Mit Unterstützung des Lebensmittelhändlers HOFER und seinem Lieferanten Estyria Naturprodukte sowie ausgewählter Vertragslandwirte haben wir die Anlage von Blühstreifen in drei Bundesländern (Steiermark, Burgenland, NÖ) initiiert.
Das Pilot-Projekt gliedert sich in zwei Teile: Das eine Mal werden „nur“ Blühflächen angelegt, das andere Mal werden ausgewählte Felder und ihre Blühstreifen auch wissenschaftlich begleitet. Das Projekt startete im November 2017 mit einem Schulungsprogramm für ausgewählte Estyria-Mitarbeiter. Diese stehen wiederum den Bauern als Berater zur Seite. Anfang 2018 und 2019 schulten unsere beiden Bienenexperten Kathrin Grobbauer und Johann Neumayer jene Landwirtinnen und Landwirte, die sich am Projekt beteiligen.
Im Rahmen dieser Schulungen erhielten die Vertragslandwirtinnen und -landwirte Einblicke in die Bedeutung und den Wert von Blühflächen, den Stellenwert und die Bedürfnisse von Bienen und der sonstigen Bestäuberinsekten. Auch welches Saatgut empfohlen werden kann, welcher Mährhythmus und welcher Mahdzeitpunkt der Beste ist sowie die bienenfreundliche Mähtechnik wurde vermittelt.
Auf dieser Basis legten 84 Bauern Blühstreifen bei rund 680 ha Kürbisfeldern an. Dabei wurden 300 kg Saatgut ausgebracht, die Breite der Blühstreifen betrug zwei bis fünf Meter, die Fläche pro Streifen reichte von 600 - 3.000 m². Die Schulung umfasst die Ziel des Projektes ist es, mit vielen Blühflächen Bienen und anderen bestäubenden Insekten Nahrungsquellen und Lebensraum zur Verfügung zu stellen, die Landwirtschaft dadurch zu fördern und die Landschaft bunter zu machen.
Parallel dazu erfolgt bei besonders interessierten Landwirten eine wissenschaftliche Begleitung. Das heißt, es wird untersucht, welche Insekten wie häufig Kürbisblüten bestäuben. Daraus lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie und ob sich das verbesserte Blütenangebot durch Blühstreifen auf den Kürbiskernertrag auswirkt (Ergebnisse für 2018 siehe unten). Die Projektdauer umfasst 2017-2019.
Wie wirken sich nun Blühstreifen an Kürbisfeldern auf die Bestäubungsleistung von Bienen & Co aus?
Bestäubungsprobleme bei landwirtschaftlichen Kulturen sind mittlerweile auch in Mitteleuropa bekannt. Betroffen davon ist auch immer wieder der Kürbis. Im Obst- und Beerenanbau ist der Einsatz zugekaufter „Bestäubungsdienstleister“ wie Honig- und Mauerbienen oder Hummeln gängige Praxis. Es gibt verschiedene Versuche, dem Bestäubungsproblem entgegenzuwirken: In der Regel werden zusätzliche Bestäuber (Honigbienen- und Hummelvölker) eingesetzt, um die Bestäubungsrate zu verbessern.
Im vorliegenden Projekt wird jedoch erhoben, ob durch Anlage von Blühstreifen die natürlichen Bestäuberpopulationen gestärkt werden und zu einem signifikant besseren Bestäubungserfolg beitragen können. Erste Ergebnisse lassen darauf schließen. Das könnte zu einer win-win-Situation für den Landwirt, aber auch für die Natur führen.
Kürbisgewächse haben schwere, klebrige Pollen, die ausschließlich durch große Insekten übertragen werden können und sind durch ein außergewöhnlich hohes Nektarangebot attraktiv für benachbart sammelnde Hummeln und Honigbienen. Je mehr bestäubende Insekten sich in der Nähe eines Kürbisfeldes aufhalten und vom Kürbis angelockt werden, desto höher fällt der Ertrag aus. Um bestäubende Insekten anzulocken und ihnen vor und nach der Kürbisblüte Nahrung zur Verfügung zu stellen, wurde angrenzend an die Kürbisfelder ein Blühstreifen mit für Bienen attraktiven Pflanzen angelegt.
