Licht ist der Schlüssel zum Leben. Leuchtet es aber „rund um die Uhr“, kann das gefährlich werden, sowohl für Tiere als auch für Menschen. Im 20. Jahrhundert hat die künstliche Beleuchtung ein Ausmaß angenommen, das massive Auswirkungen auf Individuen und Lebensgemeinschaften hat. Diese „Ökologische Lichtverschmutzung“ kann beim Menschen zu Schlafstörungen und Beeinträchtigungen des Hormonhaushaltes und in der Folge zu Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht führen. Bei Tieren kann die „Ökologische Lichtverschmutzung“ katastrophale Folgen haben, wie DI Wilfried Doppler von der Wiener Umweltanwaltschaft beim Wiener Naturschutzbund berichtete. Der Tod von Zugvögeln an beleuchteten Hochhäusern und die Fehlleitung schlüpfender Meeresschildkröten an den Stränden sind bekannt und wissenschaftlich gut dokumentiert.
Frösche können durch plötzlich auftretendes Licht für Minuten bis Stunden erblinden. Haben sie sich einmal an das Licht adaptiert, werden sie mitunter sogar angezogen. Eine besondere Gefahr besteht für nächtlicher Zugvögel: fliegen sie aufgrund schlechter Witterung tiefer und geraten in die Umgebung einer starken Lichtquelle, können sie von dieser geradezu „gefangen“ werden. Sie fliegen in die beleuchtete Fassade, bis sie erschöpft zu Boden fallen und ein leichtes Opfer für Räuber werden. Erschreckendes Beispiel: Am 162 Meter hohen, mit 2000 Leuchtstoffröhren und 112 Strahlen beleuchteten Post-Tower in Bonn kollidierten von Oktober 2006 bis November 2007 insgesamt 827 Vögel, 151 waren sofort tot.
Die UNESCO hat sich zwar schon 2007 für ein „Recht auf Sternlicht“ ausgesprochen, Wien ist davon – wie viele andere Millionenstädte – aber noch weit entfernt. Allerdings ist Wien die erste Stadt mit einer vollständig gemessenen Lichtbilanz. Wie mit Hilfe eines Helikopterfluges und genauen Messungen festgestellt werden konnte, strahlt die Wiener Lichtglocke mit einer Leistung von 30 Megawatt und verbraucht 90 Gigawattstunden Energie pro Jahr. Das entspricht 50.000 Tonnen CO2. Wien leuchtet dort am hellsten, wo es Einkaufsstraßen gibt. Ein Drittel der Lichtverschmutzung stammt von Geschäften und Reklametafeln, ein weiteres Drittel wird von der öffentlichen Beleuchtung verursacht. Der Rest ist die Folge sogenannter Himmelstrahler, jener Beleuchtungskörper, die nachts Kulturgüter wie den Stephansdom von unten bestrahlen. Dabei gehen, so Expertem nur zwei Prozent des Lichts direkt auf die Gebäude, 98 Prozent strahlen in den Nachthimmel.
In Wien arbeitet man aber konsequent daran, das Problem der „Ökologischen Lichtverschmutzung“ in den Griff zu bekommen. Seit 2010 sind LED-Leuchten in Verwendung, in Neubaugebieten werden seit einigen Jahren ausschließlich LED-Lampen verwendet. Hängeleuchten werden bis 2020 auf LED-Modelle umgerüstet. Wie Studien gezeigt haben, haben LED-Leuchtmittel die Anlockwirkung auf Insekten um 80 Prozent verringert.
DI Doppler zusammenfassend: „Viele Fragen zu den Auswirkungen von künstlichem Licht auf Pflanzen und Tiere sind noch offen und weitere Untersuchungen natürlicher Populationen erforderlich. Ökologen haben jedenfalls die Lichtverschmutzung als wesentlichen Umweltfaktor erkannt. Leider wird die nächtliche Dunkelheit noch selten als Kriterium bei der Ausweisung von Schutzgebieten berücksichtigt“.
Weitere Informationen: DI Wilfried Doppler, Wiener Umweltanwaltschaft