Rückblick auf den Naturschutztag 2023

© Naturschutzbund NÖ

Auf unserem NÖ Naturschutztag am 14. Oktober in Absdorf stand das Thema „Wiederherstellung von Natur“ im Fokus. In Vorträgen und Diskussionen wurde auf die zentrale Bedeutung von Restaurationen in der Natur hingewiesen. Dazu stellten Expert*innen erfolgreiche Projekte vor. Wir durften uns über mehr als 100 TeilnehmerInnen freuen.

Auf dem Foto von links nach rechts: Florian Danzinger (Umweltbundesamt, Uni Wien), Hannes Seehofer (Welterbegemeinden Wachau), Franziska Denner (Kommunikation Biologie), Moorexperte Axel Schmidt, Norbert Sauberer (V.I.N.C.A), Margit Gross (Geschäftsführerin Naturschutzbund NÖ) und Thomas Wrbka (Präsident Naturschutzbund NÖ und Professor für Restaurationsökologie an der Uni Wien)

Im Rahmen seiner einleitenden Worte wies unser Vorsitzender Josef Greimler auf die Dringlichkeit hin, zerstörte Natur wiederherzustellen: „Der Verlust an Biodiversität schreitet weltweit voran, Arten sterben aus. Die Politik, die Gesellschaft, wir alle sind gefordert, die Biodiversitätskrise, die auch unsere Existenz bedroht, noch in den Griff zu kriegen. Die Wiederherstellung von Natur ist ein wichtiger Schritt, um unsere Chancen auf eine lebenswerte Zukunft zu erhöhen“, sagte Greimler. Margit Gross fügte hinzu: „Vorrang vor der Wiederherstellung von Natur haben natürlich der Schutz und die Erhaltung von noch vorhandener Natur und die Verhinderung von Zerstörung. Doch ohne die Wiederherstellung von verloren gegangener Natur, dort wo sie möglich ist, werden wir die Biodiversitätskrise nicht bewältigen können.“

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Restauration und Renaturierungsprojekte im Fokus von Vorträgen
Thomas Wrbka, Präsident des Naturschutzbund Österreich und Professor an der Universität Wien, gab mit seinem Vortrag erste Einblicke in die Thematik und den Prozess von Naturrestaurationen. So befinden sich europaweit 80 % der Schutzgebiete mit ihren verschiedenen Lebensraumtypen in einem schlechten Zustand. Für die Durchführung von Restaurationsmaßnahmen sind laut Wrbka zwei Dinge entscheidend: Zunächst muss man wissen, wie der Lebensraum, der renaturiert werden soll, vor dessen Zerstörung ausgesehen hat und wie er sich ohne Beeinträchtigung entwickelt hätte. Erst dann lässt sich der Zielzustand der Wiederherstellung definieren. Damit Restaurationsprojekte überhaupt verwirklicht werden können, strich Wrbka die gemeinsame Zusammenarbeit vieler Beteiligten heraus: „Wiederherstellung von Natur ist nur dann möglich, wenn alle an einem Strang ziehen, Naturschutz, Politik und die Grundbesitzer*innen“.

Im Anschluss an diese wissenschaftliche Einführung in die Restaurationsökologie stellten Expert*innen erfolgreiche Renaturierungsprojekte aus der Praxis vor. Norbert Sauberer (V.I.N.C.A - Institut für Naturschutzforschung und Ökologie) widmete sich der Wiederherstellung von Trockenrasen und Feuchtwiesen. Er nannte als Beispiel u. a. den Galgenberg bei Oberstinkenbrunn. Dort konnte man auf einigen Flächen im Laufe der Jahre Robinien zurückdrängen und einen Acker in einen Trockenrasen zurückführen. Hilfreich waren dabei auch Schafe, die in ihrem Fell die Samen vom angrenzenden Trockenrasen auf den Acker transportierten. Am ehemaligen Acker wächst heute sogar das äußerst seltene Zierliche Johanniskraut (Hypericum elegans). Und wo einst Robinien wuchsen, breitet sich heute der Diptam (Dictamnus albus) aus.

