2025: Gewöhnliche Fischernetzspinne

Segestria senoculata

Die Gewöhnliche Fischernetzspinne ist Spinne des Jahres 2025! Mit dieser Art kann erstmals ein Vertreter der Fischernetzspinnen – mit einigen bemerkenswerten Eigenheiten – vorgestellt werden: sechs statt acht Augen, charakteristisches Spinnennetz, einzigartige Beinstellung.

Die Gewöhnliche Fischernetzspinne, Segestria senoculata, gehört zur Familie der Fischernetzspinnen, Segestriidae. Diese Spinnenfamilie besteht weltweit aus fünf Gattungen mit 181 Arten. Die Gattung Segestria, Echte Fischernetzspinnen, umfasst 22 Arten, von denen acht Arten auch in Europa vorkommen.

© Hubert Höfer

Verbreitung, Lebensraum & Gefährdung
Die Gewöhnliche Fischernetzspinne ist paläarktisch verbreitet und kommt in ganz Europa vor. Die Höhenverbreitung reicht von der planar-kollinen Höhenstufe – bis 800 m Seehöhe – bis zur Waldgrenze in ca. 2200m Höhe in den Zentralalpen. Segestria senoculata lebt im Wald und in Block- und Schutthalden. Aufgrund ihrer Häufigkeit und einer großen Habitatverfügbarkeit wird sie in den Roten Listen als „nicht gefährdet“ eingestuft.

Beschreibung
Die Körperlänge er Gewöhnlichen Fischernetzspinne beträgt bei Weibchen 7 bis 10 mm, die Männchen sind mit 6 bis 9 mm etwas kleiner. Beide Geschlechter ähneln sich in Färbung und Zeichnung. Der Vorderkörper ist glänzend braun, der ovale Hinterkörper blass beige/grau, dorsal mit dunkelbraunem, gelappten/lateral gebuchtetem Mittelband – ähnlich dem dunklen Muster einer Kreuzotter. Die Beine sind hellbraun und dunkel geringelt. Die meisten Spinnenarten haben acht Augen, die Fischernetzspinnen besitzen jedoch nur sechs, die in drei Gruppen von je zwei Augen angeordnet sind und von oben gesehen ein grobes "H" bilden.

Lebensweise
Wie alle Fischernetzspinnen ist die Gewöhnliche Fischernetzspinne vorwiegend nachtaktiv und legt für den Beutefang ein charakteristisches Spinnennetz an: Das Spinnennetzt wird in Form eines röhrenförmigen Gespinstschlauch in Ritzen und Spalten, beispielsweise unter Baumrinden, Steinen etc. angelegt. Vom Vordereingang der Wohnröhre gehen strahlenförmig einzelne Seidenfäden aus, die als Stolperdrähte für vorbeikommende Beutetiere – vor allem Insekten – gesponnen werden und entsprechende Vibrationen weiterleiten.

Nach Einbruch der Dunkelheit bewegt sie sich Segestria senoculata zum Eingang der Wohnröhre, wo sie auf Beute lauert. Dabei zeigt sie eine für alle Fischernetzspinnen charakteristische Beinstellung: Die ersten drei Beinpaare sind nämlich zusammen nach vorne und das vierte Beinpaar nach hinten gerichtet – was unter allen Spinnenarten weltweit einzigartig ist!

Paarungzeit
In der Paarungszeit verlassen die Männchen die Wohnröhren, um sich auf die Suche nach Weibchen zu begeben. Geschlechtsreife Tiere der Gewöhnlichen Fischernetzspinne können ganzjährig angetroffen werden. Trifft ein paarungsbereites Männchen auf das Netz eines Weibchens rüttelt es an den Signalfäden. Reagiert das Weibchen nicht aggressiv, kommt es zur Paarung, bei der das Männchen mit gespreizten Kieferklauen den Hinterkörper des Weibchens umklammert. Nach der Paarung werden die Eier vom Weibchen in der Wohnröhre befruchtet und in einen ovalen Kokon eingesponnen. Dieser enthält zwischen 60 und 180 Eier. Die Gewöhnliche Fischernetzspinne benötigt ebenso wie ihre beiden mitteleuropäischen Schwesterarten rund zwei Jahre bis zur Geschlechtsreife.

Ähnliche Arten
In Mitteleuropa kommen noch zwei weitere Segestria-Arten vor: die Bayerische Fischernetzspinne, Segestria bavarica, die etwas größer– nämlich bis zu 14 mm – ist, und deren dunklen Flecken am Hinterleib nicht durchgehend sind, sowie die Mächtige Fischernetzspinne, Segestria florentina, die bis zu 22 mm groß wird und einen gänzlich schwarz gefärbten Körper hat.

Spinne des Jahres 2025
Mit der Wahl der Spinne des Jahres soll einerseits eine „wenig beliebte“ Tiergruppe ins rechte Licht gerückt und auf bedrohte Lebensräume – hier natürliche Kleinstlebensräume wie Ritzen und Löcher an Baumrinden und Felsen – hingewiesen werden. Andererseits erhoffen sich die Wissenschaftler*innen, Daten zur aktuellen Verbreitung zu bekommen. In diesem Sinne: halten Sie beim nächsten Spaziergang im Wald, bei der nächsten Wanderung auf den Bergen die Augen offen und helfen Sie mit ihrer Fundmeldung bei der Dokumentation dieser Art: www.naturbeobachtung.at.

Die Koordination zur Spinne des Jahres liegt beim Naturhistorischen Museum Wien, in Zusammenarbeit mit der Arachnologischen Gesellschaft (AraGes) und der European Society of Arachnology (ESA).

Text: Christoph Hörweg & Norbert Milasowszky
Ernenner: Naturhistorisches Museum Wien, Arachnologischen Gesellschaft (AraGes), European Society of Arachnology (ESA).

 Bilder: Alle Bilder auf dieser Seite dürfen für Pressezwecke in Zusammenhang mit Berichten über die Natur-des-Jahres-Themen unter Angabe der Bildquelle verwendet werden. Wir bitten Sie um ein Belegexemplar. Weitere Bilder finden Sie hier.

 

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