Die bisherigen Bemühungen reichen nicht aus, um das langfristige Überleben des Luchses in Österreich zu sichern. Besonders in der alpinen Population braucht es dringend weitere Maßnahmen. Deshalb ruft der Naturschutzbund Österreich zur Zusammenarbeit aller Akteure auf.
In Österreich stellen illegale Verfolgung, Lebensraumzerschneidung und Verkehrstod die größten Gefährdungsursachen für den Luchs dar. Auch wenn die meisten Fälle von Wilderei unentdeckt bleiben, ist zum Beispiel das geringe Durchschnittsalter von Luchsen außerhalb von Schutzgebieten gegenüber jenen in Nationalparken ein Indiz für Wilderei. Unsere Nationalparke sind allerdings zu klein für eine ausreichend große Luchspopulation. So entspricht die Fläche des Nationalparks Kalkalpen der durchschnittlichen Größe von zwei Luchsterritorien. „Daher ist es wesentlich, dass wir dem Luchs auch außerhalb von Schutzgebieten Lebensraum zugestehen. Reich strukturierte Kulturlandschaft und große Waldgebiete mit ausreichend Wild haben wir in Österreich genügend. Beides bietet für den Luchs einen geeigneten Lebensraum“, sagt Lucas Ende, Artenschutzkoordinator beim Naturschutzbund.
Alpine Luchspopulation ist besonders gefährdet
Am größten ist der Handlungsbedarf bei der alpinen Luchspopulation, die sich aus vier getrennten Subpopulationen zusammensetzt. Genau hier liegt das Problem: Die Vorkommen sind klein und leiden teilweise an Inzucht. So sind auch 50 Jahre nach der ersten Wiederansiedlung (in der Schweiz) noch nicht mal 20 Prozent des geeigneten Lebensraums in den Alpen besiedelt. Die sechs Luchse in der Region Nationalpark Kalkalpen bilden einen Teil der alpinen Population, haben aber seit Jahren keinen Nachwuchs hervorgebracht. Das beschäftigt auch die Arbeitsgemeinschaft Luchs Oberösterreichische Kalkalpen (LUKA), in der auch der Naturschutzbund vertreten ist. Laut Experten braucht es dringend Maßnahmen, um die einzelnen Teile der alpinen Population zusammenzuführen, denn eine Wiederbesiedlung über den gesamten Alpenbogen auf natürlichem Wege ist selbst langfristig betrachtet höchst unwahrscheinlich.
Bisher beheimatet Österreich von den rund 160 in den Alpen lebenden Luchsen nicht einmal zehn Prozent. Von dem geeigneten Lebensraum für Luchse im Alpenraum entfallen auf österreichischen Boden aber 30 Prozent. Österreich hat deshalb eine große Verantwortung für den heimlichen Jäger. Es hat sich auch durch internationale Abkommen dem Schutz des Luchses und seines Lebensraums verpflichtet. Luchsmanagement muss länderübergreifend gedacht werden, denn die Tiere haben große Reviere, auch über Grenzen hinweg.
Es braucht eine nationale Luchs-Strategie
Bis heute fehlt Österreich eine nationale Strategie mit länderübergreifenden Abstimmungen zum Schutz des Luchses. Diese muss auch verschiedene Wiederansiedlungsoptionen sowie einen Fahrplan zur Einbindung aller lokalen Akteure beinhalten. Durch die konstruktive Zusammenarbeit von Jägerschaft, Grundbesitzern, Naturschützern, Landes- und Nationalparkverwaltung in der LUKA konnte das regionale Verschwinden eines Luchsvorkommens bisher verhindert werden. Ziel sollte eine selbstständig überlebensfähige Luchspopulation im nördlichen Kalkalpenbereich sein. Dafür müssen in der Steiermark, Niederösterreich und auch Oberösterreich weitere abgestimmte Maßnahmen Richtung Bestandsstützung unternommen werden.
Das in jüngster Zeit in einigen Bundesländern verstärkte Luchs-Monitoring, also die Überwachung des Luchsbestandes, ist ein wichtiger Schritt. Dies kann jedoch nur ein Teil von weiteren Maßnahmen sein. Auch kurzfristige Bemühungen, die lediglich einzelne Luchse zur Bestandsstützung vorsehen, reichen langfristig nicht aus. Die Erfahrungen aus gelungenen Luchsumsiedlungen zeigen, dass eine Startgröße von mindestens 20 Luchsen für die Entwicklung einer erfolgreichen Population notwendig ist.
Die Politik muss aktiv werden
Der Luchs gehört zur österreichischen Tierwelt. Er ist integraler Bestandteil der Biodiversität sowie natürlicher Zusammenhänge und Entwicklungsprozesse. Der Schutz des Luchses und seines Lebensraums kommt vielen weiteren Arten und damit letztendlich dem Menschen zugute. Mit seiner Ernennung zum Tier des Jahres 2022 für Österreich will der Naturschutzbund auf die seltene Katze aufmerksam machen. Deshalb ruft er alle verantwortlichen Politiker dazu auf, gemeinsam mit den Landesjägerschaften, Grundbesitzern und Naturschützern Lösungswege für die Probleme der gefährdeten Katzen zu erarbeiten.
31.01.2022