Mutterliebe mit Flügeln: Die Reise der Storchenmütter zum Brutplatz

Wer kennt sie nicht: Die Störche mit den großen weißen Schwingen, dem langen Hals und den roten Schnäbeln, die hoch oben in ihren Nestern thronen und im Frühjahr – nach ihrer Rückkehr aus Afrika – die Storchenbabys zur Welt bringen. Nun ist es wieder soweit: Die Storchenmamas und -papas haben ihre Horste bezogen, sich verpaart, die Muttervögel haben bereits ihre Eier gelegt und bald werden die Jungen in luftigen Höhen schlüpfen.

© Harald Mark

Der Storch ist in Österreich eine bekannte und beliebte „Sympathieart“ des ländlichen Raumes. Doch nicht nur bei uns, auch in Afrika ist die Art wohlbekannt: Während der Storch bei uns von März bis August residiert, verweilt er in den afrikanischen Winterquartieren von September bis Februar. Aber warum „ziehen“ die Störche, nehmen also diesen weiten beschwerlichen Weg auf sich? Obwohl es weit weniger Aufwand wäre, ganzjährig in Österreich zu bleiben, gibt es einen guten Grund für die eleganten Vögel, die alljährliche Reise auf sich zu nehmen – und dieser Grund heißt Nahrung: Im Winter gib es in Mitteleuropa schlichtweg zu wenig Futter für die Vögel. So wandern sie über die europäischen Wintermonate ins tropische und subtropische Afrika, bis der Frühling in Europa wiederkehrt und sie an die „reich gedeckte Tafel“ zurückkehren. Unterm Strich ist der Aufwand des „Ziehens“ also geringer, als der Aufwand, der mit dem Überleben im mitteleuropäischen Winter einhergehen würde.

Das „Ziehen“, also die alljährliche Reise in südlichere Gefilde, die die Störche in der Regel zwischen August und September antreten, ist für die Tiere nicht ganz ungefährlich: Für die Vögel bedeutet es einen enormen Kraftaufwand, solch lange Strecken zurückzulegen. Um diesen Kraftakt unbeschadet zu überstehen, benötigen sie eine gute körperliche Kondition. Beim „Zug“ schwächelnde Vögel sind leichte Beute für andere Tiere, wie beispielsweise Seeadler, Rot- und Schwarzmilane oder Hyänen. Störche sind sogenannte „Kulturfolger“ und somit eng an Grünland und traditionelle Landwirtschaftsflächen gebunden. Ihre Nester bauen sie am liebsten am Rand von Siedlungsgebieten, von denen man rasch zu landwirtschaftlichen Grünflächen gelangt. Bevorzugt erreichten sie ihre imposanten Horste auf hohen Strukturen: So thronen diese typischerweise auf aussichtsreichen (Kirch-)Türmen, Schornsteinen, Hausdächern, Strommasten oder hohen Bäumen – vorausgesetzt es ist von dort aus nicht weit zur nächsten Grünfläche.

Störche halten sich zur Nahrungssuche nicht nur gerne auf offenen Flächen, sondern auch in Feuchtgebieten auf. Auf ihrem Speiseplan stehen Fische, Mäuse, Regenwürmer, Insekten, Eidechsen, Schlangen, aber auch Frösche und Kaulquappen. Um ihr nicht unerhebliches Gewicht in hohe Lüfte hieven zu können, benötigen die Vögel vergleichsweise viel Nahrung. Weißstörche sind etwa einen Meter hoch, haben eine Flügelspannweite von zwei Metern und wiegen rund dreieinhalb Kilo – wobei Männchen meist etwas größer und schwerer sind. Wenn es gilt, Storchenjunge zu versorgen, steigt der Nahrungsbedarf rapide: So benötigt ein erwachsener Storch täglich etwa 500 Gramm Nahrung, wobei die Jungen sehr rasch denselben bzw. oft sogar einen noch größeren Hunger als die Adultvögel an den Tag legen, da das Wachsen naturgemäß viel Kraft kostet. Schnell führt dieser Umstand dazu, dass eine Storchenfamilie mit vier Individuen insgesamt drei Kilo Nahrung pro Tag benötigt. Störche verbringen also sehr viel ihrer Zeit mit der Nahrungssuche und -aufnahme.

Für den Weißstorch – auch Klapperstorch genannt – und zwar wegen des typischen Klapperns, das die Partner bei der Begrüßung von sich geben, ist das Frühjahr eine besonders arbeitsreiche Zeit: Partner müssen gefunden und bezirzt, Nester gebaut, Eier ausgebrütet und Jungen gefüttert werden. Storchenjunge schlüpfen etwa fünf Wochen nach Eiablage. Das Nest verlassen sie dann nach circa zwei Monaten und machen sich erstaunlicherweise schon im ersten Lebensjahr mit einer Woche Vorsprung vor den Elterntieren gen Süden auf. Zugrichtung und -route sind größtenteils angeboren. Störche besitzen also einen „genetisch eingebauten Kompass“. Die männlichen Tiere kommen früher in Afrika bzw. auch wieder in Europa an, und sind so diejenigen, die die Brutplätze als erstes besetzen. Störche sind nicht – wie oftmals angenommen – bedingungslos treu: So sind sie ihrem Neststandort weitaus treuer als dem Nistpartner. Wenn sie den Neststandort wechseln müssen, wechseln sie dabei auch fast immer ihre Partnerin. Da beide Partner aber in der Regel auch im Folgejahr dasselbe Nest aufsuchen, bleiben Storchenpaare meist viele Jahre, manchmal auch das ganze Leben lang zusammen.

Gemeinsam mit Fressnapf und seiner Dachinitiative „Tierisch engagiert“ rückt der Naturschutzbund seit 2019 den Schutz von Wildvögeln im urbanen Raum in den Fokus. Innerhalb dieser Kooperation erstellte die Naturschutzorganisation auch ein Zugvogel-Quiz, in dem man sein Wissen über unsere jährlich wiederkehrenden geflügelten Nachbarn testen kann. Um den Vogelschutz bestmöglich zu unterstützen, ist Artenkenntnis das Um und Auf, da diese erst ermöglicht, zu erkennen, wie sich die Bestände unserer gefiederten Freunde entwickeln. Wer es schafft, ein Bild eines beobachteten Vogels zu knipsen, kann dieses auf der Meldeplattform www.naturbeobachtung.at oder der gleichnamigen App hochladen und so mit jeder Meldung einen Beitrag zum Arten- & Naturschutz leisten. Gleich HIER registrieren, mitmachen und Arten schützen!

08.05.2025

Zurück

.