Maximal 39 heimische Luchse machen wenig Hoffnung auf Arterhalt – Zerschnittener Lebensraum isoliert und Wilderei dezimiert kleine Populationen – Bessere Raumplanung, Bekämpfung von Wildtierkriminalität und Aussiedlungsprojekte können Bestand retten.
Die Naturschutzorganisationen Naturschutzbund Österreich und WWF Österreich und warnen anlässlich des Internationalen Tag des Luchses (11. Juni) vor einer Zukunft ohne Europas größter Katzenart in Österreich. Seit den 1970ern konnten die einst ausgerotteten Luchse erfolgreich wiederangesiedelt werden. Derzeit stagniert ihre Zahl auf sehr niedrigem Niveau. Da die maximal 39 heimischen Individuen aber in kleinen, voneinander isolierten Populationen leben, die kaum Nachwuchs hervorbringen und durch Inzucht genetisch verarmen, droht in den nächsten Jahren ein Rückgang und im schlimmsten Fall ihr gänzliches Verschwinden. „Die Zerschneidung von Lebensraum verhindert, dass einzelne Luchse zur Fortpflanzung zueinander finden. Fälle von Wilderei wiederum dezimieren die isolierten Populationen. Wird dieser Teufelskreis nicht durchbrochen, stehen die Tiere vor dem gleichen Schicksal wie der Bär, der seit 2011 in Österreich als ausgerottet gilt“, warnt Christian Pichler, Artenschutzexperte des WWF Österreich.
„Ein Überleben der Luchse in Österreich kann nur gelingen, wenn die kleinen Populationen mit Aussiedlungsprojekten unterstützt und infrastrukturelle Hindernisse abgebaut werden. Wildtierkriminalität ist zudem konsequent zu bekämpfen“, fordert Lucas Ende, Artenschutzkoordinator vom Naturschutzbund Österreich. Noch gibt es drei heimische Luchsvorkommen. Im Norden des Landes hat Österreich Anteil an der grenzüberschreitenden böhmisch-bayerisch-österreichischen Population. Davon konnten 23 Luchse in Österreich nachgewiesen werden, von denen jedoch kein Exemplar ausschließlich hierzulande lebt. Die Region um den oberösterreichischen Nationalpark Kalkalpen beherbergt eine stark bedrohte Population von derzeit sechs Tieren. Das Vorkommen einiger weniger Luchse in Vorarlberg ist eine Folge der sich langsamen ausbreitenden Population in der Ostschweiz.
Obwohl es in Österreich ausreichend geeigneten Lebensraum und Wildtiere als Beute für den Luchs gibt, scheitert ein stabilisierendes Wachstum des Bestands an fehlenden bundesländerübergreifenden Maßnahmen. „Für die heimischen Luchse ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Sie werden etwa 10 Jahre alt. Nur vier bis fünf Weibchen bringen im Schnitt jeweils zwei Jungtiere pro Jahr zur Welt. Doch lediglich jeder vierte Jungluchs erreicht auch das Erwachsenenalter. Gelingt es nicht für wesentlich mehr Nachwuchs zu sorgen, ist der Fortbestand des Luchses in Österreich bald Geschichte“, warnen Pichler und Ende.
Letztlich ist es eine Frage des politischen Willens, das erneute Aussterben der großen Katzen zu verhindern. Die weitere Zerschneidung der Lebensräume des Waldbewohners, etwa durch Straßen, Siedlungen und Industriegebiete, muss durch bessere Raumplanung verhindert und durch den Bau sicherer Querungsmöglichkeiten überwunden werden. Illegale Verfolgung muss als Straftat konsequent verfolgt und bestraft werden. Zudem kann die Umsiedelung von Luchsen aus anderen Gegenden Europas ihr Vorkommen in Österreich stärken.
09.06.2020