2014: Wimpern-Hedwigsmoos

(Hedwigia ciliata)

Das Wimpern-Hedwigsmoos ist eine weit verbreitete Art auf kalkarmem Gestein, häufiger ist es aber nur in den silikatischen Gebirgen zu finden. Im Flachland ist sie dagegen selten geworden beziehungsweise regional ausgestorben.
Das Moos des Jahres wird von der Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa e.V. ernannt.
 
Wimpern-Hedwigsmoos © Monika Koperski
Wimpern-Hedwigsmoos © Monika Koperski
Aussehen
Hedwigia ciliata ist ein in lockeren Rasen oder kleinen Polstern wachsendes Laubmoos, das durch seine im trockenen Zustand graugrüne Färbung, die weißlichen Glasspitzen der Blättchen und die an den Spitzen einseitswendigen Triebe auffällt. Die Art fruchtet häufig, dann finden sich an den Triebspitzen die in die obersten Blättchen eingesenkten, länglich-eiförmigen, rotbraunen Kapseln mit einem hinfälligen, kleinen Häubchen. Von dem ebenfalls graugrünen, mit weißlichen Glasspitzen ausgestatteten Racomitrium canescens (und anderen Racomitrium-Arten sowie Schistidium) lässt sie sich durch das Fehlen von Peristomzähnen, das Fehlen einer Blattrippe und die einseitswendige Ausrichtung der Blättchen an den Triebspitzen unterscheiden.
 
Vorkommen, Verbreitung und Gefährdung
Hedwigia ciliata besiedelt kalkarme aber gerne basenreiche Silikatfelsen in sonniger bis seltener halbschattiger Lage. Sie kommt an Felsen in der offenen Landschaft und in lichten Wäldern vor, findet sich aber auch an Mauern und felsigen Straßenanrissen.
Sie ist eine weltweit verbreitete (kosmopolitische) Art. In Mitteleuropa ist sie in den (Mittel-)Gebirgen ziemlich häufig anzutreffen, im Flachland ist sie dagegen selten geworden beziehungsweise regional ausgestorben. Dies liegt zum einen an dem Verschwinden von Findlingsblöcken oder Lesesteinriegeln aus der Landschaft, zum anderen an den dichter werdenden Wäldern (u. a. Fichtenforsten), in denen die Art nicht mehr genügend Licht erhält. Sie ist auf der Roten Liste Deutschlands als "gefährdet" eingestuft, wobei sich bei den Listen der Bundesländer ein deutliches Süd-Nord-Gefälle bemerkbar macht: In der Schweiz und in Österreich, in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland gilt sie als ungefährdet, während sie in den nördlichen deutschen Bundesländern als "gefährdet" bis "ausgestorben" eingestuft wird.
Von der häufigereren Varietät ciliata lässt sich die weitaus seltenere Varietät leucophaea unterscheiden. Sie hat längere, weißliche Glasspitzen, die sich deutlicher vom grünen Blatteil absetzen, und wächst gerne auf vulkanischen Gesteinen. Eine ähnliche Art ist Hedwigia stellata mit trocken nach außen gekrümmten oder zurückgeschlagenen Blattspitzen; sie scheint stärker besonnte, trockenere Standorte als H. ciliata zu bevorzugen.
 
Biologie
Als Anpassung an ihre stark sonnenbestrahlten Standorte bilden alle Arten der Gattung Glasspitzen aus. Dies sind die weißlich erscheinenden oberen Teile des Blattes, die in den luftgefüllten, abgestorbenen Zellen kein Chlorophyll mehr enthalten. Sie dienen (wie bei vielen anderen Arten mit einer ähnlichen Anpassung) zum Zurückwerfen des Sonnenlichts insbesondere in trockenem Zustand. Im nassen Zustand werden die Glasspitzen transparenter und lassen das Licht auf die nun photosynthetisch aktiven, darunterliegenden grünen Zellen fallen.
 
Parasiten & Medizin
Auf Hedwigia ciliata wurde der moosparasitische Pilz Bryochiton monascus s. l. gefunden, der vor allem Arten der Familie Grimmiaceae besiedelt. Ein spezifisch auf dem Wimpern-Hedwigsmoos parasitierender Pilz ist bislang nicht bekannt geworden. Eine medizinische Anwendung der Art ist uns nicht bekannt.
 
Text von Wolfgang von Brackel
 
Weitere Informationen zum Thema Moos bei der Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft  für Mitteleuropa e.V.
 
  Pressefoto: © Monika Koperski

 

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