Jahrhundertchance Alpenrhein

Blüte der deutschen Tamariske, ein Highlight der Exkusion © Hildegard Breiner
Blüte der deutschen Tamariske, ein Highlight der Exkusion © Hildegard Breiner

Nachbericht zur Busexkursion am 3. Mai 2015

Die Mastrilser Auen in Graubünden lassen erahnen, welch dynamischer, vielfältiger Lebensraum der Rhein einst war und wie er wieder werden könnte. Diese letzte naturnahe Auenlandschaft am Alpenrhein erkundeten 47 Interessierte bei der Busexkursion von Naturschutzbund Vorarlberg, inatura, WWF St. Gallen – Partner der Plattform Lebendiger Alpenrhein. Die Biologin Monika Gstöhl von der Liechtensteinischen Gesellschaft für Umweltschutz erklärte die Bedeutung der Flussdynamik. Ohne sie ist eine Au keine Au, erst durch die dynamischen Prozesse entstehen die unterschiedlichen Lebensräume. Dafür braucht der Fluss aber Platz. Erst ab einer Breite von rund 300 m, wie sie bei den Mastrilser Auen gegeben ist, entwickelt sich die ganze Fülle an Auenlebensräumen. Im Mosaik aus schnell und langsam fließenden Flussarmen, Kies- und Sandinseln, Flach- und Steilufern, Auwäldern, Tümpeln etc. lebt eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten – von Steinfliegenlarven über Flussregenpfeifer bis zur Seeforelle. Dieser stattliche Wanderfisch steigt vom Bodensee zum Laichen in den Rhein und Nebengewässer auf. Wie wichtig Auen als Laichgewässer für Fische und Amphibien sind, erklärte die Exkursionsleiterin beim Bach Cosanz, der in den Mastrilser Auen in den Alpenrhein mündet. Dort verrieten angenagte Bäume, dass auch Biber in den Mastrilser Auen leben. Die „Werkzeuge“ dieses Landschaftsgestalters konnten die Teilnehmenden am mitgebrachten Biberschädel bewundern. Die meißelartigen Schneidezähne sind auf der Vorderseite durch Eiseneinlagerung orange gefärbt und besonders hart. Beim Nagen schärfen sie sich automatisch nach. Die zartrosa Blüten der Deutschen Tamariske einmal in natura zu sehen, war ein weiteres Highlight der Exkursion. Denn diese Auenpflanze ist nach der Roten Liste in Vorarlberg ausgestorben. Durch Aufweitungen, wie sie im Projekt RHESI geplant sind, könnten für die Deutsche Tamariske, Flussregenpfeifer, Gelbbauchunke und viele andere Auenbewohner wieder Lebensräume am Alpenrhein zwischen Illmündung und Bodensee entstehen.

Einen Blick in die Geschichte der Rheinregulierung bot der Schweizer Rheinbauleiter Dipl. Bauing. FH/MSc Daniel Dietsche, den Ausblick in die Zukunft der Österreichische Rheinbauleiter Dipl. Ing. Dieter Vondrak. Derzeit ist der Alpenrhein für einen Abfluss von 3.100 m3/s ausgebaut, das entspricht ungefähr einem 100-jährlichen Hochwasser. Ein Hochwasserereignis mit einem Abfluss von 4.300 m3/s tritt statistisch alle 300 Jahre auf, aber das kann schon nächstes Jahr sein. Durch ein solches 300-jährliches Hochwasserereignis würde das Rheintal großflächig überflutet und ein enormer Schaden entstehen. Denn gerade das untere Rheintal ist besonders dicht besiedelt und ein wichtiger Wirtschaftsraum. Im Projekt Rhesi soll die Abflusskapazität des Alpenrheins zwischen Illmündung und Bodensee durch Aufweitungen innerhalb von Außendämmen erhöht und der Alpenrhein sicherer bei Hochwasser werden. Gleichzeitig wird aus dem monotonen Kanal wieder ein lebendiger, artenreicher Fluss, der zudem Erholungssuchenden Naturerlebnisse vor der Haustüre bietet - eine Jahrhundertchance! Bis es soweit ist müssen noch viele Fragen z.B. zur Landwirtschaft und zu den Trinkwasserbrunnen im Vorland geklärt und viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Bei Kaffee und Kuchen diskutierten die Teilnehmenden noch rege und ließen den erlebnisreichen Exkursionstag gemütlich ausklingen.

Weitere Infos:

Plattform Lebendiger Alpenrhein: www.lebendigerrhein.org

Projekt Rhesi: www.rhesi.org

 Fotos von der Exkursion

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