Ein subjektiver Bericht darüber, wie man mit begrenzten finanziellen Mitteln und grenzenloser Naivität 4.400 m2 Mais-Acker in einen Naturgarten verwandelt.
Lektion 1: Des einen Leid ist des anderen Freud.
Auf Grund finanziell beschränkter Mittel haben wir den verdichteten, schweren Lehm- und ehemaligen Ackerboden weder abgetragen noch abgemagert. Auf einem riesigen Fleck war weder die Blumenwiese gekommen, noch der Versuch gelungen, tief wurzelndes Grün zu pflanzen. Das freute weder Gartenplanerin noch Kundin. Dafür aber die rotgeflügelte „Italienische Schönschrecke“ – sie steht auf der Roten Liste (Deutschland: stark gefährdet). Auch die Blauflügelige Ödlandschrecke findet sich bei uns (gefährdet).
Lektion 2: Für die große Liebe muss man hin und wieder Opfer bringen
Wir hatten auf Grund diverser widriger Umstände beim Teichbau eine Algenplage und in der folgenden Saison wohl nicht gründlich genug abgesaugt.
Im nächsten Frühling war – für uns überraschend früh – alles voller Frosch- und Krötenlaich, eine große Teichputzaktion fiel aus. Viel zu spät holte ich den fauligen Dreck mit eigenem Teichsauger hervor. Wir haben uns mittlerweile einen Poolsaug-Roboter (empfehlenswert) für den mit Waschbetonplatten (sehr empfehlenswert) ausgelegten Schwimmteichgrund geleistet. Seitdem ist die große Liebe zum Laubfrosch mit weniger Übelkeit verbunden.
Lektion 3: Jedem Ende wohnt ein Anfang inne.
Nach Kornblumen-Klatschmohn-Traum im ersten Jahr stieg die Angst vor dem zweiten. Aber Skabiosen-Flockenblumen, Natternkopf, Färber-Hundskamille, Margeriten und Nachtkerzen verwandelten unseren Garten bis in den November in ein wunderbares Blütenmeer. Sehr zur Freude von Bienen, Hummeln und Schmetterlingen. Tipp: gestaffelte Mahd (bei uns mit elektrischer Sense) bietet lange etwas Blühendes.
Lektion 4: das ist kein Mist, das ist Leben.
Manche Nachbarn werden nervös, wenn sie unseren Rasen „voll Unkraut“ (Blumen-Kräuter-Rasen mit viel Hornklee), die „unordentliche“ Blumenwiese oder Haufen aus Laub und Grünschnitt sehen. Persönliche Aufklärungsarbeit im Umfeld hilft, Vorurteile abzubauen und Sinnvolles zu erkennen.
Lektion 5: Man kann nicht alles haben.
Willst du Bäume? Brauchst du einen Zaun gegen Rehe, auch wenn du Zäune hasst. Willst du eine Blumenwiese? Musst du zum richtigen Zeitpunkt mähen und darfst keinen Grünschnitt liegen lassen, auch wenn das praktisch wäre. Man hat die Wahl, aber sie tut manchmal weh. Zum Beispiel, wenn man eine wunderschöne Blumenwiese umhacken muss, damit es im nächsten Jahr wieder eine gibt.
Lektion 6: Perfektion ist reine Interpretationssache.
Ein Maisfeld in einen Naturgarten zu verwandeln, ist keine leichte Aufgabe. Man braucht viel Geld. Oder viel Zeit. Jedenfalls eine Menge Geduld. Den Willen, für immer gegen Winden, Klee und Berufskraut zu kämpfen. Und man muss „perfekt“ und „gelungen“ für sich vielleicht neu definieren.
Helena Luczynski
Werbetexterin, Kundin von Paula Polak, Grundstück im Südburgenland, Planung und Anlage: 2015/16