Die Menschheit verdankt den Wiederkäuern den Anfang der Zivilisation vor rund 10.000 Jahren. Allerdings hat sie im Laufe der Jahrhunderte „die Kuh zur Sau“ gemacht.
Die Kühe, so wir sie heute kennen, sind eine Erfindung des Menschen. Entstanden aus dem Auerochsen oder Ur, der in der Jungsteinzeit domestiziert wurde und als Vorfahre unserer westlichen Rinderrassen gilt. Und dem asiatischen Auerochsen, aus dem sich die indischen Haustierrassen, die Zebus entwickelten. Das breit gefächerte Spektrum von ungefähr 600 Rinderrassen, die es heute gibt, erstand erst durch den züchterischen Einfluss des Menschen. Das verlief allerdings nicht ohne gewaltige Eingriffe in die Natur der Wiederkäuer. Der Philosoph Vilém Flusser bezeichnete sie als „effiziente Maschinen zum Verwandeln von Gras in Milch“.
Wie die Kühe, die maßgeblich das Antlitz der Erde geformt haben, sich in den letzten 10.000 Jahren in ihrer Bedeutung veränderten, darüber berichtet Univ. Prof. Dr. Alfred Haiger, langjähriger Vorstand des Instituts für Nutztierwissenschaften der Universität für Bodenkultur, in seinem Vortrag am 8. Mai 2018 „Vom Ur zur Turbokuh“ im Wiener Naturschutzbund (1070, Museumsplatz 1/Stiege 13) um 18.00 Uhr.
Knapp 1,3 Milliarden Rinder grasen heute auf der Erde, ihre Versorgung mit Gras und Futtergetreide beansprucht fast ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Rinder stellen die zahlenmäßig stärkste Großsäugerart der Erdgeschichte dar. Ihr Gesamtgewicht übersteigt das der menschlichen Erdbevölkerung um mehr als das Doppelte.
Tatsache ist: Der Mensch lebt nicht mehr mit, sondern nur noch von der Kuh. Oder, wie es Prof. Haiger einmal so treffend formulierte: „ Man hat die Kuh zur Sau gemacht“. Denn das moderne „Turbo-Rind“ ist auf totale Effizienz reduziert, entsprechend hochgezüchtet und wird mit artfremden Kraftfutter gemästet. Die profitgesteuerte Massenproduktion von Rindfleisch hat zu Krankheiten wie dem „Rinderwahnsinn“ (BSE) geführt. Darüber hinaus ist die Methangas produzierende Kuh auch als Klimaschädling in Verruf geraten. Und eine künstlich und total übertriebene Milchproduktion geistert noch immer durch manche landwirtschaftliche Betriebe.
Trotz all dieser negativen Entwicklungen ist der Wissenschaftler Prof. Haiger davon überzeugt: „Kuh und Gras haben Zukunft“. Näheres am 8.Mai beim Wiener Naturschutzbund.