2020+2021: Wulfenit

(Pb[MoO4], tetragonal)

Da Veranstaltungen und Aktionen während der Pandemie nur sehr eingeschränkt möglich sind, wurde Wulfenit für den Zeitraum 2020 und 2021 zum Mineral des Jahres bestimmt – in der Hoffnung, dass dieses spannende Mineral hierdurch doch noch die gebührende Sichtbarkeit erhält. Es ist nicht nur ein wunderschönes und gesuchtes Sammelobjekt, sondern auch für Gemmologie, Natur- und Materialwissenschaften sowie auch geschichtlich und wirtschaftlich interessant.  

© Robert Krickl

Beschreibung
Wulfenit ist eine natürlich vorkommende Verbindung aus den chemischen Elementen Blei, Molybdän und Sauerstoff, die im tetragonalen Kristallsystem kristallisiert. Obwohl die Farbe aufgrund verschiedener Ursachen prinzipiell sehr stark variieren kann, liegt die häufigste und bekannteste im Bereich gelb über orange bis rot. Dies trug der Mineralart auch die alte deutsche Bezeichnung „Gelbbleierz“ ein. An den Kristallen kann man gut die vierzählige Symmetrie erkennen. Die auftretenden Flächenformen sind sehr mannigfaltig und die Ausbildung vielgestaltig, sodass Wulfenit in jeglicher Form von staubigen Anflügen, über nadelige Rasen bis hin zu großen Tafeln oder spitzen (Di)Pyramiden zu finden ist. Obwohl in Ausnahmefällen von bis zu 60 cm großen Giganten berichtet wurde, sind die meisten gefundenen Kristalle deutlich kleiner und man freut sich schon über mehrere Millimeter große, schön ausgebildete Individuen. Besonders gefragt sind transparente Exemplare, bei denen der attraktive, sehr hohe Glanz dieses Minerals besonders in Erscheinung tritt. Die meisten sind jedoch durch Verunreinigungen und Einschlüsse undurchsichtig. Die Härte ist gering (in der Größenordnung von Kalk) und die Dichte hoch (fast so hoch wie Eisen).

Verbreitung
Wulfenit ist ein typisches Sekundärmineral, das durch Prozesse der Oxidation und Ausfällung in Bleilagerstätten entsteht. Nicht ausgesprochen selten, ist es heute von vielen Fundorten rund um den Globus bekannt. Hierunter nimmt Österreich einen weltweit wichtigen Rang ein: Wulfenit wurde erstmals hierzulande wissenschaftlich beschrieben und auch die international verzeichnete Typlokalität liegt hier: in Bad Bleiberg in Kärnten. Der heute gültige Name wurde vom österreichischen Mineralogen Wilhelm von Haidinger (unter anderem erster Direktor der nun Geologische Bundesanstalt genannten Staatsinstitution) im Jahr 1845 verliehen – zu Ehren des Kärntner Naturforschers Franz Xaver von Wulfen, der die „kärnthnerischen Bleyspate“ 1785 umfassend beschrieben hatte. Wulfen mag vielleicht in botanischen Kreisen noch bekannter sein – da er einige Pflanzenarten erstmals beschrieb und ihm zu Ehren einige Alpen-Pflanzen benannt wurden, wie etwa die Wulfen-Hauswurz (Sempervivum wulfenii) oder die Gattung der Wulfenien der Wegerichgewächse.

Völlig ungeachtet der unbestritten großen Verdienste Wulfens und der wichtigen Rolle des Bleiberger Vorkommens, von wo einige der bedeutendsten und schönsten Wulfenit-Stufen weltweit stammen, gibt es nicht unberechtigten Zweifel, dass der Titel der Typlokalität historisch richtiger eher Annaberg in Niederösterreich zustehen würde. Doch egal ob sich Annaberg oder Bleiberg als Typlokalität durchsetzt, ändert dies nichts daran, dass die Typlokalität definitv in Österreich liegt. Neben Kärnten und Niederösterreich sind auch noch mehrere weitere Vorkommen in Salzburg, Tirol, der Steiermark und Vorarlberg bekannt.

Anwendung
Wie viele andere Minerale ist Wulfenit "nicht nur schön" sondern hat auch Relevanz: Historisch war Wulfenit in manchen Regionen ein wichtiges Erz zur Gewinnung von zunächst Blei und später Molybdän. Molybdän ist ein Metall mit großartigen Eigenschaften, das heute beispielsweise als entscheidender Bestandteil von Röntgenapparaten in Krankenhäusern oder auch für Lampen, Werkzeuge etc. aus unserem Alltag nicht wegzudenken ist. Weiters wurde Wulfenit mitunter als Schmuckstein verwendet und in der Antike sogar als Pigment. Im 20. Jahrhundert hat synthetisch hergestelltes Material eine Bedeutung als Farbmittel (z.B. zum Färben von orangem Plastik) erlangt. Künstliche Wulfenit-Kristalle sind aufgrund sehr guter Eigenschaften von Interesse als Bestandteile von Lasern.

Auch in der geo- und materialwissenschaftlichen sowie gemmologischen Forschung spielt Wulfenit an österreichischen Universitäten und Forschungseinrichtungen bis heute eine Rolle. Der Österreichbezug hat nicht zuletzt auch darin Ausdruck gefunden, dass ein gezeichneter Wulfenit-Kristall das Emblem der Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft bildet – der Zeitschrift der ältesten mineralogischen Gesellschaft im deutschen Sprachraum.

Text: Dr. Robert Krickl

Das Mineral des Jahres für Österreich wird seit 2018 von der Arbeitsgemeinschaft Mineral des Jahres gewählt, in dessen Beirat die bedeutendsten mineralogischen Staatsinstitutionen, Museen, Organisationen und Vereine repräsentiert sind.

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