2020: Gerandete Jagdspinne

(Dolomedes fimbriatus)

Die Gerandete Jagdspinne, Dolomedes fimbriatus (Clerck, 1757), gehört zur Familie der Jagdspinnen (Pisauridae). Diese Spinnenfamilie zählt weltweit 356 Arten. In Europa kommen sieben Arten vor. Die Gattung Dolomedes ist in Europa mit zwei Arten vertreten: D. fimbriatus und D. plantarius (Clerck, 1757).

© Maarten Jacobs ARABEL

Beschreibung
Mit Körperlängen von 15-22 mm bei Weibchen bzw. 10-13 mm bei Männchen ist die Gerandete Jagdspinne eine der größten heimischen Spinnen. Der Körper wirkt ausgesprochen untersetzt und kräftig. Die Grundfärbung ist gelbbraun bis schwarzbraun (bei Jungtieren grünlich bis oliv) und die Körperseiten haben meist helle Randstreifen (daher der deutsche Name), die sich über die ganze Längsseite des Vorder- und Hinterkörpers ziehen. Diese müssen allerdings nicht immer ausgebildet sein.

Lebensweise
Die Gerandete Jagdspinne überwältigt ihre Beutetiere frei jagend ohne Fangnetz. Sie lebt vorzugsweise an Ufern stehender und (langsam) fließender Gewässer, in Sumpfgebieten, in Mooren, auch auf Feuchtwiesen und in Au- bzw. Bruchwäldern. Dort lauert sie auf der Wasseroberfläche in der Nähe von Pflanzen auf (Wasser-)Insekten, Kaulquappen und kleine Fische. D. fimbriatus bewegt sich bei der Jagd geschickt auf der Wasseroberfläche. Sie liegt mit dem ganzen Körper im Wasser, kann aber dank ihrer dichten Körperbehaarung die Oberflächenspannung des Wassers nutzen und über Wasser bleiben. Bei Gefahr oder um Beute zu machen, kann sie auch abtauchen. Dabei bildet sich eine Luftblase um ihren Körper, die nach dem Auftauchen platzt und eine trockene Spinne aus dem Wasser entlässt.

Die Paarung erfolgt meist im Mai oder Juni. Ab Ende Juni erfolgt die Eiablage, danach wird der ca. 1 cm große Kokon (mit bis zu 1.000 Eiern) vom Weibchen ständig mitgetragen, und zwar mit den Giftklauen (und nicht wie bei Wolfspinnen an den Spinnwarzen befestigt!). Kurz vor dem Schlüpfen wird der Kokon in der Ufervegetation aufgehängt, mit einem Gespinst umgeben und bewacht. Später können weitere Eiablagen folgen, bei denen aber die Eizahl und Größe von Kokon zu Kokon abnehmen. Die Entwicklung der Jungspinnen ist offenbar zweijährig. Sie überwintern meist subadult und häuten sich Anfang Mai zum letzten Mal.

Dolomedes fimbriatus ist fast ganzjährig, zumindest von März bis Oktober anzutreffen, vor allem die Weibchen.  Es ist davon auszugehen, dass zumindest diese mehrjährig leben, die Hauptaktivitätszeit der Männchen erstreckt sich von Mai bis August.

© Gernot Kunz

Verbreitung und Gefährdung
Die Gerandete Jagdspinne ist paläarktisch verbreitet. In Mitteleuropa ist sie meist in der planar-kollinen Höhenstufe (bis 800m Seehöhe) vertreten, in Österreich gibt es Fundmeldungen bis 1.250m Seehöhe. Sie kann stellenweise sogar sehr häufig angetroffen werden. Durch die Zerstörung vieler ihrer bevorzugten Lebensräume (Moore und Feuchtgebiete) ist sie seltener geworden, gilt aber noch nicht als gefährdet. Aufgrund des Klimawandels ist allerdings zu erwarten, dass sie künftig doch in eine Gefährdungskategorie eingestuft werden wird.

Ähnliche Art
In (Mittel-)Europa kommt eine weitere Art vor, nämlich Dolomedes plantarius mit ähnlichem Habitus (meist ohne helle Seitenstreifen) und Größe (Körperlänge Männchen 10-16 mm, Weibchen 13-20 mm) sowie einem ähnlichen Lebensraum, eventuell mit einer Bevorzugung von größeren See- und Moorgebieten. Sie scheint noch stärker an das Wasser gebunden zu sein und benötigt besonnte und offene Uferflächen zur Fortpflanzung. Diese Art ist verstärkt von April bis August anzutreffen, die Weibchen noch ein bisschen länger bis September.

Generell wird diese Art aber selten gefunden. Eine sichere Unterscheidung ist allerdings nur nach Geschlechtsmerkmalen möglich. 

Warum wurde die Gerandete Jagdspinne zur Europäischen Spinne des Jahres gewählt?
Als eine der größten heimischen Spinnen an Gewässerufern ist sie gut sichtbar und zeigt zudem eine bemerkenswerte Anpassung an ihren Lebensraum, der leider immer mehr bedroht und gefährdet ist. Diese Art ist vor allem durch den Verbau von Ufern, die Beseitigung von Röhricht- und Schwimmblattvegetation, das Austrocknen von Mooren und die Verkleinerung entsprechender Wasserlebensräume gefährdet.

© Gernot Kunz

Mit der Wahl der Spinne des Jahres soll aber nicht nur eine „wenig beliebte“ Tiergruppe ins rechte Licht gerückt und auf einen bedrohten Lebensraum hingewiesen werden, sondern gleichzeitig erhoffen sich die Wissenschaftler, Daten zur aktuellen Verbreitung zu bekommen. In diesem Sinne: Erfreuen Sie sich an der Spinne des Jahres und helfen Sie mit ihrer Fundmeldung oder ihrem Foto bei der Dokumentation dieser Art.

Gewählt wurde die „Europäische Spinne des Jahres“ von 83 Arachnologen aus 26 europäischen Ländern. Die Koordination der Wahl liegt beim Naturhistorischen Museum Wien, in Zusammenarbeit mit der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) und der European Society of Arachnology (ESA).

Text: Christoph Hörweg

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