Der Naturschutzbund verlangt von der österreichischen Bundesregierung die rasche Einführung von Pfand auf Einweg-Verpackungen für Getränke und fordert die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) dazu auf, den Weg dafür freizumachen und die öffentlichen Interessen am Schutz der Umwelt vor betriebswirtschaftliche Vorteile zu reihen!
Die EU-Richtlinie zur Verringerung von Single-Use-Plastic verpflichtet die EU-Mitgliedsländer unter anderem dazu, bis zum Jahr 2029 zumindest 90 Prozent der in Verkehr gesetzten Kunststoffgetränkeflaschen getrennt zu sammeln und stofflich zu verwerten. Gegenwärtig werden jährlich in Österreich rund 1,6 Milliarden Stück verbraucht und davon maximal 70 Prozent recycelt. Die restlichen 30 Prozent landen entweder ungenutzt in der Restmülltonne oder in der Landschaft. Das ist zum einen eine Verschwendung von Ressourcen, die angesichts der Klimakrise nicht weiter tragbar ist. Zum andern ist es eine Verschandelung und Belastung unserer Umwelt durch achtlos weggeworfene und wertlos empfundene Getränkeflaschen (und –dosen).
Umdenken bei der Wirtschaftskammer nötig
Hinhaltenden Widerstand gegen diese unzeitgemäße aber noch immer systemimmanente Verschwendung leistet bis dato die Österreichische Wirtschaftskammer. Sie befindet: „Jetzt ist nicht die Zeit für kostspielige Experimente und eine Einhebung von Pfand auf Getränke-Einwegverpackungen.“ Es gelte, das bestehende System (bekannt als „Gelber Sack“ oder „Gelbe Tonne“) auszubauen. Mit dem „Zehn-Punkte-Plan der WKÖ“ für eine alltagstaugliche Kreislaufwirtschaft wird eine Lösung verfolgt, die alle Verantwortung und einen guten Teil der anfallenden Kosten direkt oder indirekt auf Bürgerinnen und Bürger überträgt. „Damit erreichen wir keine ausreichende Entlastung der Umwelt“, so Winfrid Herbst, Vorsitzender des Naturschutzbund Salzburg und Experte beim Naturschutzbund Österreich.
Unabhängige Studie plädiert für Pfand
Welche Maßnahmen die geforderte Sammelquote von 90 Prozent zu welchen Kosten erreichen lassen, hat eine gemeinsam von der Universität für Bodenkultur, der Montanuniversität Leoben und dem Technischen Büro Hauer erarbeitete Studie (2020) untersucht. Daraus geht hervor, dass die Einführung von Pfand auf Einweg-Getränkeverpackungen die beste Möglichkeit darstellt. Die Variante ist leicht zu begreifen, nachhaltig zu finanzieren und schafft Rücklaufquoten bis zu 98,5 Prozent. Nur 1,5 Prozent der in Verkehr gesetzten Menge geht dabei quasi als Streuverlust verloren. Immer noch zu viel, aber um einiges weniger, als durch das WKÖ-Modell als Verlust in Kauf genommen wird.
Blick nach Deutschland zeigt, dass es funktioniert
Das deutsche Beispiel zeigt – wie alle anderen in Europa schon umgesetzten Pfandmodelle für Getränke-Einwegverpackungen –, dass Pfandlösungen die in sie gesetzten Erwartungen übererfüllen. Das bisher in Österreich verfolgte Modell, die Vorgaben über ein eigenes Sammelsystem einzuhalten, wird bei den neuen, höheren Vorgaben der EU nur mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten zu erreichen sein, ohne die Entlastung der Umwelt sicherstellen und der Rohstoffverschwendung Einhalt gebieten zu können.
„Es muss daher endlich Schluss sein mit halbherzigen Lösungen. Die WKÖ möge ihren Widerstand gegen Pfandlösungen aufgeben und die Bundesregierung ist aufgefordert, alles zu unternehmen, um angesichts des Klimawandels die offensichtliche Verschwendung von Ressourcen zu stoppen“, so Herbst abschließend.
20.04.2021