Donau-Auen: Aliens - eine Gefahr für Pflanzen und Tiere?

Immer häufiger begegnet man in Europa Neubürgern, die die zu den ursprünglichen Bewohnern in Konkurrenz treten. So auch im Nationalpark vor den Toren Wiens

© Navara Golebiowski

Mit Aliens sind nicht außerirdische  Monster gemeint, sondern  tierische und pflanzliche Neubürger, die es erst in der jüngsten Vergangenheit geschafft haben, in unsere Breiten vorzudringen.  Die Invasoren (Neobionta) passen sich rasch an und können auf dem fremden Terrain dauerhaft überleben und sich vermehren. Sie schaffen das manchmal so erfolgreich, dass Naturfreunden gar nicht mehr bewusst wird, dass es sich um eingeschleppte Pflanzen bzw. oder zugewanderte Tiere handelt.

In Europa gibt es mehr als 13.000 in den vergangenen Jahrzehnten eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten. Manche schaden der Umwelt, der Landwirtschaft oder der Gesundheit. Mit Jahresbeginn 2015 ist eine EU-Verordnung in Kraft getreten, die die Mitgliedsländer verpflichtet, Einschleppung und Ausbreitung von Bioinvasoren zu bekämpfen. Das Umweltbundesamt schätzt, dass etwa 100 bis 150 Arten auf einer EU-weiten Liste der zu bekämpfen Arten stehen werden, davon aber nur ein Teil in Österreich.

Ob und wie sehr das Problem auf den Nationalpark Donau-Auen, auf den diese Entwicklung ganz besonders zutrifft, hat Dr. Christian Baumgartner vom Nationalpark-Management untersucht. In einem Referat beim Naturschutzbund Wien meinte der Wissenschaftler: „Im Umgang mit den nach Österreich verbrachten Pflanzen und Tieren erleben wir eine gespaltene Gesellschaft. Die einen suchen begeistert aus möglichst fernen Regionen herbeigeschaffte Gewächse für ihren Garten und entlassen Schildkröten und Schlangen im nächsten Naturschutzgebiet. Die anderen sehen die eingeschleppten Pflanzen und Tiere als Todesengel der heimischen Natur, die Stück für Stück die letzten wertvollen Lebensräume erobern und seltene Arten verdrängen“.

Grundsätzlich haben sich bisher, wie eine Dokumentation des Umweltamtes zeigt, mindestens 500 Tierarten ferner Klima- und Landschaftszonen  in Österreich zwischen Vorarlberg  und dem Burgenland  zeitweilig oder dauerhaft niedergelassen. Der Nationalpark Donau-Auen bietet ein Paradebeispiel für die versteckte Ausdünnung ehemals intakter Lebensgemeinschaften durch floristische und zoologische Zuwanderer.   

Der  Anteil nicht-heimischer Arten an der Gesamtflora (Neophyten) Österreichs beträgt etwa 27 Prozent  (ca. 1100 Arten). Davon werden 17 Arten als für den Naturschutz und 14 Arten auch in wirtschaftlicher Hinsicht  problematisch eingestuft.  Von den derzeit in Österreich vorkommenden über 4000 Arten von Gefäßpflanzen ist etwa ein Viertel Neophyten, also Zuwanderer, für Mensch und Natur problematisch gelten allerdings nur etwa 35 Arten. Und von diesen 35 Arten sind bisher etwa 18 nachgewiesen „invasiv“, das heißt, sie dringen auch in naturnahe Lebensräume ein und verdrängen heimische Arten.

In den Donauauen gibt es 76 neopythische  Pflanzenarten, davon werden 13 als naturschutzfachlich  problematisch angesehen (z.B. Götterbaum, Eschen-Ahorn, Robinie, Pappel-Hybriden, Kanadische Goldrute, Drüsiges Springkraut, Riesen-Bärenklau, Beifuß-Ambrosie). Der Anteil nicht-heimischer Tierarten (Neozoen) an der gesamten österreichischen Fauna beträgt ca. ein Prozent (etwa 500 Arten). Weniger als zehn Prozent dieser Arten (46) stellen aus naturschutzfachlicher Sicht eine Bedrohung der autochthonen  Biodiversität dar. Etwa 30 Prozent der Neozoen werden auch in wirtschaftlicher Hinsicht als problematisch eingestuft.

In den Donau-Auen wurden in den vergangenen Jahren  zigtausende  Götterbäume, Hybrid-Pappeln, Robinien und Eschen-Ahorne markiert und geringelt, also durch ringförmiges Entfernen von Rinde an den Stämmen die Versorgungsleitungen gekappt und die Bäume so zum Absterben gebracht.

Dr. Baumgartner: „Das Problem der eingeschleppten Arten ist äußerst komplex. Grundsätzlich gilt aber: sie sind in der freien Natur unerwünscht und vielfach ein Problem. Ist eine Art einmal etabliert, wird sie nur in sehr seltenen Ausnahmefällen wieder eliminiert werden können. Wir müssen darauf hoffen, dass sie rasch und intensiv in das Nahrungsnetz integriert wird und damit den Regulationsmechanismen des Ökosystems unterworfen wird“.

Informationen: c.baumgartner@donauauen.at

Zurück

.