Auf Empfehlung der Steirischen Landwirtschaftskammer haben sich acht steirische Kürbisbauern bereit erklärt, Versuchsflächen zur Verfügung zu stellen. Sieben der mitarbeitenden Betriebe, in erster Linie Maisbauern, liegen in sehr intensiv bewirtschafteten Teilen der Oststeiermark: Auf etwa 70 % ihrer landwirtschaftlichen Fläche wird Mais angebaut, auf etwa 20 % Kürbis und auf dem Rest Wintergetreide, Hirse oder Käferbohnen und Sorghum. Der Grund, warum gerade diese Betriebsstruktur zur Untersuchung gewählt wurde, liegt in ihrer besonders verarmten ökologischen Situation – in ihrem monokulturell geprägten Umfeld. Gerade hier kennen wir den Mangel an Bestäubern beim Kürbis. Und gerade hier scheinen die Idealbedingungen für die Untersuchungen, gleichsam Standardbedingungen, vorzuliegen. Allen beteiligten Bauern ist das Problem Bestäubermangel bewusst. Sie unterstreichen dies durch ihre besonders engagierte Mitarbeit an diesem Projekt.
Wie wird vorgegangen?
Als Kürbissorte haben alle Bauern die Sorte „Rustica“ vorgeschlagen, weil diese besonders widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit und Fäule ist. Ausgesät wurde in allen Betrieben Ende April/Anfang Mai 2014. Knapp vor der Kübisblüte Ende Mai/Anfang Juni kamen je zwei Hummelvölker (Bild), die im Frühling gezüchtet wurden, auf die Kürbisfelder der sechs beteiligten bäuerlichen Betriebe. Ein weiterer Betrieb inmitten von Monokulturen musste ohne zusätzliche Hummelvölker auskommen. Er wurde, wie die anderen Betriebe auch, genau beobachtet und ertragsmäßig ausgewertet. Ein weiterer Betrieb, jener von „Hummelbauer“ Franz Schmidlechner, liegt in einer vergleichsweise günstigen ökologischen Region. Bei ihm wurden ebenso keine zusätzlichen Hummelvölker eingesetzt. Eine große Biodiversität unterschiedlichster Bestäuber ist hier von Haus aus gegeben. Auch dieser Betrieb wurde genau beobachtet und ertragsmäßig ausgewertet. Projektleiter Bernd Strauss, der die Untersuchung gemeinsam mit dem Hummelspezialisten Peter Ablasser und der Studentin Kathrin Grobbauer durchführt, freut sich: „Eine Sensibilisierung der beim Projekt mitmachenden Bauern war von Anfang an gegeben – Gespanntheit, Neugierde, Experimentierfreude und das Prinzip Hoffnung bestimmt die meisten. Auch uns.“
Und so wurden die Daten erhoben
Monate vor der Kürbisblüte wurden je zwei Völker von Erd-, Stein-, Wiesen-, Baum- und Gartenhummel in Nistkästen angesiedelt. In den ersten drei Wochen der Kürbisblüte wurden pro Feld genau fest gelegte Transsekte jeweils eine Stunde lang auf den Blütenbesuch durch die ausgesetzte Hummelart untersucht. Die Zahl der Blüten, die jeweilige Volkgröße und Flugaktivität, auch verschiedene Witterungsparameter wurden in die Untersuchung mit einbezogen. Daneben wurden auch die Blütenbesuche von Bienen mitgezählt und Entfernungen bis zu den nächsten Bienenstöcken erhoben. Jedes Feld wurde drei Mal zu unterschiedlichen Zeiten am Vormittag besucht: um 6, 8 und 10 Uhr. Ab etwa 11 Uhr schließen sich ja die Kürbisblüten – bei warmem Wetter sogar noch etwas früher. Als besonderes Vergleichsfeld wurde auch der Kürbisacker von Franz Schmidlechner (Projektbeteiligter, Hummelansiedlungskurse) auf dieselbe Art unter die Lupe genommen. Dieser liegt in einer vergleichsweise ökologisch günstigen Umgebung mit prinzipiell größerer Biodiversität, als die anderen Versuchsfelder.
