- ernannt von der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft
Mit dem Steppengras-Schwarzfußporling macht die Österreichische Mykologische Gesellschaft auf einen vom Aussterben bedrohten Porling aufmerksam.
Der Steppengras-Schwarzfußporling [(Picipes rhizophilus) (Pat.) J.L. Zhou & B.K. Cui, = Polyporus rhizophilus PAT. = Cerioporus rhizophilus (Pat.) Zmitr. et Kovalenko], hat ganz spezielle Habitatsansprüche. Er wächst an den Wurzelballen verschiedener Steppengräser, vor allem an Federgräsern der Gattung Stipa. Aufgrund dieses speziellen Anspruchs an das Habitat Steppenrasen und Halbtrockenrasen ist er in Österreich sehr selten. Er gehört zu den Schwarzfußporlingen (Gattung Picipes) innerhalb der großen Gruppe der Porlingsartigen.
Der Fruchtkörper ist ziemlich klein. Der Hut erreicht meist nicht mehr als drei, selten fünf Zentimeter. Er ist jung gewölbt dann verflacht er zunehmend und kann später leicht genabelt sein. Der Hutrand ist relativ scharf und jung oft eingerollt. Die Oberfläche ist matt, fein samtig bis fein schuppig und häufig etwas runzelig. Trocken ist der Hut oft unregelmäßig verbogen. Die Farbe reicht von jung weißlich über cremefarben bis ockerfarben. Das weiße bis weißliche Hutfleisch ist nur 2 – 4 mm dick. Der ganze Pilz hat eine zähe ledrige Konsistenz. Die Röhren und Poren sind dem Hut meist gleichfarben oder etwas heller, nur etwa bis zu 2 mm lang und die Porenmündungen mit 3 - 4 pro mm2 relativ groß. Sie sind unregelmäßig rundlich bis bienenwabenartig geformt und laufen weit am Stielansatz herunter. Der Stiel ist 1 – 3 cm lang und 0,2 – 0,6 cm dick und zentral bis etwas exzentrisch angewachsen. Er ist oft nach oben zu kontinuierlich erweitert oder auch etwas verbogen. Anfangs vollfleischig kann er später (eng)hohl werden. Die Basis ist etwas verdickt oder gleich breit. Er hat dieselbe Farbe wie der Hut, bisweilen ist die Spitze ganz weiß. Das untere Stieldrittel und die Stielbasis sind dunkelbraun bis schwärzlich. Die Oberfläche des Stieles ist kahl.
Verwechslungsmöglichkeiten
Das Wachstum bei lebenden Gräsern ist sehr charakteristisch und für einen Porling einzigartig. Daher kann er auch von Amateuren erkannt werden. Der unauffällige, leicht zu übersehende Pilz, der überdies noch auf Standorte beschränkt ist, die von Mykologen eher selten aufgesucht werden, ist eventuell häufiger, als es auf Grund der wenigen bisher bekannten Fundorte erscheint. Pilzsammler sollten ihm mehr Beachtung schenken.
Lebensweise und Lebensräume
Dieser seltene Porling besiedelt die Rhizome diverser Steppengräser. In Österreich sind nur Funde von Federgras (Stipa) bekannt (ÖMG 2015). Rauschert (1962) und Ryvarden & Melo (2014) nennen weiters: Agropyron (Gewöhnliche Quecke), Bothriochloa (Bartgräser), Calamagrostis (Reitgräser), Chrysopogon (Goldbart), Cynodon (Hundszahngräser), Digitaria (Fingerhirse), Elymus (Quecken), Elytrigia (Haarquecken), Festuca (Schwingel) und Poa (Rispen). Die Lebensweise des Porlings ist ungeklärt, man nimmt Parasitismus oder eine Art von Mykorrhiza an, aber er könnte auch rein saprobiont leben. Die Fruchtkörper wachsen in Verbindung mit abgestorbenen Blattscheiden der Gräser. Jedoch umspinnen lockere Hyphengeflechte die lebenden Graswurzeln (Rauschert 1962).
Phänologie: Er fruktifiziert sowohl im Frühjahr als auch im Herbst. Alte überständige Fruchtkörper können das ganze Jahr über entdeckt werden.
