„Best of Wilderer-Geschichten aus der Lobau!“

Eine Ausstellung mit Texten des k.k. Obersthofjägermeisteramtes und vielen historischen Bildern. Ausstellungsgestalter: Robert Eichert

Nach germanischem Recht dürfen freie Gemeindemitglieder den Wald nutzen, also auch jagen. Als der Adel beginnt, die Jagd als sportlichen Zeitvertreib zu verstehen, wird dieses Recht entzogen und unter Strafe gestellt. Alle illegalen Jäger werden fortan als Verbrecher gesehen und verfolgt. Die Strafen reichen von der Galeere bis zur Todesstrafe. Noch unter Maria Theresia werden Wilderer mit ihrer Familie in die entferntesten Grenzregionen verschickt oder müssen schwere Arbeitsdienste leisten. Erst nach 1800 wird Wilderei wie gewöhnlicher Diebstahl behandelt, es wird erst zum Verbrechen, wenn das gestohlene Wild einen bestimmten Wert übersteigt bzw. eine Waffe mitgeführt wird.

In den Alpen entsteht im 19. Jahrhundert eine blühende Wilderer-Romantik, Wilderer-Geschichten werden erzählt, idealisierende Bilder gemalt. Die Wilderer östlich von Wien werden aber selten zu Romanhelden, denn es gibt kaum Schriftsteller, die hier ihre Urlaube verbringen und über jene schreiben. In den Auen bei Wien geschah aber einiges an „Wilddiebereyen“. Die Wilderei mit der Waffe ist eher die Ausnahme, in der Regel sind es Schlingenleger. Die Ausstellung zeigt jene Geschehnisse, die sich auf kaiserlichem Jagdgebiet ereigneten. Das sind die Lobau und die Auengebiete am gegenüberliegenden Donauufer, um diese Jagdgebiete kümmern sich die k. k. Hofjäger.

Die Thematik der Wilderei in der Lobau (damals Niederösterreich) ist bis jetzt weder näher behandelt noch in einer Ausstellung gezeigt worden. Überhaupt handelt es sich hier um einen vergessenen Aspekt der Wiener Sozialgeschichte. Aber Wilderer auf heutigem Wiener Stadtgebiet hat es viele gegeben. Die Ausstellung ist der Versuch einer reich bebilderten Text-Ausstellung. Diese Texte sind die Abschriften der Wildererakten des Obersthofjägermeisteramtes von 1810 bis 1918. Die Ausstellung ist eine um Seriosität bemühte Dokumentation historischer Geschehnisse, aber keine wissenschaftliche Abhandlung.

Der Hunger nach Fleisch: Die Hofjagdverwaltung zahlt nur eine geringe Wildschadensentschädigung. Für die ansässige Bevölkerung - vor allem der unterbäuerlichen Schicht - ist es völlig normal, sich im Wald mit Wild zu versorgen. Wildern ist ein Armutsphänomen: Originalaussagen: „aus purer Not gewildert“/ „konnten vom Taglohn nicht leben“/ „Fleisch gab‘s sowieso kans!“ Wie sahen die Mahlzeiten aus? Einbrenn-, Brot- oder Erdäpfelsuppe; Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte...

Die Überschriften der Ausstellungstafeln sind meist Originalzitate aus den Akten: Schäden durch Hochwild enorm/ Fasane von Wilddieben mit Stöcken erschlagen/ Hiebe auf den Kopf versetzt/ Rothwild auf kannibalische Weise attackiert/ Es gelang die Thäter zu eruieren/ Soldaten als Wilddiebe/ Individuen von zweifelhaftem Rufe in die Auen gelockt/ Anbefohlen, den erlegten Hunden die Nase abzuschneiden!/ Dorfbewohner begehen bei Hofjagden die gröblichsten Frevel/ Schlingenpest/ Sogleich Schüsse auf  Jagdgehilfen abgegeben/ Wildschütz die Achsel durchgeschossen/ Angedroht Gleiches mit Gleichem zu vergelten/ Verurtheilt zu 8 Tagen strengem Arrest/ Hohe Verordnung gegen wildernde k.k. Hofjäger...

„Der Wilddieb fühlte sich in seinem Rechte wie der Pirat, beide wollen keine gemeinen Diebe sein. Ersterer glaubt noch immer, daß er nur ein durch Gewalt ihm entrücktes Eigentumsrecht mit List und Gewalt sich wieder hole. Es gibt ganze Dörfer, ganze Landstriche, wo die Sitte heute noch Wilddieberei scharf unterscheidet von gemeinen, beschimpfenden Verbrechen. Einen Hasen in der Schlinge zu fangen, ist für diese Bauern so wenig etwas Entehrendes als für einen Studenten den Nachtwächter zu prügeln. Darin steckt der uralte Hintergedanke des Krieges um den freien Wald.“ (W. H. Riehl, 1853)

"Best of Wilderer-Geschichten aus der Lobau!“ ist in den Räumlichkeiten des Naturschutzbund Wien (Museumsplatz 1 / Stiege 13, 1070 Wien) zu besichtigen, Ausstellungsgestalter Robert Eichert führt Sie durch die Ausstellung, die bis Jahresende jeweils 1 h vor Beginn der Vorträge geöffnet sein wird.



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