Erste Ergebnisse
Die ersten Ergebnisse sind in mehrfacher Hinsicht überraschend. Bis jetzt existierten in der deutschsprachigen Literatur nur spärliche Hinweise auf die Bedeutung von Hummeln als Bestäuber beim Kürbis. Diese Hinweise sind Ergebnis von einfachen Beobachtungen von – trotzdem wichtigen – Laien. Zwei Aspekte dieser Aussagen sind deutlich: Sie fallen meist optimistisch für Hummeln als Bestäuberinnen aus. Sie unterscheiden nicht zwischen verschiedenen Hummelarten.
Die aktuelle Untersuchung zeigt, dass nicht jede heimische Hummelart Kürbisblüten besucht – auch dann nicht, wenn die Völker mitten im Kürbisfeld aufgestellt sind.
Welche Hummelart bestäubt Kürbisse?
Trotz der geringen Individuenzahl von 35 Tieren haben sich überraschend viele Gartenhummeln auf den Kürbisblüten zu den untersuchten Zeitpunkten eingefunden – voll eingepudert mit Blütenstaub. Die folgenden Zahlen illustrieren ihre besondere Aktivität: Auf dem 120 m langen Transsekt (Untersuchungsfläche) tummelten sich etwa 80 Honigbienen und 17 Gartenhummeln in den Kürbisblüten! Die nächsten Bienenstöcke stehen etwa 800 m entfernt – der Flugradius von Bienen wird gemeinhin mit etwa 2.500 m beschrieben. Die kleine Individuenzahl der Gartenhummel in unserer Untersuchung war Ergebnis der schwierigen Anzuchtbedingungen in diesem Frühjahr. Im nächsten Jahr sollte die Anzucht von mehreren Gartenhummelvölkern mit besonderer Sorgfalt und mit Unterstützung des zart keimenden Hummelnetzwerkes in Österreich gelingen.
Baumhummeln und Steinhummeln interessieren sich für Kürbisblüten überhaupt nicht. Das ist angesichts der folgenden angeführten Tatsachen gerade bei diesen beiden Hummelarten überraschend: Zum einen entwickeln beide recht große Völker - bei beiden wurden etwa 250 bis 300 Individuen in den Feldern ausgesetzt. Zum zweiten zeigt die Baumhummel am frühen Morgen, wenn sich die Kürbisblüten entfalten, von allen Hummelarten die stärkste Flugaktivität. Baumhummeln starten zwar über den Kürbisblüten mit einem kurzen Suchflug, fliegen dann aber in andere Richtungen davon. Es wurde jedenfalls keine einzige Baumhummel beim Kürbisblütenbesuch entdeckt.
Das gleiche gilt für die gleichermaßen an Individuen starken Steinhummelvölker. Die Steinhummeln konnten auf der etwa 100 m von den Stöcken entfernten Straßenböschung und auf einer Wiese – etwa 170 m entfernt - beim Blütenbesuch beobachtet werden. Hornklee und Ziest waren ihre bevorzugte Tracht. Die Annahme, ihre deutliche Präferenz von gelben Blüten, würde die Steinhummel für den gelbblühenden Kürbis als Bestäuberin besonders geeignet zeigen, ist damit klar widerlegt.
Erdhummel und Wiesenhummel besuchten zwar Kürbisblüten. Bei beiden Hummelarten verließ aber eine große Zahl von Hummeln das Kürbisfeld und suchte außerhalb nach Nektar und Pollen. Der Kürbisblütenbesuch war aber bei beiden viel geringer als bei der Gartenhummel – trotz der größeren Individuenzahl: bei der Erdhummel etwa 300, bei der Wiesenhummel etwa 90. Neben Honigbienen, Erdhummeln und Wiesenhummeln besuchten auch Wildbienen, verschiedene Fliegen und Käfer die Kürbisblüten auf dem Feld von Franz Schmidlechner. Bei allen anderen Feldern waren die zuletzt angeführten Blütenbesucher ganz selten oder überhaupt nicht zu entdecken.
