In Österreich werden mehr und mehr Wildkatzen gesichtet, obwohl die Art hier als „ausgestorben“ gilt. Den Naturschutzbund erreichten Nachweise dieser seltenen Tiere unter anderem aus Vorarlberg und Osttirol. Im vergangenen November ist die Wildkatze schließlich auch in Salzburg aufgetaucht. In der Wachau wurden bereits zum zweiten Mal Jungtiere entdeckt. Das sind nur einige wenige Highlights der vergangenen Jahre. Der Naturschutzbund will mit seinen Aktivitäten zur Etablierung der scheuen Waldbewohnerin beitragen und freut sich auf Mithilfe.
Viele Jahre haben Expert*innen der „Plattform Wildkatze“1 gehofft, dass die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) auch Salzburg mit ihrer Anwesenheit beehrt. Ende November ging der Wunsch in Erfüllung: Ein Mitarbeiter der Österreichischen Bundesforste (ÖBf), die sich seit 2009 im Rahmen der Plattform für das heimische Wildtier engagieren, erhielt von einem Jagdpächter das Foto einer „verdächtigen“ Katze aus einer Gemeinde im Lungau und schickte es an die „Meldestelle Wildkatze“. Aufgrund der deutlichen Wildkatzenmerkmale wurde das Tier von den Expert*innen als sogenannter phänotypischer Hinweis eingestuft. Um zu einem sicheren Nachweis zu kommen, benötigt es eine DNA-Analyse.
Erste Wildkatze in Vorarlberg nachgewiesen
Erstmals übermittelte 2018 ein Vorarlberger Jagdaufseher mittels Fotofalle entstandene Bilder einer auffälligen Katze der Meldestelle. 2019 und 2020 folgten weitere Sichtungen. Das Land Vorarlberg beauftragte daraufhin ein „Wildökologisches Monitoring Wildkatze & Luchs“. So gelang im Frühjahr 2022 der erste genetische Nachweis einer Wildkatze in der Gemeinde Dornbirn. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: vier Nachweise von mindestens zwei unterschiedlichen weiblichen Wildkatzen, die der mitteldeutschen Population zugeordnet werden. „Ein schöner Erfolg. Dennoch bleibt es ein großes Geheimnis, wann und von wo die Wildkatzen nach Vorarlberg gekommen sind und ob es eine Population mit Fortpflanzung gibt“, sagt Ingrid Hagenstein, Naturschutzbund-Vertreterin und Mitglied der „Plattform Wildkatze“.
Wildkatzen-Liebe in der Wachau
Die Art gilt in Österreich nach wie vor als ausgestorben, da seit dem Ende der 1950er Jahre landesweit kein Nachweis für eine Fortpflanzung erbracht werden konnte. 2020 konnte jedoch nachgewiesen werden, dass sich Wildkatzen in der Wachau vermehren. Die ersten Fotos von Jungtieren erreichten den Naturschutzbund 2021. Vergangenen Sommer gelangen in der Wachau neuerlich Fotos von Wildkatzen-Jungen. Der Fund einer toten Wildkatze 2013 war der Beginn der intensiven Suche nach der Art in den Wäldern der Wachau. Seither wird in den dortigen Waldgebieten mittels Lockstöcken, Fotofallen wie auch Naturschutzhunden nach der scheuen Katze Ausschau gehalten. Mittlerweile ist die Wachau – neben Kärnten und dem Nationalpark Thayatal – zum Wildkatzen-Hotspot avanciert.
Es tut sich was in Osttirol
Nach dem ersten Wildkatzennachweis 2013 im Nordtiroler Paznauntal wurde es in Tirol wieder ruhig um die seltene Art. Erst 2022 änderte sich die Lage: Auf Fotofallenbildern aus Osttirol konnten von Expert*innen phänotypische Wildkatzen identifiziert werden. Seither ist die Zahl der bestätigten Hinweise in Osttirol auf sieben gestiegen. Dass die anmutigen Tiere bereits im Kärntner Möll-, Drau- und Gailtal nachgewiesen wurden, könnte auf eine Ausbreitung der Art von Kärnten aus hinweisen.
Unverhofft: Wildkatze in Kärnten gesichtet
Aus dem südlichen Kärnten häufen sich die Hinweise an die Meldestelle. Erst vor kurzem wurde je eine Wildkatze im Umkreis von Dellach im Gailtal sowie im Bezirk Klagenfurt Land gesichtet. Glücklicher Zufall: Bei der Vogelbeobachtung gelang einem Kärntner eine unverhoffte Wildkatzenbeobachtung in der Gemeinde Grafenstein. „Aufgrund der Fotos können wir sagen, dass es sich höchstwahrscheinlich um eine Europäische Wildkatze handelt. Wild- und Hauskatzen sind nicht leicht zu unterscheiden. Hundertprozentige Gewissheit erreicht man nur über DNA-Proben“, erklärt Ingrid Hagenstein. „Seit der Gründung der Plattform sowie der Meldestelle Wildkatze 2009 hat sich das Wissen um die scheue Waldbewohnerin in Österreich deutlich verbessert. Die intensive Informationsarbeit sowie die Möglichkeit, Sichtungen zentral bekanntzugeben, hat die Zahl der Meldungen mittlerweile auf mehr als 1.000 gesteigert“.
Wildkatzen-Projekte made in Austria
Aktuell gibt es österreichweit zwei vom Waldfonds unterstützte Wildkatzenprojekte: Zum einen das Projekt „Netzwerk Wildkatze“ des Naturschutzbundes, dem die „Meldestelle Wildkatze“ zugeordnet ist: Die Meldestelle sammelt sämtliche Sichtungen und lässt sie von Expert*innen der Plattform auswerten. Die Daten fließen in die österreichische Wildkatzen-Datenbank und dienen als Basis für den Schutz und die Verbesserung der Lebensräume der gefährdeten Population. Großes Anliegen des „Netzwerks Wildkatze“ ist zudem, das Tier einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Zum anderen setzt sich auch das Projekt „Wald-Wildkatze-Wiederkehr“ des Vereins Felis für Bestandserhebungen sowie eine wildkatzenfreundliche Gestaltung von potentiellen Lebensräumen des seltenen Tiers ein. „Mit diesen ambitionierten Projekten wollen wir bewirken, dass sich die Wildkatze wieder in Österreich etablieren kann“, sagt Ingrid Hagenstein.
Beobachtungen bitte unter naturschutzbund.at/wildkatzenmeldung.html bekanntgeben.
Wie man eine Wildkatze von einer Hauskatze unterscheidet: HIER
Alle bisherigen Wildkatzen-Sichtungen: HIER
1 Die „Plattform Wildkatze“ ist eine Kooperation von Naturschutzbund Österreich, Nationalpark Thayatal, Österreichischen Bundesforsten, Naturhistorischem Museum Wien, Jagd Österreich, Alpenzoo Innsbruck-Tirol sowie weiteren Wildkatzenexpert*innen.
22.02.2024