Kurzbeschreibung
Die Fruchtkörper des Gestielten Tannen-Schwarzborstlings sind becher- bis tellerförmig, haben einen deutlichen, meist relativ dünnen Stiel und messen ca. 2-6 cm im Durchmesser. Der bis ca. 2 cm lange Stiel ist bei ansitzenden Fruchtkörpern jedoch kaum zu sehen, da er oft tief im Moos bzw. im Substrat eingesenkt ist. Die Innenseite ist oliv- bis schwarzbraun gefärbt, glatt und glänzt bei feuchter Witterung, im trockenen Zustand ist sie matt. Die Außenseite ist etwas dunkler und schwach filzig. Die Art wächst oft gesellig und im zeitigen Frühjahr auf stark vermorschtem und mit Moos überwachsenem Tannen-Totholz. Der Gestielte Tannen-Schwarzborstling gilt als ungenießbar.
Verwechslungsmöglichkeiten
Durch das Vorkommen auf morschem Tannenholz, die frühe Erscheinungszeit und die dunkel gefärbten, gestielten Fruchtkörper ist Pseudoplectania melaena grundsätzlich gut charakterisiert. Am ehesten erscheint eine Verwechslung mit Pseudoplectania lignicola möglich, die ebenfalls dunkle Fruchtkörper ausbildet und im Frühjahr auf Nadelholz wächst, allerdings sind die Fruchtkörper dieser Art kleiner und vor allem auf Fichtenholz zu finden. Pseudoplectania lignicola ist bisher wohl noch nicht in Österreich nachgewiesen worden, aber ein Vorkommen erscheint sehr wahrscheinlich.
Verbreitung in Europa
Die Art folgt dem natürlichen Verbreitungsgebiet der Weiß-Tanne, jedoch sind auch Aufsammlungen außerhalb dieses Areals bzw. von anderen Tannenarten bekannt. Es sind Funde aus Bosnien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Italien, Österreich, Polen, Russland, Schweden, der Schweiz, der Slowakei, Spanien und Tschechien gemeldet (Van Vooren et al. 2013).
Weltweite Verbreitung
Europa, Amerika (Kanada, Mexiko, USA) und Asien (China, Japan und Taiwan) (Van Vooren et al. 2013).
Funde in Österreich
Derzeit sind Nachweise aus Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg bekannt. Die meisten Fundmeldungen stammen aus Vorarlberg (20), gefolgt von Niederösterreich (sechs), Tirol (drei) und den weiteren Bundesländern mit jeweils einer Fundmeldung. Auch bei der Anzahl der individuellen Fundorte (fünf) ist Vorarlberg führend. Tirol ist mit drei Fundorten das einzige weitere Bundesland, in dem die Art von mehr als einer einzigen Lokalität bekannt ist. An geeigneten Standorten kann der Gestielte Tannen-Schwarzborstling jahrelang zu finden sein. Dies ist z. B. im Naturwald Lahnsattel (St. Aegyd am Neuwalde) der Fall, wo die Art 1992 das erste Mal beobachtet wurde, und der jüngste Nachweis aus dem Jahr 2017 stammt. Weitere Fundorte mit Nachweisen in unterschiedlichen Jahren befinden sich nur in Vorarlberg.
Die meisten Meldungen stammen aus den Jahren 2000–2009, gefolgt vom Zeitraum 2010 bis zum aktuellen Jahr. Es scheint jedoch wichtig zu erwähnen, dass die Art seit 2000 bloß von vier neuen Lokalitäten gemeldet wurde (insgesamt sind 12 Fundorte bekannt). Der älteste Nachweis stammt aus dem Jahr 1939 (ÖMG 2017). Nicht zuletzt aufgrund der geringen Zahl von aktuellen Fundorten gilt der Gestielte Tannen-Schwarzborstling in Österreich als stark gefährdet (EN bzw. Gefährdungskategorie 2, Dämon & Krisai-Greilhuber 2017).
Da sich die spezielle Ökologie dieser Art – Wachstum im zeitigen Frühjahr in Tannen-(Misch-)Wäldern – nicht unbedingt mit den bevorzugten Exkursionsgebieten von Pilzsammlern in dieser Jahreszeit deckt, ist wohl davon auszugehen, dass bei gezielter Nachsuche durchaus einige ältere Beobachtungen bestätigt bzw. neue Fundorte entdeckt werden könnten.
Lebensweise und Lebensräume
Der Gestielte Tannen-Schwarzborstling gehört zu den saproxylen Pilzarten, d. h. er ist auf totes Holz als Nahrungsgrundlage angewiesen. In Mitteleuropa wächst er wohl ausschließlich an Holz der Weiß-Tanne (Abies alba). Fundmeldungen von abweichenden Substraten (z. B. Picea abies) sollten mit der kürzlich beschriebenen Art Pseudoplectania lignicola verglichen werden. In anderen Gebieten Europas sind auch Funde an Abies nordmanniana und A. holophylla bekannt. Aus anderen Kontinenten sind folgende Substrate gemeldet: Abies kawakamii (Taiwan), A. religiosa (Mexiko), A. grandis (USA, Kanada) und sogar Thuja plicata (USA) (Van Vooren et al. 2013). In Mitteleuropa zeigt P. melaena eine Tendenz zum Wachstum in natürlichen bzw. naturnahen Wäldern, da das benötigte Substrat (morsches Tannen-Totholz) in vielen Wirtschaftswäldern kaum vorhanden ist.
In Gebieten mit reichlich Totholz kann die Art sehr zahlreich fruktifizieren und gehört dann mitunter zu den häufigsten Frühjahrspilzen. Dies trifft insbesondere auf naturnahe montane Buchen-Tannen-Fichtenwälder wie den Naturwald Lahnsattel (Niederösterreich) bzw. außerhalb Österreichs auf verschiedene Bereiche des Böhmerwaldes zu (vgl. Holec & Kříž 2013). Aus diesem Grund wird P. melaena mitunter auch als Zeigerart insbesondere für naturnahe Wälder angesehen, was unlängst im Vergleich mehrerer naturnaher Buchen-Tannen-Fichtenwälder bestätigt werden konnte (Holec & al. 2015). Pseudoplectania melaena wächst bevorzugt auf liegenden, stark vermorschten, entrindeten und mit Moos überwachsenen Stämmen und dickeren Ästen. Da das Totholz als Wasserspeicher fungiert, kann die Art auch bei ungünstiger Witterung Fruchtkörper ausbilden.
Dämon, W., Krisai-Greilhuber, I., 2017: Die Pilze Österreichs. Verzeichnis und Rote Liste 2016. – Wien: Österreichische Mykologische Gesellschaft.
Holec, J., Kříž ,M., 2013: Current occurrence of Pseudoplectania melaena (Fungi, Ascomycota) in the Boubínský Prales National Nature Reserve. – Silva Gabreta 19(2): 72–80.
Holec, J., Kříž, M., Pouzar, Z., Šandová, M., 2015: Boubínský prales virgin forest, a Central European refugium of boreal-montane and old-growth forest fungi. – Czech Mycol. 67(2): 157–226.
ÖMG (Österreichische Mykologische Gesellschaft) 2017: Datenbank der Pilze Österreichs. Bearbeitet von Dämon, W., Hausknecht, A., Krisai-Greilhuber, I. - http://www.austria.mykodata.net
Van Vooren, N., Moyne, G., Carbone, M., Moingeon, J.-M., 2013: Pseudoplectania melaena (Pezizales): taxonomical and nomenclatural note. – Ascomycete.org 5(1): 47–52.