Kürbiskernauszählung
Die Zahl der Kerne in einem Kürbis hängt von der Effektivität der Bestäubung ab. Je mehr Kerne im reifen Fruchtfleisch liegen, desto mehr Pollen wurde von bestäubenden Insekten auf das Empfängnisorgan im Zentrum der weiblichen Kürbisblüte übertragen – desto effektiver war die Bestäubung. Die Interpretation der Kernerträge auf den Versuchsfeldern ist allerdings nicht einfach. Besonders die Tatsache, dass auf allen Feldern trotz ihrer Lage in monokulturell geprägter Umgebung neben der Hummel die Honigbiene in großer Zahl als Bestäuberin auszumachen war. Damit wird eine klare Aussage zur Bedeutung von Hummeln als Bestäuberinnen sehr schwierig. Fragestellungen, die eine Interpretation unterstützen können, müssen also lauten: Ist auf Feldern, wo eindeutig fast „nur“ die Honigbiene als Bestäuberin unterwegs war, die Zahl der Kerne kleiner? Sind auf Äckern mit Hummelvölkern, die ein nur geringes oder überhaupt kein Interesse an Kürbisblüten zeigen, in den Kürbissen weniger Kerne? Ist für die Bedeutung der Gartenhummel, die einzige wirklich begeisterte Kürbisbestäuberin, eine wirklich haltbare Aussage bezüglich der Kernausbeute möglich? Kann auf dem „Gartenhummel-Kürbisfeld“ zumindest für den ersten Teil der Untersuchung in diesem Jahr ein Unterschied zu den anderen Feldern in der Kernanzahl festgestellt werden?
Ergebnisse der Kernauszählung 2014
Gleich vorweg: die Ergebnisse der heurigen Auszählung zeigen, dass die Kürbiskernausbeute auf den Feldern mit den Gartenhummelvölkern deutlich höher war als auf den anderen Feldern: Die Körnerzahl lag zwischen 314-655 Kernen pro Kürbis. Auf den Feldern ohne Gartenhummel lag die Körnerzahl pro Kürbis nur zwischen 250 und 400. Damit liegt die Kernausbeute bei 54,5 % der untersuchten Kürbisse auf den Gartenhummelfeldern deutlich über dem Durchschnitt der Kernausbeute auf anderen Feldern. Das deutet auf die besondere Effektivität der Gartenhummel bei der Kürbisbestäubung hin.
Wie weiter?
Die Gartenhummel hat sich im ersten Teil des Projektes als einzige wirklich besonders aktive Bestäuberin beim Steirischen Kürbis gezeigt. Den Hinweisen auf ihre besondere Effektivität in der Bestäubung sollte in einem zweiten Teil des Projektes im nächsten Jahr genauer nachgegangen werden. Dabei sollen auf mehreren Versuchsfeldern, so ihre Zucht gelingt, mindestens drei stärkere Gartenhummelvölker ausgesetzt werden. In der Folge soll die Kernausbeute wieder genau analysiert und mit anderen Feldern verglichen werden. Die Saatzucht Gleisdorf hat dabei ihre Unterstützung zugesichert. Man kann auf die Ergebnisse gespannt sein. Die Frage ist nun, wie das Wissen um die Bedeutung der Gartenhummel konkret in die Arbeit von Kürbisbauern integriert werden kann. Dabei scheint nun der gezielten Förderung der Gartenhummel eine besondere Rolle zuzukommen. Das könnte durch das Anlegen von großzügigen Arealen mit Pflanzen, die gezielt Gartenhummeln besonders in ihrer Volksgründungsphase als Pollen und Nektarquelle dienen. Dabei spielen etwa Taubennesseln und Beinwell eine wichtige Rolle. Zusätzlich sollten Gartenhummeln Nistkästen zur Verfügung gestellt werden.