Alle wollen Bienen schützen – gemeint ist dabei aber oft nur unser Haustier, die Honigbiene. Aus ökologischer Sicht ist der zunehmende Verlust der Wildbienen, bei uns immerhin 700 Arten, dramatischer als das oft nur auf die Honigbiene bezogene „Bienensterben“, das zweifelsohne die Imker vor große Herausforderungen stellt. Mehr Honigbienenvölker ohne mehr und vielfältigeres Blütenangebot kann Wildbienen sogar gefährden. Bienenschutz bedeutet arten- und strukturreiche Lebensräume ohne Pestizide. Gefragt sind von Sachverstand und Kooperation getragene Schutzprojekte, die alle Bienen berücksichtigen, appelliert der Wildbienenrat.
Wildbienen, zu denen auch die Hummelarten zählen, haben in unserer Umgebung zu kämpfen. Bis ins letzte Eck intensiv bewirtschaftete Äcker und Wiesen sowie „zu Tode gepflegte“ Gärten und Parks bieten ihnen kaum noch Lebensraum.
Viele Menschen wollen inzwischen etwas zum Schutz der Wildbienen unternehmen und unterliegen dem Kurzschluss, was der Honigbiene nütze, müsse auch den Wildbienen helfen. Doch dem ist oft nicht so.
* Zwar brauchen beide ein reiches Blütenangebot. Doch die Honigbiene benötigt im Jahresverlauf Massentrachten wie Löwenzahn, Raps, Robinie oder Weißklee. Blütenarme Zeiten kann sie durch große Honigvorräte und die Hilfe der Imker überdauern. – Wildbienen dagegen brauchen die Blüten verschiedenster Pflanzen, denn ein Viertel der 700 österreichischen Arten sind Nahrungsspezialisten, die auf den Pollen bestimmter Pflanzen angewiesen sind. Im Gegenzug bestäuben sie diese Pflanzen aber auch äußerst verlässlich.
* Während die Honigbiene ihre Behausung vom Imker zur Verfügung gestellt bekommt, müssen Wildbienen adäquate Nistplätze suchen: Je nach Art sind das besonnte Bodenstellen, Totholz mit Käferfraßgängen, leere Schneckenhäuser oder markgefüllte Stängel vorjähriger Himbeeren oder Königskerzen. Nichts von dem findet sich in dichtbestandenen Wiesen oder bis zur Rasenkante gepflegten Gärten. Deshalb informiert der Naturschutzbund mit der Aktion „Wild auf Bienen“, was Wildbienen brauchen und wie man Lebensräume ganz einfach anbieten und pflegen kann.
Eine Vielzahl an Aktivitäten und Broschüren zum „Bienenschutz“ ist leider durch mangelndes Wissen gekennzeichnet. Zum Beispiel präsentiert die Aktion „Wir für Bienen“ in Niederösterreich und Wien den Zwischenfruchtanbau mit Phacelia oder Buchweizen als Maßnahme für den Bienenschutz. Dieser nützt aber nur wenigen Generalisten unter den Bienen, vor allem der Honigbiene. Nicht beachtet wird die Tatsache, dass es die Vielfalt heimischer Pflanzen ist, die den Wildbienen als Nahrung für ihre Brut dient: Korbblütler wie Disteln und Flockenblumen, Kleearten, Platterbsen, Wicken, Kreuzblütler, Glockenblumen, Witwenblumen, Skabiosen, Natternkopf, Resede, Rosen, Weiden, Doldenblütler u.v.m.
„Wenn „Bienenschutz“ ausschließlich auf die Honigbiene reduziert wird, ist das geradeso, als meinte man beim ‚Vogelschutz‘ die Hühnerhaltung“, stellt der Wiener Wildbienenexperte Herbert Zettel klar. So will die „Bienenschutz“-Initiative „Hektar-Nektar“ vor allem die Anzahl an Honigbienenvölkern vermehren. Es gibt inzwischen eindeutige Nachweise, dass Honigbienen in ausgeräumten Landschaften mit wenigen Pollenquellen sogar eine massive Konkurrenz zu Wildbienen darstellen.
„Das gemeinsame Ziel, mehr Blütenangebot zu schaffen, verbindet uns mit Imkerinnen und Imkern. Als Wildbienenrat fordern wir daher eindringlich, dass es mehr Platz für einheimische Pflanzen und natürliche Pflanzengesellschaften geben muss – nicht zusätzliche Massentrachten“, sagt Fritz Gusenleitner, Wildbienenspezialist aus Linz. „Denn Bienenschutzmaßnahmen müssen den Bedürfnissen aller Bienen gerecht werden.“
NATUR VERBINDET ist jetzt „Wild auf Bienen“: Unsere Landschaft muss wieder bunter, vielfältiger und damit insektenfreundlicher werden. Mit Unterstützung von Bund und Europäischer Union will der Naturschutzbund deshalb bedrohten Insekten helfen und zum Wildbienenschutz motivieren und anleiten.
03.06.2020