Untersuchungsgebiete
In drei Regionen (Steiermark, Niederösterreich West/Umgebung Melk und Nordost/Weinviertel) wurden jeweils drei Kürbisanbauflächen miteinander verglichen: Ein Feld „00“ ohne Blühstreifen, ein Feld „10“ mit einem Blühstreifen, der zur Zeit des Beginns der Kürbisblüte gemäht wurde, und ein Feld „11“ mit einem fortbestehenden Blühstreifen.
Untersuchung der Blütenbesuchsraten
Da nur aus den ersten zwei bis drei weiblichen Blüten einer Pflanze jene Kürbisse entstehen, in welchen schlussendlich die Kerne ausreifen, wurden die Blütenbesucher am Beginn der Kürbisblüte (ca. Mitte Juni 2018 und 2019) erhoben.
Datenerhebung Blütenbesucher
In jedem Versuchsfeld wurden drei 2 x 2 Meter große Untersuchungsflächen ausgewählt, die jeweils zwischen 6.00 und 7.15 Uhr sowie zwischen 9.00 und 10.30 Uhr untersucht wurden. Dazu wurden alle offenen Kürbisblüten in jeder Untersuchungsfläche nummeriert, ihr Geschlecht notiert und alle Blütenbesucher (Honig-, Wildbienen samt Hummeln, Schwebfliegen, Käfer) innerhalb von 15 Minuten registriert.
Erhebung der Erntemenge an Kürbissen
Ein bis zwei Tage vor der Kürbisernte im Spätsommer 2018 und im Oktober 2019 wurden bei jedem Versuchsfeld drei Untersuchungsflächen von jeweils 4 x 4 Metern Größe festgelegt. Alle Kürbisse innerhalb dieser Flächen wurden händisch geerntet und die Kerne für jedes Feld separat getrocknet. Diese wurden danach gewogen und daraus der Kernertrag (g/m²) für jedes Feld berechnet.
Ergebnis des 1. Untersuchungsjahres 2018
Die Untersuchungsserie 2018 war gekennzeichnet von großen Differenzen der Hummeldichte zwischen den Untersuchungsgebieten (Abb. links). Konnten bei gleichem Beobachtungsansatz in der Steiermark nur drei Hummeln beobachtet werden, waren es in Hürm (NÖ) 112. Dort besuchten Hummeln die Kürbisse häufiger als die Honigbienen. Während Honigbienen deutlich öfter Blüten auf Feldern mit Blühstreifen besuchten (Flächen 10 und 11), wurde dies bei Hummeln z. T. dadurch kaschiert, dass in Hürm auf allen Flächen eine hohe Hummeldichte zu finden war und in Untergrossau (Stmk) insgesamt fast keine Hummeln vorhanden waren. Was diese großen Unterschiede verursachte, muss derzeit offen bleiben.
In der Auswertung (Abb. rechts) zeigte sich, dass sowohl bei Honigbienen als auch bei Hummeln auf Flächen mit begleitenden Blühstreifen ca. zwei- bis dreimal so viele Beobachtungen gemacht werden konnten als in solchen ohne.
Bei allen Flächen lässt sich ein positiver Zusammenhang der Hummel-Häufigkeit und der Anzahl der Kürbiskerne sehen. Ein solcher Zusammenhang zwischen Bienenbesuch und Kernertrag zeigte sich bei Honigbienen überhaupt nicht. Das erste Untersuchungsjahr ergab demnach, dass Hummeln viel bessere Bestäuberinnen sind als Honigbienen.
Ausblick 2019
Die Untersuchung ist auf zwei Jahre angelegt. Noch sind es zu wenige Stichproben, um die Daten schlüssig interpretieren zu können. Umso gespannter sind alle Beteiligten auf die Auswertung dieses Jahres (2019). Sie wird voraussichtlich Ende des Jahres vorliegen. Aber so viel kann schon verraten werden: Das Ergebnis des Vorjahres scheint sich zu bestätigen: In Kürbisfeldern neben Blühflächen sind mehr Honigbienen und Hummeln zu finden als ohne. Und: Die Kürbiskernanzahl pro Kürbis hängt von der Anzahl der Hummelbesuche einer Kürbisblüte zusammen. Lassen wir uns überraschen!