Wildbienen. Was sie wirklich wollen

Fast 700 Bienenarten bevölkern Österreich. Sie stammen aus der Verwandtschaft der Grabwespen, die gelähmte Beute als Larvenproviant in ihr Nest tragen. Im Erdmittelalter nach der Entstehung der ersten Blütenpflanzen gingen ihre Vorfahren dazu über, als Eiweißquelle für die Larven nicht mehr Fleisch sondern Blütenpollen zu nutzen. Zuckerhaltige Säfte als Energiequelle nutzten ja schon die Wespenverwandten. Mit dem Wissen um diese Entstehungsgeschichte hat man das Wesentliche über ihre Lebensweise erfasst, aus dem sich ableitet, was sie brauchen:

Sie sind Nestbauer bzw. -bezieher. Sie brauchen dafür also Nistplätze. Weit Mehr als die Hälfte aller Bienenarten gräbt Löcher in die Erde, meist ein mehr oder weniger (bis 1m) langer Hauptgang mit Verzweigungen, an deren Ende die Brutzelle in einer ausgehöhlten Kaverne errichtet wird. Da das Pollen-Nektargemisch leicht verderblich ist, haben sich vielfältige Methoden der Schimmelbekämpfung entwickelt. So bevorzugen bzw. brauchen Bienen trockenwarme Plätze für die Anlage ihrer Nester. Das sind offene Bodenstellen, Böschungen, Erdanrisse, Hangrutsche, Lawinenrinnen, Viehtritte, Pflasterfugen, „illegale“ Trampelpfade… 

Dabei gibt es Arten, die Steilhänge bevorzugen, während andere nur in ebenen Flächen nisten; einige nisten nur in Sand, andere auch in Lehmböden… .  Ca. 20% der Bienenarten nisten in Käferfraßgängen in Totholz, einige Arten in leeren Schnecken-häusern, einige bauen ein Mauernest und eine Art baut ihr Nest aus Baumharz. Ca. 1/3 der Arten sind obligatorische Brutparasiten (Kuckucksbienen), die selbst keinen Proviant eintragen, sondern ihr Ei in das Nest der Wirtsart schmuggeln. Damit sich der Parasit nicht durch Duft verrät, gibt es oft eine hochentwickelte Duftmimikry zwischen Wirt und Kuckucksbiene. Das führt dazu, dass die hochgradig spezialisiert in ihrer Wirtswahl sind und von einer oder nur wenigen verwandten Wirtsbienenarten abhängen. Das macht sie zu herausragenden Indikatoren für die Stabilität der Bestände an Wirtsarten. Denn bei einem Einbruch der Wirtspopulation, sind die Kuckucksbienen die ersten, die verschwinden.

Bienen sind vegetarische Wespen, die auf Blütenpflanzen angewiesen sind. Nektar liefern die Kohlehydrate und Pollen das Eiweiß, hauptsächlich für die Larvenernährung. Ca. 1/3 der Arten sind Spezialisten, die nur Pollen einer Pflanzengattung oder einer Gruppe verwandter Pflanzen (z.B. Doldenblütler, gelbe Cichoriaceen…) eintragen. Viele Arten sind z.B. auf Glockenblumen, Fabaceen, Natternkopf oder Korbblütler spezialisiert. Ausgesprochen viele nutzen z.B. Hornklee. Die Spezialisierung bezieht sich immer auf die Pollenquellen, nicht auf die Nektarpflanzen. Die Meisten sind aber generalistische Blütenbesucher und brauchen ein artenreiches Blütenangebot. - Je artenärmer dieses ist, desto stärker monopolisiert die Honigbiene die Ressourcen. Staatenbildende Bienenarten wie Hummeln und manche Furchenbienen brauchen auch noch ein über die ganze Saison kontinuierliches Blütenangebot.

Bienen sind Central place forager. Die Weibchen bewegen sich nach der Nestgründung immer vom und zum Nest. Je weiter nun die Nahrungsressourcen entfernt sind, desto höher ist der Energieaufwand für den Flug, desto geringer der Nektar- (= Energie-) und Pollengewinn pro Zeit, weil ja ein höherer Zeitanteil für die Gewinnung des Flugbenzins (Nektar) gebraucht wird. Das Leitbild der kurzen Wege gilt also nicht nur für die Stadtplanung sondern auch für die bienengerechte Landschaftsgestaltung.

Bienen“hotels“ sind pädagogisch wertvoll. Eine Methode zum Bienenschutz sind sie per se nicht. Denn Bienenschutz heißt: Reichhaltiges Blütenangebot und Landschaftsstrukturen als Nistplätze in räumlicher Nähe. Das gilt für Agrarlandschaften wie für Siedlungsräume.

Johann Neumayer, | naturschutzbund | Österreich

 MMag. Dr. Johann Neumayer ist freiberuflicher Biologe, hat aber auch Theologie studiert. Sein wissenschaftliches Interesse gilt vor allem den Hummeln (weltweit) und allen Wild-Bienen (Mitteleuropa). Johann Neumayer betreibt die Datenbank der Hummeln Österreichs, die in einem Verbreitungsatlas münden soll.


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