bis dunkelrot, verwaschen bis deckend, darüber teils diffus schwarzrot gestreift bis gefleckt, Deckungsgrad 80-100%; Lentizellen zahlreich, klein, hellgrau, mäßig auffällig; Berostung gering, punktförmig, kleinfleckig, netzartig, hellbraun
Stielbucht: tief, eng, oft hellgrün; teils dünn kurzstrahlig hell graugrün berostet; Rand glatt bis gering grobrippig
Stiel: kurz, 5-11 mm, mitteldick, holzig, braun
Kelchbucht: mitteltief, mittelbreit, faltig; teils hellbraun kurzstrahlig berostet; Rand feinrippig
Kelch: klein, geschlossen; Blättchen aufrecht, zusammengeneigt, kurz, schmal, grau, an der Basis vereint; Spitzen meist kurz zurückgebogen
Kelchhöhle: mittelgroß, kegelförmig, selten trichterförmig mit mittelbreiter Röhre
Kerngehäuse: mittelgroß, mittelständig; Achse gering hohl; Kammern mittelgroß, geschlossen bis schlitzartig offen; Wände bohnenförmig, stark ausgeblüht gerissen; viele Kerne, mittelgroß, rundlich bis oval, braun, mittelgut ausgebildet; Gefäßbündel im Fruchtlängsschnitt hell gelblichgrün, zwiebelförmig
Fleisch: grünlichweiß bis gelblichweiß, fest, mittelfeinzellig, saftig; säuerlich-süß, ohne sortentypische Würze; Zucker: 52-58 °Oechsle; 10,7-11,9 °KMW; 12,2-13,6 °Brix;
Erntereife: Mitte bis Ende Oktober; Genussreife: Dezember bis April
Baum
Wuchs: mittelstark; Krone auf Sämling breitpyramidal
Sonstige Eigenschaften: robust, geringe Standortansprüche
Verwendung
Tafel, Küche
Text: Siegfried Bernkopf
Ernenner: ARGE Streuobst Österreich
Auskunft Bäume, Edelreiser: Klaus Strasser: osogo@gmx.at
Weitere Auskünfte zur ARGE Streuobst Österreich und zur „Streuobstsorte des Jahres“: www.argestreuobst.at
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