2011: Tännchenmoos

(Thuidium abietinum)

Intensive Landwirtschaft und starker Düngereintrag machen dem Tännchenmoos zu schaffen. Doch lässt es sich nicht so schnell unterkriegen: Auf Renaturierungsmaßnahmen reagiert es dankbar und schnell.

Tännchenmoos © Wolfgang von Brackel
Lebensraum
Das Tännchenmoos oder Tannenmoos ist eine charakteristische Art wärmegetönter kalk- oder basenreicher Trocken- und Halbtrockenrasen. Als solche tritt es gelegentlich zusammen mit der Flechte des Jahres 2011, der Gewöhnlichen Feuerflechte, auf, hat jedoch eine wesentlich weitere ökologische Amplitude. Es kann sich auch in mehr oder weniger geschlossenen Halbtrockenrasen halten, wo es zusammen mit Rhytidium rugosum, Entodon concinnus, Homalothecium lutescens, Hypnum lacunosum und anderen Moosen ausgedehnte Bestände unter der Kraut- und Grasschicht bildet.
 
Lebensraum des Tännchenmooses
Die Art ist auf der nördlichen Halbkugel weit verbreitet und findet sich auch noch, trotz ihrer Vorliebe für Wärmegebiete, hoch im Norden Europas auf Spitzbergen und klettert in den Alpen bis auf knapp 3000 m Seehöhe.
 
Beschreibung
Den Namen Tännchenmoos verdankt die Art ihrem gefiederten Aufbau, der entfernt an den Zweig einer Tanne erinnert. Durch die einfache Fiederung unterscheidet sie sich von anderen Arten der Gattung, die teils in ähnlichen Lebensräumen, teils in Wäldern vorkommen. In der mikroskopischen Betrachtung sind die sehr unterschiedlich geformten Ast- und Stängelblätter, die mit Papillen besetzt sind, auffällig.
 
Gefährdung
Thuidium abietinum (Synonym: Abietinella abietina) und ihre Begleiter kommen in den Kalkgebieten Österreichs, Deutschlands und der Schweiz noch regelmäßig und in größeren Populationen vor. Wie andere Arten der Trocken- und Halbtrockenrasen ist es jedoch durch Lebensraumverluste seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts deutlich zurückgegangen. In der Roten Liste Deutschlands wird die Art auf der Vorwarnliste geführt, in den Roten Listen vor allem der nördlichen Bundesländer auch als „gefährdet“ oder „stark gefährdet“; in der Schweiz und in Österreich gilt sie nicht als gefährdet.
Faktoren, die zum Rückgang der Art beitragen, sind einerseits das Brachfallen und die Verbuschung von Halbtrockenrasen, andererseits ihre Umwandlung in ertragreichere Mähwiesen durch Düngung. Dass diese Tendenzen in der Landwirtschaft unvermindert anhalten (Aufgabe von unrentablen Wiesen, starke Intensivierung auf günstig gelegenen Flächen), lässt für das Tännchenmoos nichts Gutes erwarten. Immerhin sind die Kalk-(Halb-)Trockenrasen als Lebensraumtyp 6210 in den Anhang der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der Europäischen Union aufgenommen worden, was für die Mitgliedsstaaten eine Verpflichtung zu ihrem Erhalt bedeutet.
Auf Renaturierungsmaßnahmen reagiert die Art ausgesprochen positiv: nach Entbuschungen und darauffolgender Mahd oder Beweidung stabilisieren sich die Bestände schnell und dauerhaft. Auch bei der Wiederherstellung von
Kalkmagerrasen (etwa auf abgeschobenen ehemaligen Ackerflächen) lässt sie sich gut durch Mähgutübertragung von intakten Magerrasen ansiedeln, wenn die Böden nur nährstoffarm genug sind.
 
Text von Wolfgang von Brackel
 
Die bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa BLAM wählt das Moos des Jahres.
 
  Pressefoto: © Wolfgang von Brackel

 

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