Das Mittlere oder Magellans Torfmoos ist mit seinen großen, tief purpurroten Bulten sicher eines unserer schönsten Torfmoose. Es ist in Mitteleuropa weit verbreitet, jedoch auf Hochmoore, Hochmoorheiden und -wälder beschränkt.
Aussehen
Das Mittlere Torfmoos bildet große Bulten von bis zu einem Meter Durchmesser und darüber, die in der Sonne rötlich, weinrot oder tief purpurn gefärbt sind, im Schatten dagegen meist mehr oder weniger grün bleiben. Die Einzelpflanzen zeigen den typischen Aufbau eines Torfmooses: an einem Stämmchen wachsen etwa im Zentimeterabstand Büschel von 4(–5) Ästen, von denen 2(–3) abstehen, die anderen dem Stämmchen dicht anliegen. Am Stämmchenende treten die jungen, noch kurzen Äste zu Köpfchen zusammen. Die Äste wie das Stämmchen sind mit kleinen Blättchen besetzt, wobei die Stämmchenblätter breit rechteckig, die Astblätter breit oval sind. Als Angehörige der Sektion Sphagnum hat die Art große, hohle und breite Blättchen, die die Äste als wurmförmig geschwollen erscheinen lassen. Keine andere Art der Torfmoose zeigt diese Kombination aus kräftigen Pflanzen mit wurmförmigen Ästen und der purpurroten Färbung. Lediglich grüne Schattenformen können Anlass zu Verwechslungen geben, insbesondere mit den anderen Arten der Sektion Sphagnum. Im Zweifelsfall hilft nur ein Querschnitt der Astblätter: S. magellanicum ist durch die zentrale Lage der kleinen, grünen Zellen (Chlorozyten) gekennzeichnet, die ganz von den großen hyalinen Zellen (Hyalozyten) eingeschlossenen werden.
Vorkommen, Verbreitung und Gefährdung
Die Art ist circumpolar in beiden Hemisphären verbreitet und kommt von der borealen Region bis in die Subtropen vor. In Mitteleuropa ist sie weit verbreitet und kommt von der Ebene bis ins Hochgebirge vor. Wegen ihrer engen Bindung an die Hochmoore kommt sie im Norden in den Resten der ehemals großen Hochmoorgebiete der Norddeutschen Tiefebene vor, im Süden vor allem in den Gebirgslagen und im regen- und moorreichen Alpenvorland. Sphagnum magellanicum ist eine Charakterart der nach ihr benannten Sphagnetalia magellanici, der rein vom Regenwasser gespeisten Hochmoore. Daneben findet sie sich gelegentlich Kesselmooren oder in Hochmoorheiden, in stark sauren Niedermooren oder in Moorwäldern. Über sehr sauren Sandsteinböden (Buntsandstein) kann sie etwa in Kiefernwäldern oder –forsten am Aufbau kleinflächiger "Hochmooranflüge" beteiligt sein. Allgemein sind die Standorte durch ein konstant hohes Wasserangebot, sehr niedrigen pH-Wert sowie geringen Mineralgehalt gekennzeichnet. Das Mittlere Torfmoos wir in der Roten Liste Deutschlands als "gefährdet" eingestuft, wobei in den einzelnen Bundesländern große Unterschiede bestehen; so gilt es etwa im alpinen Teil Bayerns als ungefährdet. In der Bundesartenschutzverordnung ist es wie alle Torfmoose unter den "besonders geschützten Arten" aufgeführt. In der Schweiz gilt es als "potenziell gefährdet" und ist gemäß der Natur- und Heimatschutzverordnung in der ganzen Schweiz geschützt. In Österreich wird es wegen der noch größeren Vorkommen in den Alpen nur als "regional gefährdet" eingestuft. EU-weit ist es im Anhang V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Natura 2000) verzeichnet ("Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können"). Das Überleben der Art steht und fällt mit dem Schutz von Hochmooren. Hoffnung macht, dass Hochmoore inzwischen durch Ländergesetzte weitgehend geschützt sind und auch in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie als "Natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen" aufgeführt sind. Der bei weitem überwiegende Teil der Hochmoore zumindest Süddeutschlands ist inzwischen in das Natura 2000-Schutzgebietssystem aufgenommen worden.
Biologie
Sphagnum magellanicum ist wie alle Torfmoose dazu befähigt, große Mengen von Wasser aufzunehmen und innerhalb der Bulten für längere Zeit zurückzuhalten. Dazu dienen ihres Zellinhaltes entleerte Zellen mit speziellen Poren, die sich sowohl in den Blättchen (Hyalozyten) als auch in der Rinde von Stämmchen und Ästen (Hyalodermis) finden. Das Anschmiegen eines Teils der Äste an den Stamm erzeugt eine Kapillarwirkung auch außerhalb der Zellen. Durch die Fähigkeit zur Aufnahme und Speicherung von (Regen-)wasser können sich Hochmoore über den Grundwasserspiegel erheben und ihr eigenes Wasserregime entwickeln. Torfmoose schaffen sich darüber hinaus auch die ihnen zusagende saure Umgebung, indem sie Metallionen einfangen und dafür Wasserstoffionen abgeben. Das Mittlere Torfmoos hat wie etliche seiner Verwandten zum großen Teil die Fähigkeit verloren, sich geschlechtlich fortzupflanzen. Sporenkapseln finden sich nur noch sehr selten, sollen aber in der Vergangenheit häufiger gewesen sein. So ist es weitgehend darauf angewiesen, sich durch Bruchstücke von Pflanzen vegetativ zu verbreiten; spezielle vegetative Verbreitungseinrichtungen, wie zum Beispiel Brutkörper oder Brutfäden sind jedoch nicht bekannt.
Parasiten & Medizin
Auf Torfmoosen sind eine Reihe von Pilzen gefunden worden, von denen speziell auf dem Mittleren Torfmoos Lichenopeltella palustris,Lycophyllum palustre und Pseudoplectania sphagnicola angegeben wurden. Die parasitische Pilzflora auf Torfmoosen ist jedoch bei weitem noch nicht erforscht. Interessanterweise kommt auf Torfmoosen – auch auf dem Mittleren Torfmoos – mit Absconditella sphagnorum eine der (außerhalb von Gesteinshabitaten) wenigen parasitischen Flechten vor. In der Medizin wurden Torfmoose früher als Wundverband eingesetzt. Dank ihrer hohen Wasserspeicherkapazität und dem tiefen pH-Wert, der eine antiseptische Wirkung hat, waren sie dafür besonders geeignet. Diese Wundverbände haben namentlich im ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle gespielt. Heute werden Torfmoose noch in Form von Hochmoortorf, der zum größten Teil aus unvollständig zersetzten Torfmoosen besteht, eingesetzt. Dieser wird zur Linderung verschiedenster Leiden seit langer Zeit in den Heilbädern als Moorbad oder Moorpackung eingesetzt. Etliche dieser Bäder konzentrieren sich im nordostbayerisch-böhmischen Raum (Marienbad, Karlsbad, Alexandersbad), wo große Moorflächen für diese Anwendungen abgebaut wurden.
Text von Wolfgang von Brackel
Das Moos des Jahres wird vom Naturschutzbund Österreich und der Bryologisch-lichenologischen Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa e.V. ernannt.
Weitere Informationen zum Thema Moos bei der Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa e.V.