Dem Naturschutzbund Vorarlberg, in der Folge abgekürzt „NaturVor“, ist es nach langer Vorarbeit gelungen, ein Interview mit einem Vertreter des wichtigsten Tieres der Erde, dem Regenwurm, in der Folge abgekürzt „Rewu“ zu führen. Wegen der vielen Feinde des Rewu soll der Ort des Gesprächs geheim gehalten werden.
NaturVor: Guten Tag, ich bedanke mich ...
Rewu: Nein, halt, so geht das nicht! Niemals dürfen Sie einen Regenwurm mit „guten Tag“ begrüßen. Der Tag, insbesondere das Tageslicht, ist unser größtes Problem. Vielleicht kommen wir später noch genauer dazu. Also bitte immer: „Guten Abend“ oder „gute Nacht“, das stimmt schon eher.
NaturVor: Ich verstehe, Also besser: Guten Abend! Herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, einiges aus ihrem Leben zu erzählen. Zuallererst interessiert unsere Leserschaft, warum Sie in der Vorbesprechung der Bezeichnung „wichtigstes Tier der Erde“ sofort zugestimmt haben.
Rewu: Weil es stimmt! Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes die wichtigsten Tiere in der Erde. Wir leben ja in diesem dunklen Lebensraum und gestalten ihn entsprechend. Davon habt ihr Menschen jede Menge Vorteile.
NaturVor: Man hört und liest ja viel von diesen Vorteilen. Können Sie uns das genauer erklären?
Rewu: Gerne! Wir bohren uns in die Erde, manche von uns bis fünf Meter tief. In diesen Gängen leben wir, fressen, schlafen, legen Eier. Kurzum: Wir machen alles in unseren Gängen. Die Pflanzenteile, die wir in der Nacht in unsere Behausungen ziehen, lassen wir von anderen Lebewesen vorbehandeln. Sozusagen weichklopfen. Was wir dann durch unseren langen dünnen Körper wieder nach draußen entlassen, ist voll von wertvollen Nährsalzen.
NaturVor: Das hört sich spannend an. Wie geht die Geschichte weiter?
Rewu: Die Pflanzen der Umgebung können diese Nährsalze mit ihren Wurzeln aufnehmen und wachsen. Ganz einfach ist das.
NaturVor: Wo liegen denn die größten Herausforderungen in ihrem verborgenen Leben. Wenn wir nicht gerade den Garten umgraben, sehen wir euch kaum, höchstens die Erdhäufchen im Gras.
Rewu: Wir haben viele Herausforderungen, wie sie es nennen. Viele Tiere scheinen ganz verrückt nach uns zu sein, Maulwürfe, Spitzmäuse, aber auch Dachse und Igel, ganz zu schweigen von Störchen, Möwen, Amseln und vielen anderen Vögeln. Damit haben wir leben gelernt. Wir spüren kleinste Erschütterungen und ziehen uns tief in die Erde zurück. Wenn’s geht! Unser größtes Problem sind die harten dichten Böden. Und oft genug finden wir kein Futter mehr an der Oberfläche. Alles kahl.
NaturVor: Kann ich etwas für Sie tun, ich meine, können wir Menschen etwas für euch Regenwürmer tun?
Rewu: Es gibt viele Möglichkeiten, uns zumindest ein wenig zu unterstützen. Lasst uns ein bisschen Nahrung liegen in euren Gärten und Feldern, räumt nicht alles leer im Herbst. Betoniert nicht jedes Jahr noch mehr Flächen zu, unter Teer und Beton können wir nicht leben. Und das Wichtigste: Erzählt euren Kindern, was wir machen. Wir halten die Nährstoffe im Kreislauf! Wir belüften die Böden! Mein Wohnraum sind die zehn cm² rund ums Loch. Abfallproduktion null! Ressourcenverbrauch auch null.
Und jetzt kommt’s: Meine CO2-Bilanz ist der Hammer: Meine Verwandten und ich speichern das
Treibhausgas in Form von Humus tief im Boden. Für Jahrzehnte oder länger. Wir sind die wahren CO2-Helden! Wenn wir nur wenige Zentimeter mehr Humusschicht aufbauen könnten, wäre dem Klima ein großer Dienst erwiesen.
Also: Lasst uns unseren Job machen und sagt einfach danke, das genügt.
NaturVor: Danke, vielen Dank!
Lebendige, gesunde Böden - das können Sie selbst dafür tun