Offener Brief zum Hochwasserschutz

Feuchtgebietsschutz muss in Landesprogramme

Überschwemmter Auwald © Kovacs
Überschwemmter Auwald © Kovacs

Der Naturschutzbund wendet sich im Namen des Nationalen Ramsar-Komitees an die Landeshauptleute mit der dringenden Bitte, einen umfassenden Feuchtgebietsschutz als integrale Hochwasserschutzmaßnahme in die Landesentwicklungs- und Landesraumordnungsprogramm aufzunehmen.

Das Nationale Ramsar-Komitee, ein Koordinationskomitee der Länder, des Bundes und der NGOs, hat die Aufgabe, für die Umsetzung der Ramsar Konvention, des „Übereinkommens zum Schutz und zur verträglichen Nutzung von Feuchtgebieten“ in Österreich zu sorgen. Aktueller Schwerpunkt seiner Arbeit ist der enge funktionale Zusammenhang zwischen Auenlandschaften und Hochwasserereignissen.

Die Auen sind inzwischen auf derzeit nur mehr 1 % der Österreichischen Landesfläche geschrumpft! Nicht nur der Klimawandel, sondern auch fehlende Auen, naturwidrig „regulierte“ Bäche und Flüsse, in Monokulturen umgewandelte Niederungswiesen sowie Siedlungsräume dort, wo kein Bauland sein dürfte, das sind die wesentlichen Gründe dafür, warum Hochwasser immer wieder zu Katastrophen führt.
Auenlandschaften und Feuchtwiesen, die nicht entwässert, umgeackert, verbaut oder auf sonstige Weise zerstört wurden, dienen als wertvolle Retentionsräume und damit als natürliche Wasserspeicher. Hochwasser oder Überflutungen stellen in diesen Landschaften als natürliche Ereignisse kein Problem dar. Vielmehr schafft ihre Dynamik zusätzlich wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen sowie Erholungslandschaft für uns Menschen.

Die herkömmlichen harten Hochwasser-Verbauungen schützen nicht ausreichend vor Hochwasser. Flüsse im Oberlauf zu verbauen oder zu vertiefen bedeutet auch, ein Problem in den Unterlauf zu verlagern. Die wirksamste, weil naturnahe Methode im Hochwasserschutz besteht darin, Überflutungsräume zuzulassen. Diese sind rar geworden, daher ist es entscheidend, diesen Gewässern den hierfür erforderlichen Grund zurückzugeben. Das ist letztlich nicht nur billiger, sondern bietet mehr nachhaltigen Hochwasserschutz, hochwertigen Naherholungsraum und gesteigerte Biodiversität.

Um die Ziele eines nachhaltigen multifunktionalen Hochwasserschutzes zu erreichen, sind nicht nur die Wasserwirtschaft, sondern auch die Raumordnung und die Agrarbehörden gefordert! Wir wenden uns im Namen des Nationalen Ramsar-Komitees an Sie, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, mit dem Ersuchen, dafür Sorge zu tragen, dass ein umfassender Feuchtgebietsschutz als integrale Managementmaßnahme zum Schutz vor Hochwasserereignissen in das Landesentwicklungs- und Landesraumordnungsprogramm aufgenommen wird.

Mit den Instrumenten der überörtlichen Raumplanung können die verbliebenen Auwälder als natürliche Überschwemmungsgebiete erhalten und verloren gegangene Retentionsräume im Sinne des „passiven“ Hochwasserschutzes zurückgeholt und wiederhergestellt werden. Dazu müssen die bestehenden Raumnutzungsansprüche in den kritischen Bereichen mit der Wasserwirtschaft, der Siedlungsentwicklung, der Agrarbehörde (Ländliche Neuordnung, Grundumlegung) und dem Naturschutz im Sinne eines natürlichen passiven Hochwasserschutzes fachübergreifend koordiniert werden. Natürlicher Hochwasserschutz mit ausreichend großen Rückhalteräumen beim Oberlieger kann Hochwasserspitzen, gleich einem großen Schwamm, abfangen, größere Wassermengen langsam wieder abgegeben und damit katastrophale Überschwemmungen beim Unterlieger verhindern.

Es bedarf einer fachübergreifenden Zusammenarbeit in allen Bundesländern und mit dem Bund, damit Natur-, Lebens- und Wirtschaftsräume nachhaltig funktionieren.

Wir ersuchen Sie, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, geeignete Veranlassungen zu treffen, die aus unserer Sicht notwendige Integration eines umfassenden Feuchtgebietsschutzes in die Landesentwicklungs- und Landesraumordnungsprogramme zu ermöglichen, um damit einen zeitgemäßen und nachhaltigen Hochwasserschutz sicherzustellen.

Für das Nationale Ramsar-Komitee:

wHR Dipl.-Ing. Wolfgang PELIKAN eh.
Gemeinsamer Ländervertreter für die Ramsar-Konvention

DI Dr. Gerhard SCHWACH eh.
Vertreter des Bundes für die Ramsar-Konvention

Univ. Prof. Dr. Michael STEINER eh.
Wissenschaftlicher Vertreter Österreich für die Ramsar-Konvention

Mag. Birgit MAIR-MARKART eh.
Geschäftsführerin Naturschutzbund Österreich

 

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