Ziemlich umtriebig ist er, der gute Ludek, und auch geschickt beim Bewältigen von Hindernissen. Das (wahrscheinlich) junge Luchsmännchen wanderte zunächst durch Südböhmen und das Mühlviertel, verweilte einige Wochen im Kürnberger Wald bei Linz und begab sich dann wieder auf neuen Wegen durch das Mühlviertel bis in den Freiwald im Waldviertel. Dabei musste er etliche Straßen und sogar die Donau überqueren! Wieso wir das alles wissen? Weil der Naturschutzbund das "Luchsprojekt Österreich Nordwest" u.a. durch Fotofallen unterstützt, die Luchs Ludek auf seiner Wanderung immer wieder fotografierten. Wir meinen, dass es die Geschichte von Luchs Ludek wert ist, erzählt zu werden.
Groß war die Überraschung als im August 2015 ein Luchs bei Linz, im Kürnberger Wald auftauchte. Noch größer war die Überraschung, als sich herausstellte, dass er aus dem tschechischen Böhmerwald zugewandert war und jetzt, jetzt ist er im Freiwald aufgetaucht.
Österreichische und tschechische Luchsforscher trauten ihren Augen nicht recht, als sie beim jüngsten Fellmustervergleich von Luchsbildern aus Fotofallen feststellten, dass der „neue“ Luchs im Freiwald/Novohradske hory, ein alter bekannter ist, nämlich Luchs Ludek.
Dieser Luchs, von dem die Wissenschafter annehmen, dass es ein junges Männchen ist, ist ein richtiger Draufgänger. Erst wanderte er quer durch Südböhmen und das Mühlviertel, überwand die Donau und blieb einige Wochen im Kürnberger Wald nahe Linz. Dort wurde es ihm offensichtlich zu eng, ist dieser Wald doch nur ca. 1.200 ha groß und kommt somit als dauerhaftes Luchsrevier nicht in Frage. So eines misst durchschnittlich 10.000 ha.
Luchse brauchen zudem Artgenossen als Nachbarn, die hatte er dort nicht. Gegen Süden versperrte ihm außerdem allerhand menschliche Infrastruktur den Weg. Denn mit Einkaufszentren, Flughafen, Straßen, Industrie und wenig Wald in der Landschaft hat man als Luchs wenig Freude. Was tun? Also wieder zurück über die Donau in den Norden und auf neuen Wegen durchs Mühlviertel bis ins Waldviertel. Im Grenzgebiet von Oberösterreich, Niederösterreich und Südböhmen, welches auf österreichischer Seite Freiwald und auf tschechischer Seite Novohradske hory heißt, konnte Luchs Ludek schließlich im Oktober und November 2015 mehrfach festgestellt werden.
„Wir kennen den genauen Weg von Luchs Ludek nicht, seine bekannten Aufenthaltsorte liegen aber einmal 70 und dann wieder 60 km Luftlinie voneinander entfernt. Es ist eine beachtliche Strecke, die dieser Luchs hier zurückgelegt hat und es war wohl auch ein recht gefährlicher Weg“, sagt Thomas Engleder vom Luchsprojekt Österreich Nordwest. Auch die neue S10 die Mühlviertler Schnellstraße muss Luchs Ludek irgendwie über- oder unterquert haben, oder aber er ist ihr großräumig ausgewichen. Luchs Ludek unterstreicht einmal mehr, dass die Durchlässigkeit von Landschaften für Wildtiere ein großes Thema ist und dass wandernde Luchse oft nur kurze Zeit in einem Gebiet sind.
Auch gute Kooperationen sind ein großes Thema, zum einen zwischen Naturschutz und Jagd und zum anderen zwischen Österreich und Tschechien. Luchs Ludek kam man nur auf die Spur, weil Luchsbilder sowohl von Jägern als auch von Luchsforschern zur Verfügung standen und weil es zwischen den Wissenschaftern beider Länder seit Jahren gute Kooperationen gibt. Die böhmisch-bayerisch-österreichische Luchspopulation im Böhmerwald und den angrenzenden Gebieten erstreckt sich von der Oberpfalz bis in die Wachau und zählt 60 - 80 selbständige Tiere. Für
ein nachhaltiges Überleben sind das aber zu wenige Individuen. "Es braucht verteilt auf das ganze Gebiet vor allem mehr besser geschützte Teilräume, wo Luchsinnen ihre Jungen erfolgreich groß ziehen können", sagt Thomas Engleder.