Gletscherskigebiete als Müllhalden?

Eine Situationsaufnahme von abtauenden Gletscherskigebieten Westösterreichs

Wenn Gletscher schmelzen … wird die Müllschicht frei…
Vorweg sei betont, dass die erschlossenen Gletscherskigebiete Österreichs rundum zu den schönsten Berglandschaften Österreichs zählen – nach wie vor.
Und wenn sie schon erschlossen sind, sie bitte aber nicht zu übernutzen! Wer von den Ski- und Bergfreunden zuhause seinen Müll feinsäuberlich trennt und richtig abliefert, der möge dies auch am Gletscher und in den Skigebieten tun … und zwar immer und ausnahmslos!
Einige Beispiele der sich häufenden extremen Vermüllung zumindest im Nahbereich der Berg- und Talstationen bei den Parkplätzen einiger der Gletscherskigebiete Österreichs:

Plastik auf Gletschern
Das Abtauen des letzten (Kunst)Schnees über Gletscherskigebieten setzt unzählige Überraschungen frei. Eine diesbezügliche Erkundung des Österreichischen Naturschutzbundes von Ski-Gletschern (des Kitzsteinhorns) ergab, dass im Nahbereich der Tal- und Bergstationen eine unglaubliche Anzahl von Plastikteilen, Zigarettenstummeln, Kaugummis etc. vom tauenden Schnee freigegeben werden. Neben den üblichen Getränkedosen und Snackverpackungen gab es auch Schnapsfläschchen. Stationsnah liegen bis zu zehn Müllteile pro Quadratmeter. In Tallagen würde man solche Bereiche als müllkontaminiert bezeichnen.

Die Gletscherskitouristen sind Gast einer einmaligen Arena, zwischen Gipfeln, Gletschern und Tälern! Die Lifte transportieren stündlich abertausende Skibegeisterte zu ihren Abfahrten. Jeder Quadratmeter der Abfahrten wird millionenfach überfahren. Wie sehen die Gletscherpisten im Sommer aus? Stationsnah, wenn es zur Sommermitte rege taut, werden so unzählige Zigarettenstummel, Snackpackungen, Schnapsfläschchen, abgerissene Kleidungsutensilien, Handschuhe, Skistockteller etc. frei. In drei Minuten kann man davon einen Rucksack füllen. So gesehen in zwei der bekanntesten Gletscherskigebiete Österreichs – aber typisch für manche andere.

Die Analyse des Mülls hat allerdings ein überraschendes Ergebnis erbracht.
Nämlich rund ein Drittel des Mülls, insbesondere größere und von der „Kantigkeit“ her gefährlichere Teile, stammen nicht von den Skitouristen, sondern von Betriebsangelegenheiten, wurden also von Arbeitern der Lift- und Seilbahnstationen achtlos zurückgelassen. Aufgefunden wurden Teile von Beschneiungsanlagen von Rohrleitungen. Zahlreich waren auch die Reste von


Bau- und Instandhaltungsteilen der großflächigen Gletscherabdeckungen.
Kilometerweise lagen Schnüre herum, möglicherweise von Stürmen, verwehte Einzelteile der Gletschermatten, die aus PP bestehen und daher sich in absehbaren Jahren in Mikroplastik verwandeln. Nirgendwo in der Natur werden derart große Plastikflächen der freien Sonneneinstrahlung und somit der Zersetzung durch UV-Strahlen durch Frost und Winde so ausgesetzt wie hier. Das erwartbare große Abschwemmen von Myriaden von Mikroplastikteilen wird in den entwässernden Gebirgsbächen landen und von dort in die Flüsse bis ins Schwarze Meer münden.

Der Naturschutzbund hat seine Ergebnisse den Geschäftsleitungen der Gletscherbahnen schriftlich mitgeteilt und ersucht, mehr zu unternehmen, um die Skifahrer zur Müllabstinenz zu bewegen. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, Gutachten in Auftrag zu geben, ab wann mit einer steigenden Zersetzung der gletscherschützenden Plastikmatten zu rechnen ist, damit sie vor ihrer Auflösung entsorgt bzw. erneuert werden.

Im Hinblick auf die Ausweitung von Gletscherskigebieten sind daher auch die Folgewirkungen einzuschätzen – auch dann, wenn die Betreiber hochheilig versprechen, dass es zu keiner Müllverstreuung auf Gletschern kommen sollte … Wer kann sich darauf verlassen?


Prof. Dr. Johannes Gepp
Vizepräsident Naturschutzbund Österreich

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