Neben den Auswirkungen des Klimawandels erhöhen auch touristische Infrastrukturprojekte den Druck auf die sensiblen Alpenräume – selbst in Schutzgebieten. „Das Gaststätten-Projekt der Großglocknerhochalpenstraßen AG (GROHAG) im Bereich des Sonderschutzgebietes Gamsgrube im Herzen des Nationalparks Hohe Tauern Kärnten ist trauriger Beweis für einen leichtfertigen Umgang mit echten Natur-Hotspots. Seit vergangenem April wird über dieses Bauprojekt im Sonderschutzgebiet diskutiert. Im Lichte des jüngsten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs zum Naturschutzgebiet ,Gipslöcher‘ in Lech fordern wir jetzt das endgültige Aus für dieses offensichtlich rechtswidrige Vorhaben“, sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Bauprojekt würde den Schutzzweck des Sonderschutzgebietes rechtswidrig beeinträchtigen
Der VfGH hält in besagtem Erkenntnis fest, dass Österreich laut Naturschutzprotokoll der Alpenkonvention verpflichtet ist, bestehende Schutzgebiete im Sinne ihres Schutzzwecks zu erhalten, zu pflegen und – wo erforderlich – zu erweitern sowie Beeinträchtigungen oder Zerstörungen zu vermeiden. „Ein Bauprojekt würde den Schutzzweck des Sonderschutzgebietes rechtswidrig beeinträchtigen und stünde damit klipp und klar im Widerspruch zu den Vorgaben der rechtlich verbindlichen Alpenkonvention. Der Bereich des Gamsgrubenwegs ist ein hochsensibles Ökosystem, in dem etwa die Schwarzbraune Segge (Carex atrofusca), eine Reliktpflanze aus der Eiszeit und eine der seltensten Arten des gesamten Ostalpenraumes, gedeiht. Der Wert dieses Naturraums und seiner Schutzgüter wurde bei Errichtung des ersten Nationalparks Österreichs derart hochgeschätzt, dass dafür ein Sonderschutzgebiet geschaffen wurde – wir müssen die Schönheit und den Wert der Natur wieder mehr schätzen lernen“, ergänzt Roman Türk, Präsident des Naturschutzbundes.
Schutzgebietserweiterungen: Hilfsmittel zur Bewältigung der Biodiversitätskrise
Statt in Zeiten der Biodiversitäts- und Klimakrise Nationalparks und weitere sensible Ökosysteme mit Bauvorhaben unter Druck zu setzen, ist eine Erweiterung von Schutzgebieten geboten. Dies erfordert auch die EU-Biodiversitätsstrategie, die alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, mindestens 30 % der Landesfläche als Schutzgebiete auszuweisen. „Nationalparks sind wichtige Hilfsmittel zur Bewältigung der Biodiversitätskrise und müssen erweitert werden, um effektiven Naturschutz zu verwirklichen. Dem Nationalpark Donau-Auen z. B. fehlen 2.200 ha wertvollste Auwälder. Im Nationalpark Kalkalpen müssen das Gebiet der Haller Mauern, des Warschenecks und das Tote Gebirge einbezogen werden. Im Nationalpark Gesäuse sind die ursprünglichen Pläne ebenfalls über die derzeitige Fläche von 11.054 ha hinausgegangen. Und im Nationalpark Thayatal steht die Arrondierung mit unbedingt notwendigen Flächen desgleichen aus. Was wir aktuell brauchen, sind Sicherung und Erweiterung von Schutzgebieten, nicht Gefährdung und Beschneidung wertvoller Natur“, so Maier abschließend.
21.02.2022