Das ungelöste Problem „Streusalz“

Winter für Winter wird auf Wiens Straßen, Wegen und Gehsteigen tonnenweise Streusalz (Natriumchlorid) ausgebracht. Aber gern und schnell verdrängt und vergisst man, was der Natur und der Umwelt dadurch angetan wird.

Hier liegt auch kein besonderes öffentliches Interesse vor, wird der winterliche Streusalzeinsatz - da relativ billig - doch als alternativlos betrachtet. Die negativen Folgen für die Natur werden ausgeklammert, volkswirtschaftliche Schäden in Kauf genommen. Der jeden Tag frei fließende Waren- und Personenverkehr soll diesen (Salz)Preis rechtfertigen. Schäden an Straßeneinrichtungen, Bauwerken, unterirdischen Anlagen und Straßenbäumen durch jahrelangen Salzeinsatz werden zum Sanierungsgeschäft zuungunsten anderer, wichtiger Investitionen.

Bereits 1982 hat die Wiener Naturschutzjugend eine ausführliche Streusalzbroschüre herausgebracht, grundlegende Probleme aufgezeigt und ein wienweites Streusalzverbot gefordert. Was ist über die Jahre passiert? Die zuständige Magistratsabteilung (MA 48) hat die Salzstreumengen zwar reduziert und ist teilweise auf Salzsole umgestiegen. Sogenannte salztolerantere Stadtbäume, wie etwa der Südliche Zürgelbaum, wurden als Ersatz für vorzeitig absterbende gepflanzt. Doch Zürgelbäume mit Blatt-Trockenschäden oder Borkenschäden im Stammfußbereich zeigen ebenfalls Resistenzgrenzen auf.

Die Umweltbelastungen durch ungebremsten Straßen(transit)verkehr, die Zunahme an versiegelten Flächen und folglich erhöhtem Streusalzbedarf haben leider spätestens ab den 2000er Jahren deutlich zugenommen. Speziell im privaten Sektor und über Winterdienstfirmen wurde in den letzten Jahren wegen geschürter Haftungsangst übermäßig stark Streusalz ausgebracht (belegtes Beispiel Liebhardtstalgasse/Ottakring).

Dabei gibt es eine Reihe von Studien zur Auswirkung von Streusalzanwendung, die den Verantwortungsträger*innen bekannt sein sollten. Sobald aber eine öffentliche Verwaltung der/die Auftraggeber*in ist, werden zwar die Gefahren erläutert, aber unter Auflagen und Mengenbeschränkungen der Einsatz von Streusalz toleriert. Und der gewerbliche und private Sektor entzieht sich in der Regel ohnehin einer Kontrolle, indem diese erst nach Privatanzeige erfolgt. Diese Erfahrungen wurden etwa über die Initiative „Zukunft Stadtbaum“ im 16. und 17. Bezirk gemacht. Chemische Untersuchungen ergaben hochkonzentrierte Salzmengen, die nach und nach eine Kastanienallee bzw. andere öffentliche Stadtbäume zum Absterben bringen werden, sofern nicht gegengesteuert wird!

Salzalternativen wie andere chemische „Kampfmittel gegen Eis und Schnee“ oder Splitt und ähnliche abstumpfende Mittel zeigen aber leider auch unerwünschte Nebeneffekte wie Überdüngung und hohe Kosten bzw. Feinstaubbelastung und schlechte Energiebilanz.

Temporäre Straßensperren bis zur Normalisierung der Fahrbedingungen wären zwar das Einfachste, aber für viele Mitglieder der heuer ausgerufenen „AutofahrerInnen-Nation“ undenkbar. Bleibt am Ende noch das rechtzeitige Räumen - zumindest für die vielen Wiener Nebenstraßen und Wege würde es bei den immer weniger werdenden Schneemengen allemal ausreichen.

 

Klaus Wechselberger, Initiative „Zukunft Stadtbaum“ und „Umweltinitiative Wienerwald

Foto: © Klaus Wechselberger

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