Höhenlagen: In Österreich liegen die zwei Fundstellen zwischen 155 und 160 m Seehöhe.
Verbreitung in Europa: Polyporus rhizophilus wächst in der trockenwarmen Steppenzone im kontinentalen Eurosibirien (Russland, Ukraine, Kasachstan), im Mittelmeerraum (Algerien), und in küstennahen Dünenbereichen, zumeist in Übereinstimmung mit den Wirtsgräsern. Der Typusstandort liegt in einer Hochebene in Algerien. Das Areal erstreckt sich von Nordafrika über Mitteleuropa in die Ukraine, an die Ostsee (Mecklenburg-Vorpommern) bis ins südwestliche Sibirien (Kasachstan) und wahrscheinlich noch weiter nach Osten in pilzkundlich wenig untersuchte Steppen Zentralasiens. Er ist immer nur an vereinzelten Fundstellen als Rarität zu finden.
Funde in Österreich: Es gibt nur wenige und meist weit zurückliegende (80er Jahre) Funde in Österreich, die alle von zwei Fundstellen der Binnendünenbereiche im Marchfeld östlich von Wien stammen, nämlich vom Naturschutzgebiet Sandberge Oberweiden. Erfreulicherweise gelang im Mai 2016 ein Wiederfund. Wie selten er insgesamt sein muss, zeigt sich darin, dass er aus ebenfalls geeigneten Gebieten im stark wärmegetönten, trockenen und sandigen Seewinkel im Nordburgenland bis dato noch nicht gemeldet wurde.
Gefährdung: Der Steppengras-Schwarzfußporling ist auf mehreren europäischen Roten Listen geführt: Deutschland (extrem selten), Österreich (vom Aussterben bedroht), Slowakei (gefährdet), Tschechien (vom Aussterben bedroht) (ausgewertet wurden, falls vorhanden, die Roten Listen der im Abschnitt „Verbreitung in Europa“ genannten Länder in Dämon & Krisai-Greilhuber 2017). Die Art ist also in den meisten Roten Listen mitteleuropäischer Länder enthalten und mindestens als gefährdet eingestuft.
Schutzmaßnahmen: Beim NSG Sandberge Oberweiden handelt es sich um einen Sandsteppenrasen, in dem seltene Pflanzen- (z.B. Sand-Strohblume), Tier- (z.B. Östlicher Kaiseradler) und eben auch Pilzarten ihren Lebensraum finden. Das NSG ist von Intensivlandwirtschaft umgeben und durch Eutrophierung (Eintrag von Nährstoffen aus der Atmosphäre und aus angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen) und durch die Aufgabe traditioneller extensiver Bewirtschaftung und damit dem Vordringen von Robinie, Götterbaum und Föhre gefährdet. Die Situation konnte bereits durch das LIFE-Projekt „Pannonische Sanddünen“ (LIFE) verbessert werden. Die Trockenrasen werden wieder von einer Schafherde kontrolliert beweidet. Als Schutzmaßnahmen sind die Beweidung sowie Kontrolle der Verbuschung weiterzuführen. Wünschenswert wären Maßnahmen zur Reduktion des Nährstoffeintrags.
Es gilt hier: Biotopschutz = Artenschutz!
Text: Irmgard Krisai-Greilhuber, Gerhard Koller, Bilder: Irmgard Krisai-Greilhuber, Anton Hausknecht. Das Bildmaterial darf im Rahmen der Berichterstattung zum Pilz des Jahres 2019 unentgeltlich verwendet werden.
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Unsere Naturschutzarbeit ist vielfältig: Wir kaufen wertvolle Lebensräume frei, säubern Bäche von Müll, bewahren bunte Blumenwiesen vor dem Verschwinden, bringen Nisthilfen an, führen Nachzuchtprogramme für Edelkrebse oder "Urforelle" durch, untersuchen das Vorkommen von Wildkatze, Luchs & Co, u.v.a.m. Als gemeinnütziger Verein ist der Naturschutzbund Österreich auf die Hilfe von umweltbewussten Menschen angewiesen, um weiterhin für die Erhaltung seltener Arten und deren Lebensräume zu kämpfen.
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