| naturschutzbund | Position zu gebietsfremden, für den Naturschutz problematischen Pflanzen
Manche zugewanderte Pflanzen bereiten hierzulande Probleme – sei es als übermächtige Konkurrenz zu heimischen Pflanzen, als Bedrohung ganzer Ökosysteme, oder als wirtschaftliches bzw. gesundheitliches Risiko für uns Menschen. Eine vollständige Entfernung dieser Arten ist unmöglich, deshalb braucht es dringend einen Handlungsleitfaden für den weiteren Umgang mit diesen invasiven gebietsfremden Pflanzen.
Pflanzen sind schon immer „gewandert“ oder vom Menschen verbreitet worden. Ackerbeikräuter folgten den Bauern seit neolithischer Zeit ebenso wie heute pflanzliche Urlaubsmitbringsel aus den Gärten verwildern. Durch den globalen Gütertransport und die erhöhte menschliche Mobilität werden immer wieder wissentlich oder unwissentlich Pflanzen, aber auch andere Lebewesen, in die unterschiedlichsten Regionen dieser Erde gebracht. Pflanzen, die nach 1492 in andere Regionen gelangt sind, bezeichnet man als Neophyten oder gebietsfremde Pflanzenarten. Damals begann das Zeitalter des weltumspannenden Güter-Austausches. Nur wenige Arten, die in ein neues Gebiet gelangen, sind dort auch überlebens- bzw. vermehrungsfähig, die wenigsten können sich wirklich etablieren.
Nur ein geringer Anteil dieser neuen Arten hat auch wesentliche unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten und Lebensgemeinschaften. Diese als „invasiv“ bezeichneten Arten – Pflanzen aber auch Tiere – treten z.B. mit heimischen in Konkurrenz um Lebensraum und Ressourcen und verdrängen sie oft nachhaltig. Sie können Struktur und Funktion von Ökosystemen verändern. Manche bringen auch wirtschaftliche und – wie z.B. Riesenbärenklau oder Ragweed – sogar gesundheitliche Probleme mit sich.
Um die biologische Vielfalt und ihre natürliche Dynamik zu erhalten, besteht dringender Handlungsbedarf.
Vorsorgen.
Die Einfuhr potentiell-invasiver und invasiver Neophyten sollte grundsätzlich vermieden werden. Der Import einiger invasiver gebietsfremder Pflanzenarten bzw. deren Teile sind bereits EU-weit verboten, das Pflanzenschutzgesetz von 2011 regelt Maßnahmen gegen die Einschleppung und Verbreitung gewisser Arten in Österreich.
Fundierte Grundlagen.
Die Umsetzung von notwendigen Maßnahmen kann nur auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse und in grenzüberschreitender Zusammenarbeit zielführend sein.
Stärkung der Ökosysteme.
Viele der invasiven Arten werden besonders in gestörten Lebensräumen zu einem Problem. Nutzungswandel, hohe Nährstoffeinträge und massiver Lebensraumverlust spielen dabei eine große Rolle. Eine nachhaltige Reduzierung der Bedrohung durch invasive gebietsfremde Arten kann durch eine Stärkung der Ökosysteme erreicht werden – wie z.B. eine reich strukturierte Landschaft mit angepasster Nutzung.
Aktive Bekämpfungsmaßnahmen.
Der Handlungsrahmen gegenüber bereits etablierten gebietsfremden Arten ist beschränkt und kann nur im Einzelfall in besonders schützenswerten Lebensräumen Maßnahmen rechtfertigen. Umfassender Kenntnisgewinn über Ausbreitungskorridore, Verbreitungsvektoren sowie Ökologie der neuen Arten in ihrer Umgebung ist notwendig. Einem Monitoringsystem kommt hier eine entscheidende Rolle zu. Besonders bedeutsam ist eine sachliche, nach Pflanzenart, Gebiet und Ziel differenzierte Betrachtungsweise, auf deren Grundlage Maßnahmen ergriffen werden. Dies erfordert regelmäßige Erhebungen und Information. Sind Schutzgüter betroffen, braucht es aktive Maßnahmen zu deren Erhaltung. So besteht bei negativen Einflüssen auf die lokale Biodiversität, insbesondere auf naturschutzfachlich hochwertigen Flächen Handlungsbedarf, um eine Veränderung des Artengefüges und der Lebensräume zu mindern oder zu vermeiden. Die Chancen, eine Ausbreitung zu verhindern, sind in der Anfangsphase am größten.
Information.
Begleitend ist eine gründliche Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um auch die Bevölkerung für diesen Sachverhalt zu sensibilisieren. In Schulen und Ausbildungsstätten von in der freien Landschaft wirtschaftenden Berufsgruppen sind grundlegende Kenntnisse über gebietsfremde Arten zu vermitteln. In vielen Bereichen, von der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, bis zur Imkerei und dem Handel ist intensive Bewusstseinsbildung erforderlich. Sinnvoll ist auch die verstärkte Einbindung der Bevölkerung, beispielsweise zur Meldung von Standorten invasiver Neophyten.
Gesetzliche Rahmenbedingungen.
Zahlreiche internationale Abkommen, europäische und nationale rechtliche Regelungen sind zur Thematik vorhanden – vom Übereinkommen über die Biologische Vielfalt von 1992 bis zur aktuellen EU-Verordnung zu EU-weit problematischen Arten. Diese geben klar Richtung und Handlungsbedarf vor. Darüber hinaus braucht es nationale gesetzliche Regelungen, um dieser dynamischen und breiten Problematik gerecht zu werden, von der Abfallwirtschaft bis zum Naturschutz.
Weiterführende Informationen zu invasiven Pflanzen- und Tierarten: www.neobiota-austria.at