Leider fallen neben der Zerschneidung, Intensivierung und zunehmenden Verbauung zudem weiterhin immer wieder zusätzlich wertvolle Einzelstrukturen wie alte Bäume, Hecken, kleine Gewässer, Randstreifen von Feldern oder Äckern, Streuobstbäume Rationalisierungsdenken, erhoffter Gewinnmaximierung oder häufig auch purer Ignoranz zum Opfer.
Norbert Ramsauer, Fachbeirat für den Biotopschutz im Pongau und Vogelkunde (Ornithologie) des Naturschutzbund Salzburg verfasste aus aktuellem Anlass folgendes Schreiben das er unter anderem der zuständigen Landesrätin Daniela Gutschi und dem Bürgermeister von Zederhaus zukommen ließ.
Leserbrief von Norbert Ramsauer, 14. Jänner 2022:
Sehr geehrte Landesrätin! Sehr geehrte Frau Mag Gutschi!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kößler! Sehr geehrter Obmann des Naturparks Riedingtal!
Sehr geehrte Damen und Herren der Gemeindevertretung Zederhaus!
Ich melde mich heute wegen einem Vorgang auf dem Gemeindegebiet der Gemeinde Zederhaus der meiner Meinung nach in einem wohlhabenden Land wie Österreich nicht ins 3. Jahrtausend passt und dessen Rechtmäßigkeit ich aus meinem Rechtsverständnis in Abrede stellen möchte.
Ja, die Grundeigentümer haben viele Rechte auf Ihrem Grund und Boden, Verantwortungsbewusstsein oder gar Pflichten waren vor allem den wohlhabenden Grundstückseigentümern stets ein Dorn im Auge. Förderungen aus dem Topf der steuerzahlenden Bevölkerung nimmt man natürlich gerne an, für Wegebau, landwirtschaftliche Flächen, dazu den staatlichen Schutz seines Besitzes durch Recht, Justiz und Exekutive, aber dreinreden will sich ein Grundbesitzer selten lassen und Auflagen von Staatsseite werden als Einmischung in privates Recht empfunden. Der Staat in seiner Gesamtheit wird erst dann gerufen, wenn man seinen Schutz braucht, wenn es darum geht sein Eigentum gegen andere Einflüsse von außen zu verteidigen.
Aber was ist eigentlich der Anlass meines ungewöhnlichen Schreibens: Für Sie vermutlich ein banaler. Ein Baum wurde gefällt – viele von Ihnen werden an Holz denken. Ein Rohstoff, den es zu verarbeiten und nutzen gilt. Ja, den Rohstoff kann man nutzen, aber sollte es hier nicht auch Grenzen geben. Mir ist es eigentlich egal, ob dieser eine gefällte Baum im oder außerhalb des Naturparks stand, aber ich bin mir sicher, dass dieser Baum sehr viele Menschen in den Bann gezogen hat. Für mich und vermutlich zahlreiche Wanderer war er das Wahrzeichen der Muhreralm im Gebiet des Großen Kesselbachs. Es war ein alte Lärche, offensichtlich sehr alt; vielleicht hätte sie Napoleon gesehen, wäre er mal dort gewesen. Jedenfalls war sie markant, und für die Holzwirtschaft gar nicht mehr soo attraktiv, weil vermutlich ein Naturereignis die Lärche einst zu einer Krüppellärche gemacht hatte und sie sich in etwa 7-8 Metern Höhe verzweigte. Aber abartige Wuchsformen sind nicht ungewöhnlich bei sehr alten Bäumen.
Ich weiß nicht was den Grundstückseigentümer geritten hat: War er so verzweifelt? Hat er ein unmoralisches Angebot bekommen? Reine Gier? Oder war es gar Hass auf die Natur? Oder war es einfach nur Dummheit? Oder hat gar ein Anderer den Baum aus Bosheit gefällt? Ich weiß es nicht!
Ich weiß, dass man gerade in ländlichen Gebieten die Natur vielseits immer noch als reinen Rohstofflieferant betrachtet, als Grundlage für das Leben, dass man sich weiter verbessern will. Es geht vielfach immer noch darum sich der Natur entgegenzustemmen und alles aus ihr herauszuholen was menschenmöglich ist. Aber muss es immer ALLES sein? Ich weiß, dass der NATURPARK Riedingtal für Sie in erster Linie kommerziell interessant ist. Ich weiß auch, dass es den meisten von Ihnen ziemlich egal ist, was mit der Natur passiert, so lange die Besucherzahlen stimmen und etwas Geld in eine kleine ländliche Region fließt. Ich weiß, dass in den Sitzungssälen dieser Welt leider zu viele Menschen sitzen, die in die eigene Tasche denken. Aber jene die nicht dazu gehören, die noch etwas Stolz und Verantwortungsbewusstsein haben, bitte ich ihren Einfluss als Politiker so weit einzusetzen, dass die Natur selbst in ihrer schöpferischen Vielfalt nicht immer auf der Strecke bleibt. Dieser eine Baum war jedenfalls einzigartig!
Der umfangreiche Lärchenstamm hat dem Eigentümer vermutlich eine stattliche Summe Geld gebracht; ich kenne mich zwar nicht aus, aber so ein Holzstamm im Stück, wenn auch nur 7 bis 8 Meter hoch ist sicher einiges an Geld wert. Hat ihn ein Interessent selbst entdeckt? Wurde ein Möbelstück oder gar ein Kunstwerk aus einem Stamm gefertigt? Mich würde dieser Handel brennend interessieren? Das Schicksal des Baumes und was er jetzt verkörpert… Ja, der Verkäufer hatte sicher seine finanzielle Freude, der Käufer vermutlich noch mehr, aber alle Wanderer, Naturliebhaber und Besucher des Tals und der Muhreralm sind die Verlierer; zumindest die, die Natur noch wahrnehmen. Glauben Sie mir, für den Baum hätte es eine bessere Lösung gegeben, als ihn umzuschneiden… …es war einfach unnötige Dummheit, Gier oder Verantwortungslosigkeit. Wäre Hass ein guter Ratgeber, ich würde dem Verantwortlichen das gleiche Schicksal wünschen wie dem Baum, aber das hilft dem Baum und Wanderern jetzt auch nichts mehr, auch wenn die Verantwortlichen das selbe Schicksal verdient hätten.
Hochachtungsvoll
Ihr Norbert Ramsauer
Photos: Norbert Ramsauer