„Tatort Lobau“

Dramatisch wie ein Krimi, bei dem der gute Ausgang allerdings noch immer nicht wirklich zu verzeichnen ist, präsentierte sich der Bericht von Robert Eichert über die Umweltgeschichte des beliebten Wiener Naherholungsgebietes  im Zeitraum 1800 bis heute im Rahmen eines Vortragsabends des Wiener Naturschutzbundes.

Begonnen hat es bereits um 1745, als Kaiserin Maria Theresia intensive Nutzungen und Eingriffe in die Natur erlaubte. Land- und forstwirtschaftliche Erträge sollten zur finanziellen Hilfe für Arme und Invalide dienen. Die kaiserliche Familie behielt weiterhin das Jagdrecht, die Insel blieb daher für den Großteil der Bevölkerung gesperrt.  Erst 1926 konnte man das ehemalige kaiserliche Jagdgebiet in der Oberen Lobau betreten. Nach dem 1. Weltkrieg schrumpfte der Waldbestand im Auengebiet zwischen Ostbahntrasse und Biberhaufenweg, es entstanden wilde Siedlungen, Gemüseäcker und Schrebergärten, vom einstigen Auwald zwischen Alter Donau und Lobau blieb nichts mehr übrig.

1938 erklärten die nationalsozialistischen Machthaber die Untere Lobau zum „Reichsjagd- und Reichsnaturschutzgebiet“, was dieses keineswegs vor hemmungsloser Umweltzerstörung bewahrte. „Denn in unmittelbarer Nähe“, so Robert Eichert, „begann man eine Ölraffinerie mit Bahnanschluss, Treibstofflager, den Ölhafen und den Donau-Oder-Kanal zu bauen“. Einige der 40 unterirdisch verlegten Rohölbehälter wurden bei Bombardements beschädigt, mehrere zehntausend Tonnen Öl versickerten im Boden. Ein Großteil davon  hält sich bis heute in Form von unterirdischen Ölseen unter dem Tanklager. Um 2000 errichtete man eine Dichtungswand, um diese Altlasten vom Grundwasser abzuschneiden. Zusätzlich wurden Sperrbrunnen errichtet.

Die negativen Eingriffe in der Lobau gingen auch in der Nachkriegszeit weiter. Seit 1952 durchquert eine Erdgasleitung das Gebiet, Ende der 50er Jahre konnte Ing. Hans Kinnl mit dem Naturschutzbund den Bau einer Raffinerie verhindern. Seit 1960 durchschneiden Hochspannungsleitungen die Au, 1964 begann der Bau eines Grundwasserwerkes in der Unteren, 1973 in der Oberen Lobau. Seit 1970 steht ein kalorisches Kraftwerk auf dem Steinspornhaufen. 1970 schlossen sich Naturschützer um den Lobaumuseums-Gründer Anton Klein zur ersten Bürger-Initiative Österreichs (! ) „Die Lobau darf nicht sterben!“ zu Rettungsaktionen zusammen. Das hatte zur Folge, dass die Obere Lobau 1973 den Status eines „Teilnaturschutzgebietes“ erhielt.  1977 wurde das Gebiet von der UNESCO als „Biosphärenreservat“  ausgezeichnet, 1978 wurde die Obere Lobau zum „Vollnaturschutzgebiert“ erklärt. Heute stellt die gesamte Lobau den 2.500 Hektar großen Wiener Anteil  am Nationalpark „Donau-Auen“ dar. Der Besucherstrom allein im Wiener Teil erhöhte sich dadurch auf 650.000 Personen (2005).

© ÖNB Archiv

Aber die eigentlichen Probleme liegen anderswo. 2003 wurden die höchsten Ozonwerte in Österreich in der Lobau gemessen. Schon 2002 gingen über der Unteren Lobau mehr als 24.000 Landanflüge zum Flughafen Schwechat nieder. Dazu kommt eine immer dichtere Besiedelung  im Nahbereich, die Verdichtung von regionalen Verkehrsnetzen und der Ausbau der transnationalen Transitrouten. Ungelöst ist auch die Gefahr der Austrocknung der Lobau.
Robert Eichert zusammenfassend: „Die Lobau wird also weiterhin mit immer neuen Verwendungs- und Verwertungsansprüchen einzelner Personen und unterschiedlicher Interessengruppierungen konfrontiert sein. Die umwelt- und stadtentwicklungspolitischen  Auseinandersetzungen zwischen Stadtverwaltung, Politik, Wirtschaft und Bürgerinitiativen sind also prolongiert, wenn unser Lebensstandard weiterhin steigt, sich die Agglomeration Wien weiter ausbreitet und sich die Verkehrsnetze zunehmend verdichten“.

Informationen: www.lobaumuseum.wien oder  Facebookseite Lobauinfo.

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