Der Biologe Axel Schmidt stellte Moorrestaurierungen im Waldviertel vor. Das Ziel dabei ist es, das Torfwachstum in geschädigten Mooren wieder zu ermöglichen. Moore sind Kohlenstoffspeicher und erbringen wichtige Ökosystemleistungen. Beim Vergleich von Kartierungen aus dem Jahr 1911 mit jenen, die im Rahmen des Moorentwicklungskonzeptes Waldviertel aktuell durchgeführt wurden, zeigt sich, dass wir in den vergangenen 100 Jahren 75 % der Moorflächen im Waldviertel verloren haben. Das größte Problem ist die Entwässerung und deswegen gilt es, im Rahmen von Moorrestaurierungen Entwässerungsgräben zu schließen. Das funktioniert mit Spundwänden, die in die Gräben händisch (bei kleinen Gräben) oder mit dem Bagger (wenn Forststraßen in der Nähe sind) eingebaut werden. Dadurch sollen Moore wieder vernässt, der Moorwasserspiegel über das ganze Jahr nahe an der Oberfläche stabilisiert und damit das Torfwachstum wieder ermöglicht werden. Doch nicht alles kann wiederhergestellt werden, daher müssen wir mit aller Kraft, jene Moore vor weiterer Zerstörung schützen, die noch vorhanden sind.

Hannes Seehofer von den Welterbegemeinden Wachau erzählte von den Gewässerrenaturierungen in der Wachau im Rahmen von LIFE-Projekten. Die Erfolge der Wiederherstellungsmaßnahmen sind unmittelbar an den Fischbeständen zu messen. Durch die Anbindung von Altarmen an die Donau wurden auch Laichplätze für Fische geschaffen, womit die Fischbestände wieder höher geworden sind. Bei Restaurierungsmaßnahmen in Gewässern orientiert man sich an alten Karten, wie dem Franziszeischen Kataster. In einigen Nebenarmen kamen auch Eisvogelbrutpaare hinzu. Zum Teil sind die Inseln schließlich zu Naturschutzgebieten erklärt worden.

Franziska Denner (Kommunikation Biologie) hielt einen Vortrag über die Wiederherstellung von artenreichem Grünland durch den Einsatz von Beweidung. Denner selbst beweidet verschiedene Flächen mit ihren Schafen. Durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft werden heute im Osten Österreichs viele Weide- und Wiesenflächen nicht mehr genutzt. Sie wurden entweder umgebrochen und werden heute intensiv genutzt oder sie verbrachten bzw. verbuschten. Damit verschwand artenreiches Grünland. Setzt man wieder Weidetiere wie Rinder, Schafe, Esel, Ziegen ein, kann eine verbuschte Landschaft wieder offen gehalten und intensiv genutzte und nährstoffreiche Flächen ausgemagert werden. Beides führt zu einer Rückkehr der Artenvielfalt. Darüber hinaus verbreiten Weidetiere über ihr Fell oder ihre Ausscheidungen Pflanzensamen. Der Dung der Tiere fördert die Artenvielfalt auch, indem er Insekten wie Dungkäfer anlockt. Diese sind wiederum Nahrung für Vögel.

Florian Danzinger vom Umweltbundesamt erläuterte den Anwesenden die EU-Verordnung zur Wiederherstellung von geschädigter Natur (Restoration Law). Danach sollen u. a. bis 2030 30 % der Fläche aller FFH-Lebensraumtypen, die in keinem guten Zustand sind, wiederhergestellt werden, bis 2050 sollen es 90 % sein. Die unmittelbar in allen Mitgliedsländern anzuwendende Verordnung wird derzeit noch verhandelt. Näheres können Sie hier nachlesen.   

Diskussion mit den Vortragenden
In einer abschließenden Diskussion waren sich die Vortragenden einig, dass angesichts von Biodiversitätskrise und Klimakrise mehr getan werden und auch ein Umdenken stattfinden muss. „Wir können aktuell nur Flächen schützen bzw. wiederherstellen, auf die wir Zugriff haben, das sind aber nur jene Flächen, die wirtschaftlich nicht mehr interessant sind“, sagte Hannes Seehofer. Thomas Wrbka zeigte sich optimistisch, dass es mehr und mehr Mitstreiter in der Landwirtschaft geben wird, die positiven Beispielen wie der Beweidung und der multifunktionellen Nutzung etwas abgewinnen und ihre Flächen naturschutzgerecht bewirtschaften.

Impressionen vom Naturschutztag finden Sie in unseren Fotoalben auf flickr:
Naturschutztag 2023

Exkursionsrückblicke:
Im GRAND GARTEN
An der Kampmündung bei Altenwörth

Vorträge zur Ansicht:
Wiederherstellung von Trockenrasen und Feuchtwiesen von Norbert Sauberer
Wiederherstellung von Mooren von Axel Schmidt
Gewässerrenaturierungen in der Wachau von Hannes Seehofer
Beweidung zur Wiederherstellung von artenreichem Grünland von Franziska Denner

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