Die Schrautwiese wurde im Jahr 1987 von Ilse und Dieter Schraut für den Naturschutzbund erworben. Die aus Bayern stammenden Mittelschullehrer hatten damals anbei ein Ferienhaus erworben und kümmerten sich aufwändig um die Wiese. Von ihrem Nachbarn, Herrn Kranz, der sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls der Pflege der Wiese angenommen hat, wird Frau Schraut als ausgesprochen pflanzenkundig beschrieben und war so gut wie täglich in der Wiese anzutreffen.
Während die Nachbarparzellen allesamt mit Fichten aufgeforstet wurden, stellt sich die Wiese als ein Hort der Artenvielfalt dar: bei einer ersten Aufnahme im kühlen Mai dieses Jahres konnten bereits über 125 Arten erhoben werden. Dabei muss der Vollständigkeit halber erwähnt werden, dass Frau Schraut wohl auch Einiges eingebracht hat (z.B. Trollblumen), aber das soll auch der Freude des strengen Naturschützers keinen größeren Abbruch tun, ich verweise nochmals auf die umliegenden Fichtenaufforstungen.
Wie man im Bild gut erkennen kann, weist die 3.400 m² große Wiese unterschiedliche Standortstypen auf. Der obere Hangbereich ist eher trocken und mager, mit Fiederzwenke (Brachypodim rupestre) und z.B. Strauchkronwicke (Hippocrepis emerus), Sonnenröschen (Helianthemum ovatum), Flügelginster (Genistella sagittalis) oder auch Rauhaar-Zwerggeißklee (Chamaecytisus hirsutus). In den letzten fünf Jahren hat sich Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) dazugesellt, wie Herr Kranz beobachtet hat. Bei einer Begehung am 25. April wurden hier Wiesen-Knabenkraut (Anacamptis morio), Manns-Knabenkraut (Orchis mascula) und (Dactylorhiza sambucina) vorgefunden, die Orchideenliste wurde am 19. Mai um das Große Zweiblatt (Listera ovata) erweitert.
Gegen den Hangfuß wird die Wiese zunächst nährstoffreicher, dann auch feuchter und geht zuletzt in eine von Knollen-Kälberkropf (Chaerophyllum bulbosum) dominierte Hochstaudenflur über. Es ist viel Kiel-Lauch (Allim carinatum) vorhanden. Im Westen steht ein Nussbaum, um dessen Stammfuß sich ebenfalls Knollen-Kälberkropf gemeinsam mit Wald-Storchschnabel (Geranium phaeum) ausbreitet. Vom im Frühjahr reichlich sprießenden Bärlauch schaffen es leider nur einzelne Pflanzen zur Blüte, da der Bestand geplündert wird. (Wir werden den Versuch unternehmen, dem entgegenzuwirken.) Im Osten wurde ein Teich angelegt, an dessen Rand Sumpfiris (Iris pseudacorus) stockt, in der Wasserfläche wachsen Fieberklee (Menyanthes trifolia, eigentlich eine Moorpflanze) und Laichkraut (Potamogeton natans). In der Vergangenheit wurden schon von Unbekannten ausgesetzte Goldfische abgefischt (wir danken wiederum Herrn Kranz), so dass der Teich als Amphibien-Laichgewässer wieder intakt ist. Im heurigen Frühling hat hier eine Stock-Ente gebrütet.
Eine ein- bis zweimalige Mahd mit spätem ersten Schnitt (Ende Juni/Anfang Juli) erhält dieses Artengefüge. Darüber hinaus sind hier noch weitere Pflegemaßnahmen angezeigt: Vom Wald im Osten breitet sich Adlerfarn aus, der fürs erste bei der Begehung einmal zurückgeschnitten wurde. Auch Berufkraut ist vorzufinden, dem sich Herr Kranz gleichermaßen schon angenommen hat; allen, die diese Pflanze kennen, dürfte allerdings bewusst sein, dass es sich um eine Art Dauerbaustelle handelt. Es wurde auch festgestellt, dass die Herbstzeitlose recht stark vorhanden ist. Die hübsche Pflanze ist leider äußerst giftig und breitet sich auf vergleichbaren Wiesen in den letzten Jahren stark aus. Wir werden den Bestand beobachten, und gegebenenfalls entgegenwirken; sollte die Anzahl konstant bleiben, wollen wir uns freuen – der späte Schnittzeitpunkt bedeutet schließlich, dass die Zwiebelpflanze (ähnlich ihren Verwandten, den Krokussen) sich ins Unterirdische zurückgezogen haben wird und das Heu für die Tiere gut genießbar bleibt.
24.5.2023