Die EVN plant einen Neubau des bestehenden Kraftwerks bei Rosenburg am Kamp. Damit werden alte Kraftwerkspläne, die vor 32 Jahren verhindert werden konnten, in Erinnerung gerufen. Das Kamptal ist gerade flussaufwärts von Rosenburg von besonderer landschaftlicher Schönheit. Daher wurde es 1955 unter Landschaftsschutz gestellt. Heute ist es auch als Natura 2000-Gebiet (Europaschutzgebiet Kamp- und Kremstal) nach der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie ausgewiesen. Wegen seiner Naturnähe und als Lebensraum zahlloser Arten wurde der mittlere Kamp zudem von WWF und Umweltministerium in den Katalog sogenannter Flussheiligtümer aufgenommen. Nun hat die EVN den Umweltorganisationen drei Varianten vorgestellt: die Basisvariante Sanierung, die „ökologisch optimierte“ Variante und die „ökonomisch optimierte“ Variante. Wir gehen davon aus, dass die „ökologisch optimierte“ Variante noch im Dezember als Projekt zur Genehmigung eingereicht werden wird. Die Bezeichnung „ökologisch optimierte Variante“ ist als irreführendes Etikett zurückzuweisen, denn sie beinhaltet den Bau eines um 2,5 m höheren Wehrs und damit eine Vergrößerung des Staubereichs um 400 m sowie eine 1.200 m lange Unterwassereintiefung bis zu 1,5 m (Ausbaggerung von 20.000 m³, die im Stauraum deponiert werden). Für die nötigen Transporte zu den Baustellen sind eine Brücke über den Kamp und der Ausbau der Waldwege für Schwertransporter in der Landschaft am Umlaufberg geplant. Neben der Zerstörung von intakten Fluss- und Aulebensräumen durch Überstauung (im Oberwasser) und Eintiefung (im Unterwasser) bringt damit allein der vorgesehene Bau von Zufahrtsstraßen irreversible Schäden für Ökologie, Schönheit und Erholungswert der einzigartigen Landschaft des mittleren Kamptals mit sich.
Es ist sinnvoll, bestehende Wasserkraftwerke zu optimieren. Es ist verantwortungslos, Flussheiligtümer anzutasten und unter dem Aspekt der Kraftwerkssanierung Neubauten zu betreiben.
Der Naturschutzbund Österreich fordert in seiner Position vom 13.11.2015:
Keine weitere Belastung, sondern Rücknahme von Belastungen für den Kampfluss. Das entspricht den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und der beiden Natura 2000-Richtlinien (Verschlechterungsverbot) und den seinerzeitigen Intentionen eines ausgewiesenen „Flussheiligtums“. Die großen Stauseen Ottenstein und Dobra mit ihren negativen Auswirkungen hinsichtlich Temperaturregime und wesentlich gestörtem Sedimenthaushalt, aber auch dem weitgehenden Verlust der bettbildenden kleineren Hochwässer (die in den Stauseen aufgefangen und nicht weiter gegeben werden) belasten den Kamp in einem bereits bedenklichem Ausmaß. Diese Belastungen wirken flussabwärts bis weit in den Kamp-Unterlauf.
Mit dem Prinzip „keine neuen Belastungen“ ist eine Stauzielerhöhung und eine Unterwassereintiefung unvereinbar, da beide Vorhaben aktuell vorhandene, völlig natürliche Flussabschnitte flussaufwärts des vorhandenen Stauraums und flussab in der geplanten Eintiefungsstrecke in Anspruch nehmen und durch Überstauung und Ausbaggern irreversibel verändern.
Die einzigen vom Naturschutzbund akzeptierten Varianten sind daher die Sanierung des vorhandenen Bestandes oder eine Renaturierung des mittleren Kamps, die den Abbruch der Wasserkraftanlage mit sich bringt.
Die Wirtschaftlichkeit der Basisvariante Sanierung lässt sich aus den vorliegenden Daten nicht schlüssig ableiten. Der geringe Gewinn an erneuerbaren Energien (Basisvariante Sanierung 4,2 Gwh/a, entspricht einer Durchschnittsleistung von 480 KW) lassen sich wohl durch weniger naturzerstörende Bauvorhaben als dieses umsetzen.
In Anbetracht der naturschutzfachlichen Bedeutung des mittleren Kamps (Natura 2000 Gebiet u. Landschaftsschutzgebiet & Flussheiligtum) und der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen erscheint für die Variante „Flussrenaturierung“ ein größeres öffentliches Interesse zu bestehen, als für die Variante „Kraftwerksanierung“, die neue Beeinträchtigungen bisheriger freier Fließstrecken mit sich bringen.
Gegenwärtig funktioniert das alte Kraftwerk, das vorgeschriebene Restwasser fließt, sodass zumindest bis 2025 kein Handlungsbedarf, dafür Zeit zum Nachdenken besteht. Wir appellieren an alle Verantwortlichen, dieses Naturjuwel nicht durch vorschnelle Entschlüsse für immer zu entwerten, sondern alle Optionen offen zu lassen.