Naturschutzbund-Kritik an bedenklichen Entwicklungen im Artenschutz

Anlässlich des „Welttags des Artenschutzes“ kritisiert der Naturschutzbund die Entwicklungen im österreichischen Artenschutz. Jüngste Erfolge der EU-Naturschutzvorgaben, wie etwa bei Biber, Fischotter oder Kormoran, werden in den Bundesländern mit neuen juristischen „Kunstgriffen“ über Verordnungen konterkariert. Der Naturschutzbund mahnt mehr Achtung vor der Natur ein und fordert eine bundesweite Artenschutz-Koordinationsstelle mit rechtlichen Kompetenzen.

© Helmut Heimpel

Österreich: Schlusslicht im Artenschutz
Österreich bildet EU-weit mit Kroatien das Schlusslicht im Artenschutz. Mehr als 80 Prozent der heimischen Tier- und Pflanzenarten sind laut EU-Bericht in einem „mangelhaften“ bis „schlechten Zustand“. Die bisherigen Schutzbemühungen sind demnach nicht ausreichend für eine Trendumkehr. Ein Grund dafür sind auch die unzureichenden Personalressourcen im amtlichen Naturschutz. Diese wurden in jüngerer Vergangenheit durch Einsparungen noch verschärft.

Verordnungen: Ausnahme wird zur Regel
In dieser Situation werden obendrein immer öfter Abschüsse von streng geschützten Tierarten durch Verordnungen ermöglicht. Die scheinbar einfache Lösung für komplexe Herausforderungen betrifft vor allem Tierarten mit Konfliktpotential im Zusammenleben. Alternative Lösungen bleiben dabei auf der Strecke. Abgesehen von Wien und dem Burgenland hat diese EU-rechtswidrige Praxis mittlerweile in allen Bundesländern Einzug gehalten. Damit wird das europäische Artenschutzrecht in Österreich ausgehebelt und die Ausnahme vom Schutz – also die Vergrämung oder der Abschuss – wird zur Regel. So wurde beispielsweise in Kärnten im vergangenen Jahr insgesamt 65 Mal ein Wolf zum Abschuss freigegeben, während im gleichen Zeitraum 30 Wolfsindividuen im Bundesland nachgewiesen werden konnten. Zugleich gibt es in Kärnten weiterhin keine Fördermaßnahmen für Herdenschutz. In Salzburg sollen nach Plänen der Landesregierung 3.625 Krähen, 560 Elstern und 1.185 Eichelhäher pro Jahr abgeschossen werden können, ohne Belege dafür, dass die Abschusspraxis in der Vergangenheit zur Konfliktbewältigung beigetragen hätte.

Wert der Natur wieder schätzen lernen
Die Ursachen der Mensch-Wildtier-Konflikte werden häufig allein auf das Tier reduziert und Abschussfreigaben mit einer angeblichen „Wiederherstellung der natürlichen Balance“ legitimiert. So werden alle fisch- und fleischfressenden Wildtiere zum Problem – für uns Menschen, nicht für die Natur. Denn die Zuspitzung der Konflikte mit Wildtieren in Österreich basiert überwiegend auf Unwissenheit über ökologische Zusammenhänge und auf drastischen menschlichen Eingriffen in Lebensräume. „Diese Verordnungen sind nicht nur europarechtswidrig, sondern vor allem Sinnbild für das fehlende Naturverständnis einer Konsumgesellschaft, die den Wert der Natur vergessen zu haben scheint“, so Thomas Wrbka, Präsident des Naturschutzbundes Österreich. „Jede Tierart spielt im Netz des Lebens seine eigene, ganz spezielle Rolle und trägt damit zum Erhalt dieses Netzes bei.“

Bundesstelle für Naturschutz dringender denn je
Die Kompetenzverteilung im österreichischen Artenschutz gleicht einem „Fleckerlteppich“. Die Zuständigkeit liegt bei den neun Bundesländern, wobei je nach Bundesland und Tierart entweder das Jagd-, Naturschutz- oder Fischereirecht gilt – teilweise sogar mehrere davon.

Angesichts des eklatanten Artenschwunds ist jedoch eine länderübergreifend koordinierte Konzeption und Begleitung von spezifischen Schutzprogrammen eine wesentliche Voraussetzung für effizienten Artenschutz und würde die Bundesländer maßgeblich entlasten. Der Naturschutzbund fordert daher eine Bündelung der Kompetenzen im Natur- und Artenschutz auf nationaler Ebene. „Natur ist grenzenlos und Arten wandern – über Länder und Staatsgrenzen hinweg. Eine nationale Artenschutz-Koordinationsstelle mit gesetzlichem Auftrag ist daher ein großes Anliegen des Naturschutzbundes“, sagt Thomas Wrbka.

[1] Am 3. März 1973 wurde das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) unterzeichnet. In Österreich regelt das Abkommen seit 1982 den internationalen Handel mit bedrohten Arten freilebender Tiere und Pflanzen. Es hat einen wesentlichen Anteil am Schutz der vom Aussterben bedrohten Arten weltweit.

29.02.2024

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