Österreichs Wildkatzenforscher haben Grund zur Freude: Die jüngsten Ergebnisse der genetischen Analyse von Haarproben brachten gleich zwei neue Nachweise der in Österreich seit Mitte der Fünfziger Jahre als ausgestorben oder verschollen geltenden Wildkatze.
"In den letzten Jahren gab es vermehrt Nachweise von Wildkatzen, die neuen Meldungen verdienen jedoch besondere Beachtung. Erstmals konnte eine Wildkatze in Tirol ausgeforscht werden, noch dazu im Paznauntal, das sicherlich kein typischer Lebensraum für die Wildkatze ist! Dies unterstreicht die Vermutung, dass wir auch dort mit Wildkatzen rechnen müssen, wo wir sie eigentlich nicht vermuten würden. Der andere Nachweis kommt aus dem Nationalpark Thayatal, der seit 2007 mittels Baldrian-Lockstöcken nach der scheuen Waldbewohnerin forscht. Hier gab es in den vergangenen Jahren mehrere Bestätigungen. Der neue Nachweis im nördlichen NÖ lässt darauf schließen, dass es sich dabei nicht um Durchzügler handelt, sondern dass hier eine Wildkatzenpopulation ansässig ist“, so Ingrid Hagenstein, Leiterin der Plattform Wildkatze.
„Die Wildkatze ist für mich ein Phantom!“ so Christian Übl, Leiter des Wildkatzenprojektes im Thayatal. „Sie ist Einzelgängerin, nutzt die Dunkelheit des Waldes für ihre Streifzüge und hält sich tagsüber verborgen. Mittels mit Baldrian präparierten Lockstöcken konnten wir die Wildkatze allerdings „überlisten“ und so mehrmals im Thayatal nachweisen. In den letzten Jahren blieben die Nachweise jedoch aus, wobei nicht klar war, ob sich die Katzen an die Duftstoffe gewöhnt hatten oder ob sie abgewandert sind. Die neue Bestätigung unterstreicht jedoch die These, dass es sich um eine verborgene Population im Waldviertel handelt, umso mehr, da es jüngst auch Meldungen aus dem südlichen Waldviertel in den Laubwäldern der Wachau gibt. Mit seinen naturnahen Hangwäldern, den Wiesen und den wilden, unzugänglichen Seitentälern ist der Nationalpark jedenfalls ein idealer Lebensraum für die Wildkatze!“
Die Haarproben der beiden Wildkatzen wurden bereits 2013 gesammelt und am Naturhistorischen Museum in Wien im Sommer 2014 vorgeprüft. Anschließend gingen die Proben zur genetischen Untersuchung zur Wildtiergenetik Senckenberg nach Deutschland. Es dauerte bis zum Dezember 2014, bis es bei den Wildkatzenforschern zur erfreulichen Weihnachtsüberraschung kam.
Der Wildkatzennachweis aus Tirol stammt aus dem Paznauntal. Der Jäger Paul Tschiderer hatte die Katze im Jänner bei einer Rotwildfütterung auf 1.100 m Seehöhe in einer Lebendfalle gefangen. Der buschige Schwanz und die fleischfarbige Nase erschienen dem Jagdaufseher sehr verdächtig. Nach der Freilassung des Tieres sammelte er einige verbliebene Haare auf und übermittelte diese an den Alpenzoo Innsbruck, ebenfalls ein Mitglied der Plattform Wildkatze. Aus Tirol liegen bisher keinerlei Wildkatzenfunde vor, ein Vorkommen der Wildkatze in der alpinen Gebirgslandschaft wurde bisher ausgeschlossen. Allerdings gibt es frühere Nachweise aus höheren Lagen im Grenzgebiet Steiermark Kärnten.
Die Plattform Wildkatze ist ein Zusammenschluss aller Organisationen, die sich dem Schutz und der Förderung der Wildkatze in Österreich verschrieben haben. Mitglieder sind der Naturschutzbund, die Zentralstelle der österr. Landesjagdverbände, das Naturhistorische Museum Wien, der Alpenzoo Innsbruck-Tirol, der Tiergarten Wels und die Österreichischen Bundesforste. Bisher wurde bereits in mehreren Regionen nach Wildkatzen geforscht, allerdings waren nicht alle Versuche, das Phantom „Wildkatze“ aufzuspüren, von Erfolg gekrönt.
Die Wildkatzenmeldestelle sammelt Sichtungen und Nachweise in Österreich: Meldungen erbeten an: wildkatze@naturschutzbund.at oder mittels online-Formular auf: www.wildkatze-in-oesterreich.at