Wo liegt der größte Biotop-Verband der Welt, die mit 12.500 km längste geschlossene Naturlandschaft der Erde? Nicht am Amazonas, nicht in Afrika oder Asien, sondern direkt vor unserer Haustür: Die gesamte burgenländische Landesgrenze ist Teil des so genannten "Grünen Bandes", eines weltweit einzigartigen Naturparadieses, das aber auch deshalb so verletzlich ist, weil wir seine Besonderheit zu wenig kennen und schätzen.
Das war kurz gefasst die Botschaft eines in zweierlei Bedeutung bunten Vortrags von Barbara Grabner im Rahmen des "Offenen Tisches" in Kittsee. Bunt war der Vortrag der Referentin, die selbst zu den Pionierinnen der Initiative für das "Grüne Band" in Österreich gehört, dank ihrer mit persönlichen Erfahrungen gespickten und dementsprechend lebendigen Vortragsweise wie auch wegen der vielen farbigen Fotos, mit denen sie die außergewöhnliche Naturlandschaft am ehemaligen "Eisernen Vorhang" vorgestellt hat.
Bei speziellen regionalen Fragen auch mitunterstützt vom burgenländischen Experten Klaus Michalek bot Frau Grabner zunächst einen historischen Rückblick von der Todesgrenze, an der unzählige Menschen starben, weil sie in den Westen kommen wollten, bis zur Gegenwart: Gerade wegen der hermetischen Abriegelung einer breiten Grenzzone durch die politische Trennung Europas ist unbeabsichtigt ein riesiger Streifen nahezu unberührter Naturlandschaft vom finnischen Norden bis in die südlichen Meere Europas entstanden. Wo Menschen nicht hin durften, konnten sich Flora und Fauna ungestört entfalten.
Das "Grüne Band" ist in Barbara Grabners Worten leider noch kein geschlossener Naturschutzgürtel an der ehemaligen Grenze zwischen Ost und West, sondern eine "Perlenkette" von Naturschutzgebieten mit vielen Lücken ohne gemeinsame politische oder gesetzliche Verankerung. Je mehr Unterbrechungen es also gibt, desto gefährdeter ist die Idee als ganze. Doch nirgendwo ist dieser ungewöhnliche ökologische Glücksfall infolge einer eigentlich unglücklichen Ursache so gefährdet wie an der burgenländisch-slowakischen Grenze bei Kittsee.
Denn die besondere Lage der slowakischen Hauptstadt Bratislava als einziger Großstadt direkt an der Grenze bewirkte auch, dass diese Stadt sich nicht wie andere Großstädte in alle Richtungen ausbreiten konnte. Während etwa Wien in sein Umland wuchs, hatte Bratislava die Staatsgrenze und die mit Bauverbot belegte Zone des "Eisernen Vorhangs" vor sich. Dementsprechend groß ist daher jetzt das Interesse von Projektierungsgesellschaften, diese Grünzone so schnell wie nur möglich zu erschließen. Die dementsprechend in die Höhe schießenden Grundstückspreise lassen daher auch illusorisch erscheinen, dass hier Aktionen funktionieren wie beim systematischen "Freikauf" von Flächen für Naturschutzgebiete beim Start der Initiative "Grünes Band" vor inzwischen ziemlich genau 30 Jahren in Deutschland, die dann allmählich auf Österreich und andere Länder erfasste.
Gerade die unmittelbare Betroffenheit der Kittseer Bevölkerung durch Bauprojekte direkt an der Grenze weckte im Anschluss an den Vortrag eine lebhafte Diskussion, in deren Rahmen Kittsees Bürgermeister Hannes Hornek auch darauf hinwies, dass nicht nur aktuelle Baupläne, sondern schon die bestehende Autobahn drastische Eingriffe in das "Grüne Band" bei Kittsee darstellten.
Wer sich von Barbara Grabner in die Welt des Grünen Bands entführen lassen möchte, hat am 12. Juli in Bad Vigaun (Salzburg) die Möglichkeit dazu.