Gartencenter und Supermärkte rüsten sich jetzt für den großen Sturm, wenn in den Tagen vor Allerheiligen die Gräber gepflegt und geschmückt werden. Das Angebot an Zier- und Zuchtformen steht schon in Reih und Glied, lässt bei den Insektenexperten aber die Alarmglocken schrillen. Immer öfter sind es exotische Arten oder hochgezüchtete „Sorten“, die angeboten werden, mit gefüllten Blüten oder solchen, die sich gar nicht öffnen, jedenfalls ohne Nektar und Pollen. Diese haben – wenn überhaupt – rein dekorativen Wert, für blütenbesuchende Insekten sind sie ohne jeden Nutzen. „Setzen Sie bei der Grabgestaltung (auf) heimische Blumen und Sträucher!“, so der Aufruf von Wildbienenrat und Naturschutzbund.
Da wäre etwa die Sache mit dem Sommerheidekraut, auch Besenheide genannt, auf das einige Wildbienenarten im wahrsten Sinn des Wortes „abfliegen“. Wegen seiner späten Blüte bis über Allerseelen hinaus wird es gerne auf Gräbern gepflanzt. Tatsächlich haben Untersuchungen in Wien gezeigt, dass Friedhöfe wichtige Rückzugsorte für Wildbienen sein können. Doch was wird neuerdings im Handel vor Allerseelen angeboten? Die sogenannte „Knospenheide“, eine Zuchtform die niemals aufblüht. Was für eine Gedankenlosigkeit!
Dabei kann man mit einer naturfreundlichen Gestaltung (nicht nur) von Gräbern, viel für Wildbienen tun. Selbst mit der Bepflanzung kleinster Flächen können wir unsere pelzigen Freunde unterstützen: vom Balkonkisterl bis zum Grab. Dabei sind ästhetische Gestaltung und Bienenfreundlichkeit gar kein Widerspruch, meint der Österreichische Wildbienenrat.
Von den Nutzpflanzen gar nicht zu reden: Obstgehölze, viele Gemüsesorten oder der Kräutergarten sind ein Eldorado für zahlreiche Wildbienenarten. Die Blütenpracht im Garten liefert den Bienen Pollen und Nektar. Der Pollen wird für die Versorgung der nächsten Generation gesammelt, der Nektar dient vor allem als „Treibstoff“ für das eigene Tun der Biene. Beim Pollen sind manche Wildbienen sehr wählerisch. Nicht jede kleine Bienenlarve verträgt jeden Pollen. So gibt es Spezialisten für Körbchenblütler, Schmetterlingsblütler, Lippenblütler, Doldenblütler usw.
Das gilt nicht nur für die Pflanzen, die am besten gedeihen, wo sie daheim sind. Auch die passenden Bestäuber – neben Wildbienen auch Schmetterlinge, Schwebfliegen und manche Käferarten – werden sich über ihre Lieblingsnahrung freuen. Mit exotischen Pflanzen, die im natürlichen Vorkommen von Kolibris oder gar Fledermäusen bestäubt werden, wissen unsere Wildbienen nichts anzufangen. Andere Pflanzen werden durch den Wind bestäubt; auch mit ihnen haben Bienen keine Freude.
Forsythiensträucher tragen Täuschblumen; sie locken Insekten mit ihrer Blütenpracht an, bieten ihnen aber keinen Nektar, der ebenso gelb blühende Dirndlstrauch hingegen wird von vielen Insekten genutzt und bietet dem Menschen im Herbst zudem Früchte zum Ernten. Manche Pflanzenzüchtungen bilden keinen Pollen. Die Gartenbesitzer ärgert der Rosenkäfer, der die schönen, gefüllten Rosen durchwühlt – der Rosenkäfer ist verärgert, weil er die Staubgefäße nicht und nicht finden kann. Selbst beim Samenkauf heißt es als Naturfreund achtsam sein: Zunehmend werden z.B. Samen pollenloser Blumen verkauft, sodass Tischdecken nicht mit herabrieselndem Pollen „verschmutzt“ werden.
Denken wir also beim Garteln und bei der Grabpflege auch an die Natur. Lassen wir das Blühen und Fruchten zu und machen wir Friedhöfe, Parks und Gärten zu Orten des Lebens!
Der Naturschutzbund unterstützt den Wildbienenrat im Rahmen von NATUR VERBINDET ist jetzt „Wild auf Bienen“: Unsere Landschaft muss wieder bunter, vielfältiger und damit insektenfreundlicher werden. Mit Unterstützung von Bund und Europäischer Union will der Naturschutzbund deshalb bedrohten Insekten helfen und zum Wildbienenschutz motivieren und anleiten.
14.10.2020